Versuchter Mord in Weißenthurm? Staatsanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft
Von Wolfgang Rabsch
Der 46-jährige türkische Angeklagte soll im April 2024 in Weißenthurm versucht haben, seine damalige Ehefrau heimtückisch mithilfe eines Teppichmessers zu ermorden, nachdem diese nicht mehr bereit war, die Ehe mit ihm fortzuführen. Am Dienstag (27. August) hatten die Sachverständigen das Wort, zudem wurden die Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und der Verteidigung vorgetragen.
Koblenz. Der Angeklagte reklamierte direkt zu Beginn der Sitzung Unwohlsein. Der Grund lag an der Tatsache, dass die Ärztin der Rechtsmedizin aus Mainz begann, die Verletzungen des Opfers zu beschreiben. Dazu wurden die unmittelbar nach der Tat aufgenommenen Lichtbilder angesehen, die aber nicht auf der großen Leinwand zu sehen waren, sondern nur auf den kleinen Monitoren der Prozessbeteiligten.
Ein Wunder, dass das Opfer überlebte
Die Sachverständige von der Rechtsmedizin der Uniklinik Mainz, schilderte, dass sie insgesamt 17 Verletzungen am Körper festgestellt habe, davon fünf gravierende Verletzungen am Hals mit Schnittwunden von sieben bis acht Zentimeter Länge und drei bis vier Zentimeter Tiefe. Eine Schnittwunde war sogar so tief, dass der Halswirbel zu sehen war. Weiterhin befanden sich am Körper der Frau Schnittverletzungen oberhalb des Brustbeins und tiefe Einschnitte an beiden Händen, der Halsmuskel war durchtrennt und es wäre sehr selten, dass keine Blutgefäße verletzt worden seien, was unweigerlich zum Tode geführt hätte. Da keine Blutgefäße getroffen wurden, habe wegen der übrigen Verletzungen keine akute Lebensgefahr bestanden.
Der Angeklagte ließ sich noch mal zu seinen persönlichen Verhältnissen ein, er schilderte, dass er kein Alkoholiker sei, sondern ein normaler Trinker. Wenn er getrunken habe, dann Wodka, Cognac oder Whisky. Vor der Ehe mit der jetzt inzwischen geschiedenen Ehefrau sei er bereits viermal verheiratet gewesen. Aus einer Ehe hätte er zwei Söhne von 17 und 20 Jahren. Die Ex-Ehefrau wurde in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen, nachdem einer der Söhne sie bedroht habe, er würde das "Werk seines Vaters zu Ende bringen".
Der psychiatrische Gutachter sah ein Hauptproblem darin, dass der Angeklagte sich nicht mit sich selbst auseinandersetze. Krankhafte seelische Störungen lägen nicht vor. Er habe keine Reflexionen auf die Abläufe und befände sich im Verdrängungsmechanismus. Der Gutachter sah nicht die Voraussetzungen als gegeben an, um zu Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit zu gelangen. Er sah auch keine Notwendigkeit die Unterbringung in einer Entzugsanstalt anzuordnen.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stellte den Antrag, einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, dass die Eingangsmerkmale Heimtücke und niedere Beweggründe aufgenommen werden und damit eine Verschiebung des Strafrahmens erfolgen kann. Die 14. Strafkammer folgte nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft und erteilte keinen rechtlichen Hinweis. Die Beweisaufnahme wurde geschlossen.
Plädoyers der Prozessbeteiligten
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah den Sachverhalt, wie in der Anklage beschrieben, vollumfänglich bestätigt. Der Angeklagte habe das Opfer mit dem leeren Versprechen, in der Garage hätte er ein Fahrrad für sie, in die Garage gelockt, um sie zu töten, wenn sie nicht die Beziehung mit ihm fortsetzen würde. Als sie das ablehnte, sagte er zu ihr: "Wenn du mich verlässt, dann bringe ich dich um." Als die Zeugin die Garage verlassen wollte, packte er die Frau, die ihm mit ihrem Rücken zugewandt war und stach ihr mehrmals mit einem Teppichmesser in den Hals und fügte ihr dadurch lebensgefährliche Verletzungen zu. Da das Opfer ahnungslos gewesen sei, ist das Mordmerkmal der Heimtücke gegeben, ebenso die niederen Beweggründe, die zur Tat führten. Es hätte auch keinen Rücktritt von der Tat gegeben, jeder der fünf Stiche in den Hals hätte tödlich enden können. Wegen der Strafrahmenverschiebung im Hinblick auf die niederen Beweggründe und das Merkmal der Heimtücke, beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und Aufrechterhaltung des Haftbefehls.
Rechtsanwalt Hans Michael Baulig, schloss sich weitestgehend den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an und stellte die zu verhängende Freiheitsstrafe in das Ermessen der Strafkammer. Er sah auch zwei Mordmerkmale erfüllt, zumal der Angeklagte versucht habe, der Zeugin die Kehle durchzuschneiden, dabei könne der Tod eher herbeigeführt werden als durch ein normales Zustechen.
Rechtsanwalt Kai Ritter, Pflichtverteidiger des Angeklagten, sah keine Heimtücke und keine Arglosigkeit der Zeugin. Der Angeklagte habe im Affekt gehandelt, denn die Tat wäre nicht geplant gewesen, er hätte auch keine Tötungsabsicht gehabt. Daher beantragte Rechtsanwalt Ritter lediglich eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, wobei er keinen konkreten Antrag zur auszusprechenden Freiheitsstrafe stellte.
Dramatisches letztes Wort des Angeklagten
Das letzte Wort des Angeklagten fand im weinerlichen und schluchzenden Gestammel statt: "Wie könnte ich meiner Frau große Schmerzen zufügen? Ich weiß nicht, was passiert ist. Vielleicht stimmt es ja, was meine Frau gesagt hat. Ich habe heute große Schmerzen und würde für meine Frau und mein Kind mein Leben opfern, ich möchte sterben". Von der Urteilsverkündung am 28. August werden die Kuriere berichten. Wolfgang Rabsch