Altenkirchen: Neue Eisenbahnbrücke über den Quengelbach kommt in Stahl daher
So unterschiedlich wirken sich Großprojekte aus: Während der Bau des Fachmarktzentrums in Altenkirchen so gut wie keinen Effekt auf den städtischen Verkehrsfluss hat, wird die Erneuerung der Eisenbahnbrücke über den Quengelbach im Verlauf der Westerwald-Sieg-Bahn in der Nähe der Koblenzer Straße nicht ohne Behinderungen für Fußgänger und Autofahrer über die Bühne gehen.
Altenkirchen. Der Blick aus der Ferne auf die Eisenbahnbrücke über den Quengelbach in unmittelbarer Nähe der Jugendkunstschule in Altenkirchen verrät nicht den sanierungsbedürftigen Zustand. Erst die Inaugenscheinnahme aus nächster Nähe kündet von dringendem Handlungsbedarf. Die gemauerten Bruchsteine sind bereits hier und da ausgebrochen, die Fugen kommen wahrlich nicht mehr in einem Topzustand daher. Wen wundert es?! Die Querung, die zwei gewölbte Durchlässe aufweist und Teil der Westerwald-Sieg-Bahn zwischen Siegen, Altenkirchen und Limburg (RB 90) ist, wurde zu Beginn der 1880er-Jahre errichtet und bekam vor nunmehr 97 Jahren eine neue Fahrbahnwanne und eine neue Abdichtung. Laut Angaben der Deutschen Bahn (DB) wurde zu dieser Zeit auch die parallel zum Bach verlaufende Stützwand hochgezogen. Nach dem Abriss wird eine stählerne Konstruktion mit lediglich einem Durchlass für die „Fluten“ des kleinen Baches, der beinahe in Sichtweite der Baustelle in die Wied mündet, die Nachfolge übernehmen und weit mehr Wasser in der Sekunde passieren lassen können, als es das momentane Verbindungsteil garantiert. Vor dem Hintergrund der immer häufiger auftretenden und lokal sehr begrenzten massiven Regenfälle erweist sich dieser Effekt der Erweiterung als gar nicht einmal unerheblich. Auch die Gefahr, dass sich Treibgut (Baumstämme) bei Hochwasser verklemmt und einen Rückstau Richtung Weyerdamm verursacht, wird deutlich gemindert.
Lagerzufahrt vom Bleichweg aus
Inzwischen ist ein großer Teil der Vorarbeiten abgeschlossen. Auf einem Grundstück, das über den Bleichweg angefahren werden kann, hat die Firma, die sich des Wechsels im Auftrag der DB InfraGO AG annimmt, lediglich einen Steinwurf von den Gleisen entfernt ihr Lager aufgeschlagen. In der Koblenzer Straße kündet eine große Infotafel von dem Projekt, Verkehrsampeln in der Bahnhofstraße und der L 267 (Koblenzer Straße) sind bereits aufgestellt, Einschränkungen für Fußgänger und Autofahrer zu erwarten. Genehmigt sind darüber hinaus Zeiten für Nachtarbeiten: seit dem 3. Juni, 6 Uhr, und noch bis zum 2. September, 24 Uhr; vom 14. August, 22 Uhr, bis 21. August, 6 Uhr; vom 20. September, 22 Uhr, bis 23. September, 6 Uhr und vom 18.Oktober, 22 Uhr, bis 19. Oktober, 6 Uhr. Der Zeitplan, so beschreibt es der „Bahnknoten Köln“ im Internet, sieht die Inbetriebnahme des neuen Bauwerks im September diesen Jahres vor, Restarbeiten sollen bis Oktober 2024 abgeschlossen sein. Die DB arbeitet seit geraumer Zeit in enger Abstimmung mit dem Land Rheinland-Pfalz und dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (SPNV-Nord) daran, den Zugverkehr auf der Westerwald-Sieg-Bahnstrecke zu beschleunigen. Die Geschwindigkeit zwischen Limburg und Windeck-Au soll abschnittsweise von derzeit maximal 60 km/h auf bis zu 90 km/h erhöht werden. Dafür müssen zahlreiche Bahnübergänge technisch angepasst, Brücken und Durchlässe ertüchtigt, die vorhandene Stellwerkstechnik modernisiert sowie Gleise erneuert werden. Die notwendigen Planfeststellungsverfahren wurden im Herbst 2022 abgeschlossen. Es ist nicht die erste Erneuerung einer Eisenbahnbrücke über den Quengelbach im Raum Altenkirchen. Im Spätsommer 2015 war die im Parc de Tarbes ausgetauscht worden. Das Projekt hatte eine Vollsperrung der Strecke bedingt, die alte Stahlkonstruktion einer 30 Meter langen aus Beton weichen müssen.
Zwei schwere Unfälle
Die Geschichte der ehemaligen Oberwesterwaldbahn (Altenkirchen – Limburg) mit einer Länge von 65,1 Kilometern reicht bis ins Jahr 1868 zurück: Am 17. Februar verabschiedete der Preußische Landtag ein Gesetz, das unter anderem den Bau eines Abschnittes von Limburg (Lahn) nach Hadamar vorsah. Er wurde am 1. Januar 1870 eröffnet. Fast vier Jahre später erhielt die Hessische Landesbahn (HLB) die Konzession zur Weiterführung in Richtung Troisdorf über Hachenburg, wo ein Abzweig nach Wissen vorgesehen war. Erste Vermessungs- und Vorbereitungsarbeiten mussten jedoch wegen finanzieller Probleme beendet werden. Im Mai 1879 wurde der Königlichen Eisenbahndirektion Wiesbaden zugestanden, das Projekt weiter voran zu treiben. Ende 1882 wurden die Bauarbeiten an der Strecke bis Altenkirchen begonnen, und am 1. April 1885 das Teilstück zwischen Altenkirchen und Hachenburg und am 1. Oktober 1886 das zwischen Hachenburg und Hadamar eröffnet. Der Abschnitt zwischen Altenkirchen und Au war am 1. Februar 1887 startbereit. Zwei schwere Unfälle gingen in die Geschichte der Nebenbahn ein. Am 17. November 1917 starben bei einem Frontalzusammenstoß zweier Personenzüge bei Willmenrod sieben Menschen, 18 wurden verletzt. Bei einer weiteren Kollision auf der eingleisigen Strecke kamen am 31. Dezember 1971 zwischen Hachenburg und Unnau-Korb acht Menschen ums Leben, 32 Verletzte mussten behandelt werden. Der Unfall war auf menschliches Versagen zurückzuführen. Derzeit betreibt die HLB die Verbindung unter der Kennung 3LänderBahn (Westerwald-Sieg-Bahn) zwischen Limburg, Altenkirchen, Windeck-Au und Siegen (Hauptbahnhof). Insgesamt ist die HLB auf 25 Eisenbahnlinien mit einer Länge von knapp über 600 Kilometern unterwegs. Pro Jahr kommen 26,7 Millionen Zugkilometer zusammen. (vh)
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