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Nachricht vom 17.07.2024    

Aus für DRK-Klinik in Altenkirchen: Auch lokale Politik wie vor den Kopf gestoßen

Die lokale Politik ist im Handumdrehen von blankem Entsetzen erfasst worden: Die Ankündigung der DRK-Trägergesellschaft Süd-West, dem DRK-Krankenhaus in Altenkirchen noch weiter die Flügel zu stutzen, hat auch viele Menschen rund um die Kreisstadt sprachlos und wütend gemacht. Überleben soll nur die Kinder- und Jugendpsychiatrie, hinzu kommt als Angebot ein medizinisches Versorgungszentrum.

Immer mehr dunkle Wolken ballen sich über dem DRK-Krankenhaus in Altenkirchen. (Foto: vh)

Altenkirchen. Eröffnet im Jahr 1902 hat das Altenkirchener Krankenhaus zunächst 102 Jahre lang - gewiss auch mit Höhen und Tiefen sowie an unterschiedlichen Standorten - eine wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht, zu der immens viele Menschen gehören, die geheilt wurden. In nur 20 Jahren - nämlich seit 2004 - leitet die DRK-Trägergesellschaft Süd-West über die DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz die Geschicke des Hospitals nunmehr bis zum bitteren Ende am 15. August, wenn, so der Wille des Trägers, aus der Klinik ein Medizinisches Versorgungszentrum mit parallel betriebener Kinder- und Jugendpsychiatrie werden soll. Die Bezeichnung „Krankenhaus“ wird somit zu den Akten gelegt. Kein Geheimnis wird verraten, wenn behauptet wird, dass im kommenden Monat ein gut zehnjähriger Prozess endet, in dem der Standort Altenkirchen des DRK-Verbundkrankenhauses Altenkirchen-Hachenburg kontinuierlich abgespeckt, viele Dinge wie Geburtshilfe oder Küche nach und nach nach Hachenburg transferiert wurden. Letztlich läutete die Insolvenz der DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz im August des zurückliegenden Jahres den finalen und entscheidenden Schritt zur „Beerdigung“ ein. Nach vielen Monaten des Hoffens und Bangens ist auch die lokale Politik wie vor den Kopf gestoßen. Landrat Dr. Peter Enders (CDU) legte mit sofortiger Wirkung seinen Gaststatus-Sitz im Aufsichtsrat der Trägergesellschaft nieder. Er sei einst vom damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der DRK-Trägergesellschaft Süd-West, Reiner Kaul (SPD), gebeten worden, als Gast-Mitglied ohne Stimmrecht an den Sitzungen teilzunehmen. Dem sei er gefolgt, und zwar ausschließlich in der Hoffnung, neben einem schnelleren Informationsweg auch durch eigene Vorschläge auf eine bessere Versorgung in der Region hinwirken zu können. „Das ist mit den jüngsten Entscheidungen obsolet geworden“, betonte Enders und sieht hier eine gewisse Tradition. Noch als Abgeordneter im rheinland-pfälzischen Landtag und in der Opposition habe er regelmäßig Vorschläge zur Strukturverbesserung im Westerwald unterbreitet: „Ausnahmslos alles wurde sowohl vom Land als auch vom Träger ignoriert.“ Noch als beratendes Mitglied im Aufsichtsrat habe er Schwerpunktbildungen für die Standorte Altenkirchen und Hachenburg angeregt – ohne Erfolg. „Für mich ist damit eine Grenze überschritten worden“, fügte Enders an.

Konzept hat sich in Schall und Rauch aufgelöst
Angesichts der zweifellos dramatischen Entwicklungen hinterfragte Enders in aller Deutlichkeit auch die Rolle der Beratungsfirmen in dem Sanierungsprozess während des Insolvenzverfahrens. „Hier wurde für exorbitante Summen ein Konzept entwickelt, das die Versorgung im Westerwald - auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nachhaltig sichern sollte. Nunmehr muss man konstatieren, dass sich dieses Konzept in Schall und Rauch aufgelöst hat - zum Nachteil der Beschäftigten und der Bevölkerung. PowerPoint-Präsentationen, Excel-Tabellen und rein theoretisch prognostizierte Patientenströme hatten und haben im Fall der Berater leider nur wenig mit der Realität zu tun“, merkte er an und rief den rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in einem Atemzug auf, die Versorgungssituation im Kreis Altenkirchen neu zu bewerten – auch vor dem Hintergrund der Angst erzeugenden Entwicklung im DRK-Krankenhaus Kirchen mit beispielsweise der Schließung der Neurologie. Enders erinnerte daran, dass Minister Hoch erst vor wenigen Monaten die stationäre Versorgung in der Region als gesichert eingestuft habe. Da sei die Ausgangslage aber noch eine ganz andere gewesen. Bis zum Bau des geplanten Westerwaldklinikums dürfe der Kreis Altenkirchen nicht zu einem weißen Fleck in der Krankenhauslandschaft werden, machte Enders deutlich. Es brauche vernünftige Übergangslösungen. „Das DRK muss jetzt Farbe bekennen und die Frage beantworten, ob man sich noch dazu in der Lage sieht, die stationäre Versorgung der Menschen sicherzustellen.“ Vielleicht müsse man hier endlich einmal beide Hände über die Landesgrenze reichen und ernsthaft nach Kooperationspartnern suchen, „und wenn es keine andere Alternative gibt, darf auch eine Übernahme kein Tabu mehr sein. Der Erhalt des Standorts muss oberste Priorität haben.“

Der Realität nicht standgehalten
„Mit den aktuellen Entscheidungen der DRK-Trägergesellschaft Süd-West zur Sanierung des Krankenhauses ist faktisch das Aus für das Krankenhaus Altenkirchen beschlossen worden. Stationäre Behandlungen und Operationen soll es in Altenkirchen nicht mehr geben. Damit ist das DRK seiner Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung in Altenkirchen nicht nachgekommen“, legte sich Altenkirchens Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz (CDU) fest. Das von den vermeintlichen Experten des DRK und dessen Beratungsfirma WMC erarbeitete Sanierungskonzept habe der Realität nicht standgehalten. Fehlende Kommunikation an die Beschäftigten, das Herunterreden der besseren Infrastruktur und der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses in Altenkirchen gegenüber Hachenburg durch das Management des DRK und WMC hätten seit Beginn der Insolvenz zu einem erheblichen Vertrauensverlust bei den Beschäftigten und den Patienten geführt: „Dafür ist allein das Management des DRK verantwortlich. Dass sich die aktuelle Situation in den drei Wochen nach der Sitzung des Gläubigerausschusses und dem nachfolgenden Beschluss des Amtsgerichtes zur Beendigung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung ergeben hat, kann ich nicht nachvollziehen. Die schwierige Situation seit Veröffentlichung des Sanierungsplanes war offensichtlich“, kritisierte Lindenpütz. Er habe keine Anzeichen erhalten, dass das Management aktiv gegensteuere, um den Sanierungsplan mit ambulanten OPs und mindestens 20 Betten für stationäre Behandlungen umzusetzen. Eine Insolvenz mit einem externen Insolvenzverwalter hätte mit Sicherheit ein anderes Ergebnis erzielt.

Versagt hat das Management, nicht die Mediziner
Für die medizinische Versorgung in und um Altenkirchen bestehe nun akuter Handlungsbedarf, so Lindenpütz weiter. Hierzu liefere das DRK keine Antwort. Notfall- und Unfallpatienten hätten nun weitere Wege vor sich, bei zeitkritischer Versorgung bestehe Lebensgefahr. Lindenpütz: „Es scheint so, dass der wirtschaftliche Erfolg beim DRK höher bewertet wird als ein Menschenleben. Wir als Stadt werden diesen Zustand nicht akzeptieren und fordern eine langfristige und schnelle Lösung zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung, besonders für Notfälle.“ Lindenpütz wurde deutlich: „Versagt hat das Management, nicht die Mediziner.“ Die Gebäudesubstanz und die medizinische Ausstattung des Krankenhauses in Altenkirchen seien besser als beim benachbarten Haus in Hachenburg. Fatal und Verschwendung von Steuergeldern wären eine Teilsanierung des Krankenhauses in Hachenburg, um die dorthin verlagerten Fachrichtungen dort zu ermöglichen. Um langfristig die fehlende Versorgungslücke im Westerwald zu schließen, werde er sich dafür einsetzen, dass das geplante Westerwaldklinikum durch Aufstockung und Anbauten an das Krankenhaus in Altenkirchen realisiert werde. Dadurch könne schnell und kostengünstig eine Bettenzahl von 400 erreicht werden. Gegenüber einem Neubau wären so mindestens 100 Millionen Euro weniger notwendig, und die Realisierung könne schneller erfolgen: „Altenkirchen und die Region brauchen ein Krankenhaus - heute, morgen und übermorgen!“



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Warum nur vier Monate Zeit?
„Wir sind über das plötzliche und so kurzfristige ,Aus’ des Krankenhauses Altenkirchen sehr überrascht! Immerhin läuft das neue Konzept gerade einmal vier Monate, und Herr Gonzáles hatte zu Beginn doch gesagt, dass die Zahlen zunächst gar nicht unbedingt stimmen müssten“, wertete Corinna Simmerkuß als Sprecherin der „Bürgerinitiative für eine gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“ die Hiobsbotschaft. Schließlich sei das ausgearbeitete Konzept für alle fünf Häuser zusammen so solide, dass die anderen Häuser dann erst einmal für die Umstrukturierung Einnahmen mit erwirtschaften könnten. „Ob die Gläubiger des Insolvenzverfahrens wohl wissen, wie ,solide’ dieses Konzept ist, wenn man sieht, dass der Träger bereits kurz nach Ende des Insolvenzverfahrens erneut Einschnitte vornimmt? Und warum bekommt das Krankenhaus nur vier Monate Zeit, wo es sich doch bei der Umstrukturierung zu einem Level-1i*-Krankenhaus um ein viel beschworenes Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter für ganz Deutschland handeln sollte? Leuchttürme werden doch auch nicht in vier Monaten gebaut“, meinte sie weiter, „und nach dem, was wir aus dem Krankenhaus und der Notfallanlaufstelle gehört haben, sind die Zahlen bei weitem nicht so schlecht, wie das jetzt in den Mitteilungen des Trägers dargestellt wird. Sie hätten allerdings mit größter Wahrscheinlichkeit deutlich besser sein können, wenn der Träger eine ‚Zukunfts-Offensive‘ gestartet und sich an die Öffentlichkeit gewendet hätte, um darüber zu informieren, welche Leistungen denn weiterhin angeboten werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten das garantiert mitgetragen, denn die waren hochmotiviert und wollten das Krankenhaus unbedingt halten.“

DRK als verlässlichen Partner in Frage gestellt
„Spätestens seit 2014 ist bekannt, dass das Krankenhaus in Altenkirchen auf der Abschussliste des DRK steht. Das in der gerade begonnenen Umstrukturierung der „Stecker gezogen“ wird, überrascht schon. Ich habe am 24. Juni diesen Jahres das DRK als verlässlichen Partner in Frage gestellt“, erklärte Kreistagsmitglied Ralf Käppele (Altenkirchen), Namensgeber für die gleichlautende Wählergruppe, die mit einem Sitz in dem Gremium vertreten ist. Heute könne sich jeder ein Bild davon machen, was von den „Märchen“ des Herrn Gonzáles zu halten sei. Leuchttürme und Sternchen seien versprochen worden, „ein Desaster bleibt zurück. Der Kreis sollte nun wenigstens das leere Gebäude im Wege des Heimfalls zurückholen. Der Bevölkerung ist nicht zu vermitteln, dass das DRK durch die Nutzung des Eigentums des Kreises zum Nulltarif Gewinne durch den Betrieb der Kinder- und Jugendpsychiatrie einstreicht. In diesem Moment gilt aber zuerst das Augenmerk den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Krankenhauses, die einen solchen Umgang nicht verdient haben“, schloss Käppele.

Weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich
Noch spricht die DRK-Trägergesellschaft nicht von Schließung, sondern verklausoliert ihren Standpunkt in einer Mitteilung: „Nach intensiver Prüfung und Abstimmung im Zuge der Planbestätigung und der Beendigung des Verfahrens hat sich gezeigt, dass weitere Sanierungsmaßnahmen in unserem DRK-Krankenhaus Altenkirchen erforderlich sind. Zu unserem Bedauern ist zu beobachten, dass die Strukturen in Altenkirchen binnen des letzten Jahres sowohl vor als auch nach der Transformation trotz des unermüdlichen Einsatzes aller Beteiligten, insbesondere unserer Mitarbeitenden, nicht hinreichend nachgefragt werden.“ Das habe zur Folge, dass die Kosten, die mit den vorgehaltenen Strukturen einhergehen, nicht gedeckt würden, „ohne unser entschiedenes und eiliges Handeln bringen diese Kosten nicht nur unser Haus in Altenkirchen, sondern auch unsere DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz und somit auch die Einrichtungen in Alzey, Hachenburg, Kirchen und Neuwied in wirtschaftliche Bedrängnis. Die konkreten Maßnahmen prüfen wir derzeit noch im Detail und geben sie sehr zeitnah bekannt. Fest steht, dass unsere Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie unsere MVZ-Struktur in Altenkirchen hiervon nicht betroffen sein werden.“ Alle von den Maßnahmen betroffenen Mitarbeitenden sollten bis zum Ende dieser Woche Klarheit über ihre Zukunft haben: „Wir befinden uns bereits in Gesprächen mit dem Gesamtbetriebsrat und wollen weiterhin allen Fachkräften eine Zukunft in unserem Verbund anbieten. Wir sind auch in enger Abstimmung mit den politischen Verantwortlichen, den Rettungsdiensten und den umliegenden Einrichtungen, um eine lückenlose Aufrechterhaltung der Versorgung sicherzustellen. Unser Ziel bleibt es, auch unter diesen schwierigen Bedingungen eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der Region zu gewährleisten.“ (vh)


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