Der Wegfall des Krankenhauses Altenkirchen hat Einfluss auf den Rettungsdienst
Von Klaus Köhnen
Die (für viele absehbare) Entscheidung der DRK gemeinnützige Trägergesellschaft Süd-West mbH betrifft nicht nur die klinische Versorgung in der Kreisstadt. Auch die Rettungsdienststruktur muss neu gedacht werden. Sind die Rettungsmittel aufgrund der weiten Fahrstrecken bereits heute längere Zeit nicht einsatzbereit, so wird sich dies noch erheblich verschärfen.
Altenkirchen. Bereits vor längerer Zeit begannen Überlegungen, den Fuhrpark des hauptamtlichen Rettungsdienstes im Landkreis Altenkirchen, den der DRK-Kreisverband betreibt, zu erweitern. Derzeit stehen in der Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen in der Rettungswache Altenkirchen ein Rettungswagen, ein sogenannter Notfall-Krankentransportwagen, ein Krankentransportwagen sowie das Notarzteinsatzfahrzeug und in Horhausen ein Rettungswagen zur Verfügung. Davon sind die Rettungswagen und der Krankentransportwagen nominell 24/7 besetzt. Der sogenannte Notfallkrankentransportwagen kann aufgrund seiner erweiterten Ausstattung als zweiter Rettungswagen eingesetzt werden. Dies hat aber zur Folge, dass die Transporte von Nichtnotfallpatienten nicht mehr in dem erforderlichen Zeitfenster der gesetzlichen Vorgabe von 40 Minuten stattfinden können.
Rettungsdienst kann nicht alles ausgleichen
Die angestellten Überlegungen beinhalten die Beschaffung eines weiteren Rettungswagens für die Rettungswache in Altenkirchen. Allerdings ist die Beschaffung eines Fahrzeuges nur die eine Seite der Medaille. Die zweite Seite ist das erforderliche Personal mit der entsprechenden Qualifikation (Notfallsanitäter). Genau hierum "buhlen" aber viele Einrichtungen des Rettungsdienstes, nicht nur in Rheinland-Pfalz. Landauf landab kommt es immer wieder zu Engpässen, weil die Fahrzeuge nicht mit dem vorgeschriebenen Personal (Notfallsanitäter) besetzt werden können. Die gesetzlich vorgeschriebene Eintreffzeit von 15 Minuten kann vielerorts nicht mehr eingehalten werden.
Was, aber genauso schwer, wenn nicht sogar schwerer, wiegt, ist die derzeit unbeantwortete Frage, wie der Notarztdienst sichergestellt werden soll. Die im Rettungsdienst tätigen Ärzte benötigen einen "Fachkundenachweis Rettungsdienst" oder die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Eine der dazu notwendigen Voraussetzungen ist eine mindestens 24-monatige Tätigkeit in der unmittelbaren stationären Patientenversorgung. Durch den Wegfall des Krankenhauses Altenkirchen, was in der Verantwortung der Trägergesellschaft liegt, ist eine solche Weiterbildung für junge motivierte Ärzte am Standort Altenkirchen nicht mehr möglich. Ob der Notarztstandort weiter Bestand haben wird, ist - zumindest derzeit - eher fraglich. Dies würde eine erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage nach sich ziehen. Die von vielen Politikern gerne genutzte Floskel der "gleichen Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land" wird damit ad absurdum geführt.
Hierzu äußert sich die Trägergesellschaft Süd-West auf Nachfrage mit folgender Information: „Durch die Verzahnung mit dem DRK Landesverband Rheinland-Pfalz als Betreiber des Rettungsdienstes haben wir einen detaillierten Einblick über Einsatzzahlen, Patiententransporte und Zielkliniken und somit die Bedeutung des Notarztstandortes. Diese Daten liegen auch der zuständigen Behörde vor, die die Kapazitäten des Rettungsdienstes fortlaufend evaluiert. Die Vorhaltung von Rettungsmitteln, insbesondere von Fahrzeugen und Personal, wird hierbei im Bedarfsfall angepasst.“
Anmerkung des Verfassers: Der DRK-Landesverband ist allerdings nicht der Träger des Rettungsdienstes. Dies sind gemäß Rettungsdienstgesetz Rheinland-Pfalz (§ 3 Satz 1) die Landkreise und die Kreisfreien Städte. Im Landkreis Altenkirchen ist diese Aufgabe dem DRK-Kreisverband übertragen worden.
Daseinsvorsorge wird bewusst gefährdet
Was zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass ein großer Teil der Daseinsvorsorge entfällt. Wenn man sich die Entwicklung der Stadt Altenkirchen und der näheren Umgebung anschaut, stellt man unschwer fest, dass eine große Zahl von Senioreneinrichtungen, unabhängig davon, ob es sich um stationäre Angebote oder sogenanntes Service-Wohnen handelt, angesiedelt wurde. Dies unter anderem auch ganz gezielt, weil es ein funktionierendes Krankenhaus in der Nähe gab. Ein wie auch immer ausgestaltetes MVZ kann ein Krankenhaus nicht ersetzen. Für Senioren, aber nicht nur für diese, ist es kaum möglich, die nun entstehenden weiten Fahrten zur Behandlung oder für Besuche von Angehörigen zu bewältigen. Die mehr als "dünne" Decke der Fachärzte im ländlichen Raum wird durch ein solches Vorgehen der Trägergesellschaft noch brüchiger.
Wie ein Sprecher der DRK Trägergesellschaft Süd-West zur Situation MVZ ausführt: „Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) bietet weiter eine umfassende ambulante medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Region. Es wird weiter verschiedene Fachrichtungen unter einem Dach vereinen und somit eine zentrale Anlaufstelle für ambulante Behandlungen und Konsultationen darstellen. Gemeinsam mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie weiteren spezialisierten Angeboten wird eine breit gefächerte Versorgung sichergestellt. Unser Ziel ist es, trotz der Schließung des somatischen Bereichs weiterhin diese verlässliche medizinische Betreuung in Altenkirchen zu gewährleisten.“
Kommentar: Ob dieses Ziel erreicht werden kann, ist zumindest fraglich. Heißt es doch in bereits mehrfach veröffentlichen Statements der Trägergesellschaft, dass die Umwandlung des Krankenhauses an der "mangelnden Akzeptanz durch die Bürger gescheitert sei". Was den Notarztstandort betrifft, ist, aus Sicht des Verfassers, derzeit noch völlig ungeklärt, welche Ärzte diesen Dienst übernehmen werden.
Das Rettungsdienstgesetz ist im § 23 Satz 1 hierzu eindeutig: Die Krankenhäuser sind im Rahmen ihrer Aufgabenstellung und Leistungsfähigkeit verpflichtet, Ärzte gegen Erstattung der ihnen entstehenden, angemessenen, bedarfsgerechten und nachvollziehbar nachgewiesenen Kosten als Notärzte zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus können niedergelassene und andere Ärzte, ärztliche Arbeitsgemeinschaften und ärztliche Mitarbeiter sonstiger geeigneter Einrichtungen im Notarztdienst mitwirken (sonstige Notarztstandorte). Es ist nicht davon auszugehen, dass der DRK-Kreisverband Altenkirchen in seiner Funktion als Anbieter des Rettungsdienstes mehrere Ärzte, sofern diese überhaupt zu finden sind, einstellen könnte.
Alles in allem kann festgestellt werden, dass die Versorgung von Erkrankten und Verletzten im Bereich der Verbandsgemeinde Altenkirchen, aber auch darüber hinaus, ausgedünnt wird. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum ein Haus geschlossen wird, das vor wenigen Jahren grundlegend saniert wurde und mit modernen OP-Sälen ausgestattet ist, zugunsten eines Krankenhauses, das sich bekanntermaßen in einem schlechten baulichen Zustand befindet. Durch den Einsatz der Mitarbeitenden konnte in Altenkirchen ein leistungsfähiger und zertifizierter Schockraum eingerichtet und betrieben werden. Diese für Notfälle wichtige Einrichtung fällt weg und sorgt für Unverständnis. Hier gegenzusteuern wäre Sache der Landespolitik, die sich, trotz vieler Interventionen aus den Kommunen, zurückhält. (kkö)
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Insolvenz DRK Trägergesellschaft
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