AKTUALISIERT: Malu Dreyer erklärt Rücktritt - Alexander Schweitzer wird Nachfolger
Ein unerwartetes politisches Beben in Rheinland-Pfalz: Ministerpräsidentin Malu Dreyer gibt ihren Rückzug aus dem Amt bekannt. Ihr Nachfolger wird Arbeitsminister Alexander Schweitzer. Landeschefin der SPD hingegen wird Sabine Bätzing-Lichtenthäler.
Mainz. Bei einer Pressekonferenz hat die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), die Gründe für ihren überraschenden Rücktritt erläutert. Sie habe immer Gespräche mit Bürgern, Kommunen, Wirtschaft und gesellschaftlichen Gruppen gesucht. Diese Leidenschaft, in der sie sehr viel bewegt habe, benötigte viel Energie. Sieben Tage die Woche eng gestrickte Termine waren der Tribut für ihr Versprechen, ihre ganze Kraft für das Land und die Bürger zu geben. "Meine Akkus laden sich mit 62 Jahren leider nicht mehr so schnell auf wie mit 50", musste Dreyer sich selbst eingestehen.
"Es ist für mich eine schwere Entscheidung!" (Malu Dreyer)
Malu Dreyer (eigentlich Marie-Luise) äußerte ihren Stolz, in einem Land zu leben, wo jeder Chancen habe. Sie gehe in großer Dankbarkeit gegenüber ihrem Team und den Bürgern. Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die Corona-Epidemie und schließlich die Flutkatastrophe im Ahrtal seien herausfordernde, einschneidende Zäsuren gewesen, die sie nicht nur politisch, sondern auch persönlich berührt hätten.
Seit Januar 2013 führt sie eine Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP. Nach elf Jahren als Sozialministerin und weiteren elf Jahren als Ministerpräsidentin gilt Dreyer als Zugpferd und Sympathieträgerin für ihre Partei. Es sei ein anspruchsvolles Amt, denn die Menschen würden 150-prozentigen Einsatz verdienen. Heute sei Rheinland-Pfalz konkurrenzfähig. Wissenschaftler fänden in RLP ein gutes Umfeld für ihre Forschung, Unternehmen würden Milliarden investieren und die Klimaziele würden gute Fortschritte machen, um bis 2040 CO₂-neutral zu werden.
"Ich bin nicht amtsmüde, mir geht einfach nur die Kraft aus!" (Malu Dreyer)
Malu Dreyer ist überzeugt, ihr Amt mit Alexander Schweitzer in die richtigen Hände zu geben. Bereits vor elf Jahren folgte Schweitzer Dreyer als Sozialminister nach. Schweitzer, der aktuell als Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung in Dreyers Kabinett dient, wurde bereits seit Längerem als ihr potenzieller Nachfolger gehandelt. Gemeinsam mit Gesprächen in der Fraktion stimmten letztlich alle für ihn. Hingegen wird Sabine Bätzing-Lichtenthäler künftig die erste Landeschefin der SPD Rheinland-Pfalz als Nachfolgerin von Roger Lewentz sein. SPD-Fraktionschefin im Mainzer Landtag soll Bätzing-Lichtenthäler aber bleiben. Sabine Bätzing-Lichtenthäler und Alexander Schweitzer bilden somit eine Doppelspitze in der SPD-Fraktion.
Schweitzer steht inhaltlich und politisch zur Koalition mit den Grünen und der FDP. Das partnerschaftliche Verhältnis dieser drei Parteien in Rheinland-Pfalz könne ein Vorbild sein für manches, was in Berlin passiert. Rheinland-Pfalz sei solidarisch und innovativ.
"Wir stehen für Schutz und Chancen!" (Alexander Schweitzer)
Mit Dreyer gehe eine Ära zu Ende und durch die Persönlichkeitsunterschiede der beiden würde es natürlich künftig zu Akzentverschiebungen im Ministerium kommen, dies betreffe jedoch die Art der Organisation, aber nicht die Nähe zum Bürger und den Umgang mit der Koalition. "Ich trete in große Fußstapfen", konstatiert Schweitzer, der betonte, dass er Dreyer schon immer um ihre Kraft beneidet hätte.
Dreyer selbst wird sich eine Auszeit gönnen und sich danach weiter politisch einsetzen für Frauenrechte und Demokratie. Wer das bisherige Amt Schweitzers als Arbeitsminister übernehmen wird, ist bisher nicht entschieden.
Erste Reaktionen aus dem Landtag
Thomas Hitschler, Sprecher der Landesgruppe Rheinland-Pfalz in der SPD-Bundestagsfraktion und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung ehrte Dreyer: "Als Mensch und große Sozialdemokratin hat Malu Dreyer unser Land weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz hinaus geprägt und weiterentwickelt."
Natalie Cramme-Hill und Paul Bunjes, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Rheinland-Pfalz, erklärten gemeinsam: "Auch wegen ihrer Art Politik zu machen, konnte Malu Dreyer die Koalition in Zeiten paralleler Krisen und großer Herausforderungen wichtige Weichen für eine gute Zukunft für unser Land stellen."
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, Philipp Fernis, sagte:"Mit großem Respekt nehmen wir den Rücktritt von Ministerpräsidentin Malu Dreyer zur Kenntnis. Sie hat das Land Rheinland-Pfalz seit 2013 mit Weitsicht, Engagement und herausragender Kollegialität geführt."
Der Vorsitzende der Freie Wähler-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, Joachim Streit, äußerte hingegen: "Nach der Ahrflut konnte Malu Dreyer nicht mehr als Landesmutter auftreten, es haben am Ende die Entschuldigung und die Reue für die Fehler gefehlt."
Die Wahl von Alexander Schweitzer zum neuen Ministerpräsidenten ist für den 10. Juli im Mainzer Landtag geplant. Die nächsten Landtagswahlen sind für das Frühjahr 2026 angesetzt. So lange hat Alexander Schweitzer Zeit, sich im Land als Ministerpräsident zu profilieren.(son)
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