Einkaufen rund um die Uhr: Wie Verkaufsautomaten die Region erobern
Von Regina Morkramer
Vom Eier- und Milch- bis zum Fleischautomat: Verkaufsautomaten sind nicht unbedingt etwas Neues, hier und da kann man auch im Westerwald längst rund um die Uhr an diesen einkaufen. Doch gerade scheinen immer mehr Standorte mit Verkaufsautomaten ausgestattet zu werden. Einer sticht dabei besonders hervor.
Region. Rund um die Uhr einkaufen - das ist nicht nur bequem, das ist mittlerweile vor allem auch der Anspruch von Konsumenten. Das Internet macht es möglich, da fällt es fast schon schwer, sich im realen Leben an Ladenöffnungszeiten zu halten. Vor allem, wenn diese den eigenen Bedürfnissen nicht standhalten können. Spontan grillen am Sonntag? Geht nicht, weil kein Grillfleisch im Haus ist. Spätabends noch Lust auf einen kleinen Snack? Muss ausfallen, weil er in der Einkaufplanung nicht vorgesehen war. Doch genau das muss heute nicht mehr sein: 24/7-Verkaufsautomaten, die rund um die Uhr zugänglich sind, sind die Lösung.
Diese Warenautomaten sind auch in unserer Region immer öfter zu sehen, sei es in Heckenhof, Selbach, Altenkirchen, Wissen und Rosenheim. Ihr Einsatz scheint sich also zu lohnen, was nicht verwundert, da sie den modernen Kundenwünschen Rechnung tragen: autonomer Einkauf rund um die Uhr, räumliche Nähe, schneller Kauf, unkomplizierte Bezahlung. Und auch für Landwirte, Imker oder Metzger sind solche Automaten eine praktische Möglichkeit der Direktvermarktung und der Kundenbindung, und das ohne zusätzliches Verkaufspersonal. Hier kauft man mit dem guten Gefühl, die Waren jederzeit direkt vom Erzeuger zu beziehen. Der wiederum sorgt mit einem sauberen und frisch bestückten Angebot für Werbung und ein gutes Image - für beide Seiten also ein Gewinn. Der Gesamtumsatz beim Verkauf von Lebensmitteln aus diesen Automaten beläuft sich in Deutschland laut Bundesverband der deutschen Vending-Automatenwirtschaft aktuell auf 2,84 Milliarden Euro.
Nachfrageboom bei Lebensmittelautomaten
Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz spricht davon, dass Lebensmittelautomaten "seit einigen Jahren einen regelrechten Nachfrageboom" erleben. Sie sieht die Vorteile solcher Automaten besonders in strukturschwachen Gegenden, in denen Supermärkte nicht rentabel sind. Gleichzeitig weist die Landwirtschaftskammer aber auch darauf hin, dass Betreiber beim Aufstellen eines Warenautomaten das Bau- und Gewerberecht sowie rechtliche Vorgaben zur Kennzeichnung von Lebensmitteln berücksichtigen müssen.
Auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz setzt sich dafür ein, dass die landwirtschaftlichen Erzeuger im Land von dieser Art des Direktverkaufs profitieren und die Direktvermarktung von regionalen Produkten gestärkt wird. Er hat bereits im Jahr 2021 mit einem Anbieter von Verkaufsautomaten im Lebensmittelbereich eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Durch diese Zusammenarbeit erhalten Verbandsmitglieder bessere Konditionen beim Kauf eines Automaten.
Automaten lohnen sich für Erzeuger
Auch Musall Agrar aus Etzbach bestätigt den lohnenden Einsatz von Verkaufsautomaten, die hier "Regional-Kiste" heißen: Das heimische Landwirtschaftsunternehmen betreibt bisher drei Automaten mit eigenen sowie zugekauften Produkten an unterschiedlichen Standorten in Wissen, Selbach und Heckenhof und einer kommt "sehr wahrscheinlich" nach Pracht, wenn der Bauantrag endgültig durch sei. Musall räumt aber auch ein, dass der Erfolg standortabhängig sei - nicht überall treffe man auf die richtige Zielgruppe, was dazu führe, dass sich Standorte ändern können. Trotzdem sei er zufrieden mit dem Geschäft über die Automaten, seine Eier vertreibe er beispielsweise ausschließlich so. Daneben bietet er ein teilweise wechselndes Angebot von Fleisch, Eiernudeln, Honig und zugekauften Milchprodukten von anderen regionalen Erzeugern im Automatenverkauf an.
Neu: Verkaufsautomaten am Bahnhof Au/Sieg
Neben den Verkaufsautomaten von Erzeugern gibt es auch solche, die von unabhängigen Anbietern betrieben werden: Sie stellen ein unterschiedliches Angebot verschiedenster Waren zusammen und bietet dieses zum Kauf im Automaten an. Seit Mitte Juni finden sich gleich sechs dieser Automaten am Bahnhof in Au/Sieg. Das passt gut ins Konzept der Bahnhofsaufwertung - der Bahnhof soll schließlich in Kürze wieder eröffnen (wir berichteten).
Schon auf den ersten Blick sticht hervor, dass in den Automaten eine große Auswahl an Angebot zu finden ist, darunter viele regionale Produkte - seien es Grillfleisch und Würstchen von der Landmetzgerei Born, frische Eier vom Biolandhof Lück in Roth oder Bier von der Hachenburger Brauerei. Manuela Knautz von Wäller24, dem Betreiber der Automaten in Au/Sieg, erklärt, dass man sich bewusst dafür entschieden habe, die regionalen Erzeuger zu stärken, indem man ihre Angebote über Automaten verkauft. Auch an anderen Standorten arbeitet Wäller24 bereits mit der Metzgerei Born zusammen; so werden die Metzgerei-Produkte beispielsweise auch in Altenkirchen oder in Steimel über Automaten verkauft.
Von dem Erfolg der Automaten in Au/Sieg seien sie als Betreiber jedoch überrascht worden, erzählt Manuela Knautz, es liefe "besser als erwartet". Sie seien in den ersten Tagen "regelrecht überrannt" worden und erhielten sehr viel positives Feedback. Für diesen Erfolg investiert Wäller24 in erster Linie in Marketing-Maßnahmen, so seien sie beispielsweise auch in den sozialen Medien sehr aktiv und setzen dort auf professionelle Unterstützung, erklärt Knautz. Auch die Pendler am Bahnhof spielten eine große Rolle beim Absatz. Damit sich das Investment in die Automaten und die Produkte aber lohne, müsse man vor allem auf ein breit gefächertes Angebot setzen: "Sechs Automaten sind besser als einer", fasst Knautz ihre Erfahrungen zusammen. Diese sechs Automaten seien derzeit mit 220 Produkten bestückt. Knautz gibt aber auch zu, dass die regionalen Produkte zwar in der Theorie gut angenommen werden und sich die potenzielle Kundschaft darüber freue - in der Realität verkaufen sie sich allerdings nicht gut. Das liege wahrscheinlich daran, dass Fleisch und Co. zu teuer seien, vermutet Knautz, die mit diesen Produkten kaum Gewinn macht. Gleichzeitig will sie aber an dem Angebot festhalten, um den heimischen Markt und seine Erzeuger zu stärken: "Das gehört für uns dazu", bekräftigt Knautz. Damit sich der Verkauf dennoch lohne, setze man als Betreiber eben daneben auch auf Produkte, die in der öffentlichen Meinung zwar weniger gut dastünden, sich aber trotzdem besser verkaufen. Dazu gehören in Au/Sieg aktuell zum Beispiel süße oder herzhafte Snacks, Trinkpäckchen, Energydrinks oder Vapes.
Automaten statt Kantine?
Wie erfolgreich das Konzept mit den Verkaufsautomaten in und aus der Region sein kann, zeigt auch Automaten Martin aus Scheuerfeld. Unter der Marke "Tante Martin" will man hier an den guten alten Tante-Emma-Laden erinnern und mit einem Minimarkt ein positives Einkaufserlebnis schaffen - natürlich mit Waren aus dem Automaten. Diese stehen jedoch an festen Standorten wie etwa in Schulen, Unternehmen oder Krankenhäusern.
"Tante Martin" hebt die Idee mit der Automatenversorgung auf eine neue Stufe. Eigenen Aussagen zufolge bieten die Automaten eine "Riesige Produktauswahl" und "ein ähnlich breites Sortiment wie ein Supermarkt" - und auch das ohne Personalbedarf bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten. Dank Mikrowellenmenü und im Verkaufsbereich integrierter Mikrowelle gibt es sogar warmes Essen, rund um die Uhr ohne Beschränkung durch Öffnungszeiten. "Tante Martin" sei "die neue Art der Verpflegung", heißt es von Unternehmensseite. Mittlerweile sind 1700 Automaten des Scheuerfelder Unternehmens in Betrieb. (rm)
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