Altenkirchener „Zeitreise“ im Historischen Quartier: Teil zwei mit vier Gemeinden
Die Reise rund um Altenkirchen herum dauert an: Die neue Ausstellung im Historischen Quartier, dem Stadtarchiv der Kreisstadt, befasst sich in einem weiteren Teil der „Zeitreise“ mit dem Untertitel „Rund um Altenkirchen II“. Vier Ortsgemeinden werden per Momentaufnahmen aus längst vergangenen Tagen vorgestellt.
Altenkirchen. Jedes einzelne Dorf in der Peripherie Altenkirchens hat seine ureigene Geschichte, die es zu beleuchten durchaus lohnt. Waren im ersten Teil des nostalgischen Streifzugs Gieleroth (mit Amteroth und Herperoth) und Almersbach sowie Leuzbach-Bergenhausen jeweils Gegenstand einer Präsentation mit historischen Fotos, so nimmt sich der Förderverein Bismarckturm im zweiten Aufschlag weiteren vier Ortsgemeinden unter dem Motto „Zeitreise – Rund um Altenkirchen II“ an. Im Stadtarchiv Altenkirchen, dem Historischen Quartier (Marktstraße 31 - 33), feiert die „gute, alte Zeit“ ihr Comeback. Nach Ortsgemeinden und thematisch getrennt, reisen Interessierte per zahlreicher Fotografien in die Vergangenheit. Vor allem auf den Aufnahmen aus Klassenräumen wird der eine oder andere Betrachter noch den einen oder anderen Bekannten oder gar Verwandten erkennen und das womöglich lautstark kundtun wie beispielsweise: „Da ist ja mein Onkel drauf.“ In erster Linie bedienen sich die Organisatoren bei der Zusammenstellung der Galerien Fotos, die „Privatleuten“ gehören und direkt nach dem Scannen wieder den Eigentümern zurückgegeben werden. „Gute Quellen sind auch immer Dorfchroniken“, zeigen Uli Stope und Wolfgang Becker als erster und zweiter Vorsitzender des Fördervereins einen wichtigen Weg auf, um Material zu generieren, dass „hin und wieder aber auch schwer zu beschaffen“ sei. Um Informationen grundsätzlich zu erhalten, sprechen die Ausrichter auch gerne Ortsbürgermeister an.
Einst ein Lebensmittelgeschäft
Die zweite Etappe der Rundreise startet in Helmenzen und beschreibt in groben Zügen die Geschichte eines markanten Gebäudes in der Ortsmitte. Der heutige „Westerwälder Hof“ ging durch Anbau aus dem Lebensmittelgeschäft Weirich hervor und war ehedem unter der Bezeichnung „Zur schönen Aussicht“ bekannt. Seit 1955 firmiert er unter seinem jetzigen Namen, nachdem eine Lokalität gleichen Namens in Altenkirchen geschlossen worden war. Per Fotomontage ist auch ein Galgen zu sehen, um den Begriff der Straße „Zum Galgenberg“ zu erläutern. Schwarz-Weiß-Aufnahmen erinnern an Schulklassen wie die aus dem Jahr 1953 mit Lehrer Krämer. Darüber hinaus war die Ortsgemeinde bekannt für ihre vielen Vereine. Fußball wurde auf einem Areal in der Nähe des Westerwälder Hofs gespielt. Eine Geigenkapelle und ein gemischter Chor waren Betätigungsfelder für musisch interessierte Einwohner. Natürlich darf ein Blick in die Museumsscheune nicht fehlen, die kleine, aber feine heimatkundliche Sammlung. Abgelichtet wurden auch Arbeiter aus Helmenzen, die 1856 am Bau des Eisenbahntunnels bei Marienthal beteiligt waren. Der Blick ins Tal auf den Ortsteil Oberölfen zeigt die Pension Schuhmacher, das letzte Haus am Anstieg der B 8 in Richtung Birnbach, das all die Jahre überdauert hat.
Foto von August Sander
Im Uhrzeigersinn fortschreitend rückt Kettenhausen ins Visier der Historiker. Fein säuberlich nach Studien aus Gewerbebetrieben und landwirtschaftlichen Szenen unterschieden, sticht dennoch eine aus einem anderen Metier besonders heraus. Sie zeigt den Mandolinenclub aus dem Jahr 1925, den der inzwischen zu vielen Ehren gekommene und wohl weit über die Grenzen des Westerwaldes hinaus bekannte Fotograf August Sander ablichtete. Obwohl von der Einwohnerzahl nicht gerade als „groß“ zu bezeichnen, glänzt Heupelzen mit mindestens zwei herausragenden Ereignissen. Zum einen lebt das Meilerfest aus dem Jahr 1986 wieder auf, das über fast drei Wochen lang nie gekannte Dimensionen in Sachen Zuschauerresonanz erreichte. Zum anderen sind es im Jahr 1990 die Einweihungsfeierlichkeiten für den Raiffeisenturm auf dem Beulskopf, der höchsten Erhebung in der heutigen Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld, nachdem der ehemalige Bürgermeister der Ex-Verbandsgemeinde Altenkirchen, Karlheinz Klöckner, den Grundstein gelegt hatte. Noch immer ist der hölzerne Ausguck ein beliebtes Ziel für Wanderer. Derzeit ist der Bau eines Nachfolgers Thema, weil das Material der Premierenversion wahrlich in die Jahre gekommen ist. Auch die Firma Auto Adorf, 1967 gegründet und eng mit dem Dorf verbunden (inzwischen in der Kölner Straße in Altenkirchen zu Hause), darf bei der geschichtlichen Aufarbeitung nicht fehlen ebenso wie ein Spar-Markt, der 1982 wiedereröffnet wurde.
Die L 267 als „Grenze“
Kurios geht es auf dem Beulskopf eh schon zu. Die Landesstraße 267 teilt Beul zum einen der Ortsgemeinde Heupelzen und zum anderen der Ortsgemeinde Busenhausen zu. Während der Raiffeisenturm in Heupelzer Besitz ist, zählt die St.-Aloysius-Kapelle zu Busenhausen. Im Laufe der Jahre wurde ein baufällig gewordenes kleines Gotteshaus durch einen Neubau ersetzt. Auch die Bäckerei von Horst Sander, so zeigt es eine Fotografie aus den 1960er-Jahren, gehörte dank ihrer Lage rechts der „Grenze“ (Fahrtrichtung Pracht) zu Busenhausen, das über viele Jahre hinweg die Schule für Kinder der Beulskopf-Gemeinden betrieb. In dem Gebäude ist inzwischen die Kindertagesstätte „Haus der kleinen Freunde“ untergebracht. Darüber hinaus rücken die ehemalige Poststelle, das große Sängerfest im Jahr 2007 oder ein Leistungspflügen in die Augen der Betrachter, denen auch das schmucke Dorfgemeinschaftshaus, das „Wöschhoisjen“, auffallen dürfte. Mehrere Schnappschüsse widmet die Sammlung Manfred Herrmann aus Heupelzen, der sich als Hobbyautor einen Namen gemacht hat. Unter anderem beschäftigte er sich mit dem Bombenterror der Alliierten Luftstreitkräfte gegen Altenkirchen zum Ende des Zweiten Weltkrieges, wie aus einem seiner Bücher zu erfahren ist.
Noch einige Wochen zu sehen
„Zeitreise – Rund um Altenkirchen II“ wird noch einige Wochen zu den Öffnungszeiten des Historischen Quartiers zu sehen sein: dienstags 15 bis 17; donnerstags 11 bis 13 und jeden dritten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr. Zusätzlich zu den ausgestellten Fotos stehen Power-Point-Präsentationen mit deutlich mehr Aufnahmen zur Verfügung, die vor Ort angeschaut werden können. Im nächsten Schritt wird die Tour rund um Altenkirchen mit dem dritten und finalen Teil abgeschlossen. Dann geht es nach Bachenberg, Mammelzen, Sörth und Michelbach, so dass die Verbindung mit Gieleroth als Auftaktgemeinde für den Rundkurs hergestellt wird. Vor der Trilogie hatten sich sieben Ausstellungen mit thematisch geordneten Aspekten Altenkirchens befasst. Das Historische Quartier war im Jahr 2016 eröffnet worden. (vh)
Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Altenkirchen mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.
Lokales: Altenkirchen & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion