Verhandlung wegen Raubüberfalls auf Tankstelle in Daaden hat begonnen
Von Wolfgang Rabsch
Der Albtraum eines jeden Mitarbeiters einer Tankstelle wurde harte Realität, als die Kassiererin einer Tankstelle in Daaden urplötzlich in den Lauf einer Pistole schaute. Der 21-jährige Täter aus der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf musste die Tankstelle ohne nennenswerte Beute verlassen und wurde aufgrund polizeilicher Ermittlungen einige Tage später dingfest gemacht.
Koblenz/Daaden. Seit dem 8. Februar sitzt er in Untersuchungshaft. Heute (8.Juli) begann vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Koblenz unter dem Vorsitz von Richter Andreas Bendel die Hauptverhandlung.
Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz soll der Angeklagte am 4. Februar 2024 um 18:30 Uhr die Tankstelle betreten haben mit einer sogenannten “Sturmhaube“ über seinem Kopf. In der Hand habe er eine echt aussehende Schreckschusspistole gehalten, er sei zur Kasse gegangen und habe zur Kassiererin gesagt: “Das ist ein Überfall, Geld her“. Als die Kassiererin nicht sofort reagierte, ging der Angeklagte hinter die Ladentheke, wiederholte sein “Anliegen“ und richtete, kurz vor der Kassiererin stehend, die Pistole auf sie. Da die Kasse nach kurzer Zeit immer noch nicht geöffnet war, nahm der Angeklagte vier Stangen Zigaretten an sich, die in einer Kiste hinter der Theke zum Einsortieren standen. Vor der Ladentheke nahm der Angeklagte noch drei kleine Flaschen Wodka, sogenannte “Flachmänner“ an sich und verließ die Tankstelle.
Die begangenen Straftaten werden von der Staatsanwaltschaft als Raub, schwerer Raub und Erpressung gemäß der Paragraphen 249, 250 und 253 Strafgesetzbuch bewertet und angeklagt. Nach Verlesen der Anklageschrift erklärte Richter Bendel, dass im Vorfeld keinerlei Absprachen im Hinblick auf eine tatsächliche Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden hätten.
Die Tatvorwürfe wurden vollumfänglich eingeräumt
Der Angeklagte selbst sagte zunächst nicht aus, er überließ es seinem Verteidiger Daniel Walker, für ihn eine Verteidigererklärung abzugeben. Gleich zu Beginn erklärte Rechtsanwalt Walker, dass sein Mandant die Anklagevorwürfe vollumfänglich einräume. Die Schreckschusspistole sei nicht geladen gewesen und habe kein Magazin gehabt. Der Angeklagte sei drogenabhängig, habe am Tattag drei Gramm Cannabis konsumiert und außerdem Temazepam-Tabletten zu sich genommen (Temazepam ist ein Benzodiazepin und findet vor allem Verwendung als Schlafmittel). Zudem habe der Angeklagte eine halbe Flasche Korn oder Jägermeister getrunken gehabt. Da er vollkommen von der Rolle gewesen sei, weil er keine Drogen, keine Tabletten und kein Geld hatte, sei er in einer Kurzschlussreaktion auf die Idee gekommen, die Tankstelle zu überfallen, das sei aber vorher nicht geplant gewesen. Nachdem er seiner Lebensgefährtin offenbarte, was er vorhatte, versuchte ihn diese davon abzuhalten. Sie folgte ihm bis zur Tankstelle und redete noch weiter auf ihn ein, es sein zu lassen.
Vor der Tankstelle zog der Angeklagte die Maske über den Kopf, hielt in einer Hand die Schreckschusspistole und betrat die Tankstelle. Er ging zur Ladentheke und forderte von der Kassiererin Geld aus der Kasse. Da diese die Kasse nicht öffnen konnte, ging er hinter die Ladentheke, hielt die Pistole immer noch in der Hand und nahm aus einem Karton vier Stangen Zigaretten und vor der Theke drei kleine Flaschen Wodka an sich und verließ die Tankstelle. An das, was danach geschah, könne der Angeklagte sich nicht mehr erinnern. Er sei total erschöpft und vollkommen fertig gewesen. In der JVA habe er einen kalten Entzug gehabt, der etwa zwei Wochen andauerte. Der Angeklagte bereue die Tat zutiefst, möchte sich bei der Kassiererin entschuldigen und sei bereit, eine Therapie durchzuführen.
Der Angeklagte bestätigte: “Was Rechtsanwalt Walker gesagt hat, ist in allen Punkten zutreffend. Die Schreckschusspistole gehörte meinem Vater, wo diese sich jetzt befindet, weiß ich nicht. Am Tattag bin ich total ausgetickt, habe Gegenstände in der Wohnung kaputtgeschlagen, es kam alles zusammen, Streit mit meinen Eltern, Stress mit meiner Lebensgefährtin und kein Geld, keine Drogen und keine Tabletten. Ich hatte Wut auf mich selbst, war aber auch sehr traurig über meine Situation. Ich hatte immer Angst vor dem nächsten Tag, darum habe ich auch Bromazepan-Tabletten (gegen Angstzustände) zusätzlich eingenommen“.
Die Zeugin schilderte die dramatische Situation des Überfalls
Anschließend wurde die Kassiererin aus der Tankstelle in den Zeugenstand gerufen. „Ich bediente gerade einen Kunden, als ein ganz in Schwarz gekleideter, maskierter Mann die Tankstelle betrat. Er hielt eine Pistole in der Hand, ob es eine echte Pistole war, konnte ich nicht erkennen. Er schubste den Kunden vor der Kasse zur Seite und rief „Das ist ein Überfall, Geld her!“ Da ich nicht sofort reagierte, wahrscheinlich war ich geschockt und erschrocken, kam er mit der Pistole in der Hand hinter die Ladentheke und fuchtelte damit vor mir rum und sagte nochmals „Überfall, Geld her!“ Ich war voller Adrenalin, zumal ich auch daran dachte, dass mein Chef mir gesagt hatte, wenn mal ein Überfall geschehen würde, dann solle ich nicht die Heldin spielen. Auf jeden Fall bekam ich die Kasse nicht auf, die Pistole war weiter auf mich gerichtet. Doch dann gab der Mann auf, packte vier Stangen Zigaretten ein, die sich in einer Kiste befanden, nahm vor der Theke noch drei Fläschchen Wodka mit und verschwand aus der Tankstelle. Als die Pistole auf mich gerichtet war, hatte ich große Angst verspürt. Ich arbeite wieder in der Tankstelle, aber nichts ist mehr wie vorher. Meine Ängste sind größer geworden. Ich hatte Schlafprobleme und Albträume: “Was wäre gewesen, wenn….“.
Der Angeklagte sagte nach der Vernehmung der Zeugin zugewandt: “Ich möchte mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen, es tut mir aufrichtig leid, was ich getan habe“.
Anschließend führte das Gericht per Video die Aufzeichnung aus dem Kassenraum vor, auf der zu erkennen war, dass alles so geschah, wie von der Zeugin ausgesagt. Die Pistole in der Hand, mit der der Angeklagte kurz vor dem Körper der Zeugin herumfuchtelte, war deutlich zu erkennen. Insgesamt dauerte der Raubüberfall nur etwa 15 Sekunden.
Zwei Polizeibeamte, die bei der Durchsuchung und Verhaftung des Angeklagten dabei waren, erklärten, der Angeklagte habe angetrunken gewirkt und sei aggressiv gewesen, dann habe er aber auch gejammert und geweint. Im Auto habe er gegen die Scheibe gespuckt, deshalb musste ihm ein Spuckschutz über den Kopf gezogen werden.
Urteil am 16. Juli 2024?
Nach der Vernehmung weiterer Zeugen wurde die Sitzung unterbrochen. Termin zur Fortsetzung der Verhandlung findet am 16. Juli 2024 statt. Möglicherweise wird in diesem Termin der Sachverständige zur Schuldfähigkeit des Angeklagten ein Gutachten erstatten. Es ist auch möglich, dass am 16. Juli das Urteil gesprochen wird. Der AK-Kurier wird auf jeden Fall weiter berichten. Wolfgang Rabsch
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