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Nachricht vom 24.07.2024    

Polizisten im Dienst bespuckt und gebissen - Amtsgericht Altenkirchen verhandelte

Von Wolfgang Rabsch

Immer wieder werden Rettungskräfte bei ihren Einsätzen zum Teil massiv angegriffen und behindert. Vor dem Amtsgericht in Altenkirchen wurde am 24. Juli ein besonders schwerer Fall verhandelt. Zwei Angeklagte, weiblich und männlich, hatten sich unter dem Vorsitz von Richter Kirsch vor dem Amtsgericht in Altenkirchen zu verantworten.

Symbolfoto: Wolfgang Rabsch

Altenkirchen. Die Staatsanwaltschaft Koblenz warf der Angeklagten vor, im Dezember 2021 während eines Polizeieinsatzes mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,01 Promille die Beamten bespuckt und getreten zu haben. Zwei Beamten soll sie in die Hand und in den Unterschenkel gebissen haben. Mehrfach habe sie die Beamten vor Ort und auf dem Weg zur Wache heftigst beleidigt, die Ausdrücke können wir hier nicht wiederholen.

Die von dem männlichen Angeklagten begangenen Straftaten sollen ebenfalls bei dem Einsatz in dem kleinen Ort in der Nähe von Altenkirchen stattgefunden haben. Mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,77 Promille soll er Beamte bespuckt und massiv beleidigt und einem Polizeibeamten durch den Handschuh in den Ringfinger gebissen haben. Dabei platzte das Nagelbett auf und blutete stark. Die Taten wurden nicht gemeinschaftlich begangen, sondern getrennt voneinander. Zusammengefasst lauteten die Vorwürfe Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung.

Nach Verlesen der Anklage ließen sich beide Verteidiger für die Angeklagten ein und erklärten unisono, dass diese an den Vorfall keinerlei Erinnerung hätten.

Misslungene Lebenswege der Angeklagten
Die Angeklagte berichtete, dass sie Hauswirtschaft erlernt habe und wegen ihrer Suchterkrankung bei der Diakonie Beratung suche. Wegen Corona habe sie sehr viel Stress gehabt und am Tag mindestens zehn Dosen Mixery und auch Schnaps getrunken. Zudem leide sie an ADHS und nehme aus diesem Grund verschiedene Tabletten ein. Drogen konsumiere sie keine mehr und sie befinde sich seit 2017 in psychiatrischer Behandlung. Der Angeklagte hat keinen Schul- oder Berufsabschluss, habe vor fünf Jahren zuletzt gearbeitet, jede Menge Schulden, um die er sich nicht kümmere. Am Tag vor dem Termin habe er noch eine ganze Flasche Wodka getrunken, etwa viermal in der Woche würde er bis zum Rausch saufen. "Warum soll ich mit dem Saufen aufhören, ich habe doch eh nichts mehr zu verlieren", sagte er wörtlich. Er habe 1.300 Euro Rente zur Verfügung.

Da die Angeklagten zur Sache nichts sagen wollten oder konnten, wurde in die Beweisaufnahme eingetreten. Insgesamt wurden fünf Zeugen gehört, davon drei Polizeibeamte und zwei Rettungssanitäter, die sich unmittelbar am Ort des Geschehens aufgehalten hatten und übereinstimmende Angaben zum Ablauf machten.

Zusammenfassung der Zeugenaussagen
Ursache des Geschehens war anscheinend ein Fahrradunfall, den die Angeklagte betrunken und unter Drogen stehend, verursacht hatte und sich dabei verletzte. Aus diesem Grund wurde ein Krankenwagen angefordert. Als die Rettungssanitäter die medizinische Behandlung beginnen wollten, rastete die Angeklagte vollkommen aus und fing an, hysterisch zu schreien. Umherstehende Gaffer, darunter der Angeklagte, bedrängten und behinderten die Sanitäter. Ein Sanitäter wurde von der Angeklagten in seine linke Hand gebissen.

Als die Polizei am Tatort eintraf, herrschte großes Chaos. Der Angeklagte versuchte während des Einsatzes immer wieder zu der Angeklagten zu gelangen, woran er nur schwerlich gehindert werden konnte. Nur unter Aufwendung von größtmöglicher Kraft gelang es, den Angeklagten zu fixieren. Er beleidigte, schlug und trat um sich, sogar der Einsatz eines Elektroschockers (Taser) wurde kurz ins Kalkül gezogen. Auf der Wache der PI Altenkirchen randalierte die Angeklagte weiter und schlug mit ihrem Kopf gegen eine Wand und drohte einem Polizeibeamten, ihn umzubringen, da sie wisse, wo er wohne und drohte ihm weiter, ihn in die Eier zu treten. Die Angeklagte wollte sich bei dem Zeugen entschuldigen, der diese Entschuldigung jedoch nicht annahm, angesichts dessen, was alles passiert sei.



Erhebliche, einschlägige Vorstrafen der Angeklagten
Bei der Biografie der beiden Angeklagten es ist nicht verwunderlich, dass diese im Bundeszentralregister (BZR) jeweils mehrere Eintragungen haben, die Gewalt- und Eigentumsdelikte, Sachbeschädigung, Widerstand und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zum Inhalt haben.

Anschließend verlas der Vorsitzende auszugsweise das psychiatrische Gutachten der Psychiaterin Dr. Anette Korte, die der Angeklagten zum Tatzeitpunkt Schuldunfähigkeit gemäß Paragraf 20 StGB zubilligte. Als Grund für diese Annahme attestierte sie der Angeklagten ein Borderline-Syndrom, sie leide an optischen und akustischen Halluzinationen, habe mehrere Suizidversuche unternommen und sich Selbstverletzungen zugefügt. Ihre BAK habe zur Tatzeit 2,6 Promille betragen. Der pathologische Rausch könne von einer Hirnschädigung herrühren, die Frau sei abhängig von Drogen, Alkohol und Tabletten. Damit sei ein Eingangsmerkmal zur Anwendung des Paragrafen 20 StGB erfüllt, nämlich eine krankhafte, seelische Störung.

Danach wurde einvernehmlich die Beweisaufnahme geschlossen, es folgten die Plädoyers. Für die Angeklagte beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Freispruch wegen Schuldunfähigkeit und für den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten wegen der angeklagten Taten. Die Strafe könne jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden auf drei Jahre und Zahlung einer Geldauflage von 3.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.

Rechtsanwalt Thomas Düber beantragte Freispruch für die Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit, Rechtsanwalt Sven Bromba sah bei dem Angeklagten verminderte Schuldfähigkeit und beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle.

In ihrem letzten Wort beteuerte die Angeklagte, dass sie diesen Raum (gemeint war der Sitzungssaal) nie mehr betreten würde. Der Angeklagte meinte lediglich lakonisch: "Nix".

Urteil im Namen des Volkes
Die Angeklagte wird freigesprochen wegen Schuldunfähigkeit. Der Angeklagte wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Dem Angeklagten wird aufgegeben, binnen zwei Jahren einen Geldbetrag von 3.000 Euro an die Diakonie in Bad Kreuznach zu zahlen.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung wurden keine Erklärungen abgegeben, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig. Wolfgang Rabsch


Mehr dazu:   Blaulicht  
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