Nicole nörgelt … über Blaumacher und Kollektivstrafen
Von Nicole
GLOSSE | Nach den letzten Studien ist Deutschland nicht mehr das Land der Dichter, Denker und Ingenieure, sondern das Land der Blaumacher und Rekordhalter bei den Krankmeldungen. In jedem Jahr entfallen durchschnittlich mehr Krankentage auf jeden Arbeitnehmer. Und prompt kommen schon wieder haarsträubende Ideen zur Reduzierung der Krankentage aus der Politik und von den Versicherungen.
GLOSSE! Es ist Grippe- und Erkältungszeit und natürlich trifft es auch die arbeitende Bevölkerung. Im Gegensatz zur nicht arbeitenden Bevölkerung müssen diese Leute sich dann aber bei ihrem Arbeitgeber krank melden. Was mich daran stört, ist die kollektive Verurteilung aller Arbeitnehmer, wenn es heißt: "Jeder Arbeitnehmer war im Jahr 2023 durchschnittlich 26,21 Tage krankgeschrieben. Und nach den ersten neun Monaten in 2024 war der Krankenstand auf einem Rekordhoch." Ist ja alles schön und gut, aber auf wie viele Arbeitnehmer trifft das denn nun zu? Auf mich und alle Mitglieder meiner Familie auf jeden Fall mal nicht. Was wieder zeigt, dass Statistiken zwar schön und gut sind, aber nicht in jedem Fall aussagekräftig.
Lohnkürzung für "Blaumacher", aber auch alle anderen
Der wirklich haarsträubende Vorschlag, künftig die Bezahlung für den ersten Krankheitstag auszusetzen, um die – nennen wir sie mal – "Blaumacher" abzustrafen, die ihr Wochenende schonmal mit einer Krankmeldung für Freitag oder Montag verlängern, ist eine absolute Frechheit all denen gegenüber, die eben nicht für jede Kleinigkeit zum Arzt gehen und sich dann direkt für eine ganze Woche krankschreiben lassen. Das erinnert ein bisschen an die Grundschulzeit, wenn es hieß: "Solange das hier nicht aufgeräumt ist, geht keiner in die Pause" oder "Solange wir nicht wissen, wer die Tafel beschmiert hat, schreiben alle eine Strafarbeit". Liebe Leute, wir sind doch nicht mehr im Mittelalter. Viele von uns brauchen einfach diesen einen oder maximal einen zweiten Tag zu Hause, um ihren Schnupfen oder ihre Magenverstimmung auszukurieren. Aber bitte, wenn diese Leute, die ihrer Firma lieber zügig wieder zur Verfügung stehen wollen, jetzt mit Gehaltsabzug bestraft werden sollen, dann wird ihnen nichts Anderes übrig bleiben, als sich künftig krankschreiben zu lassen und dann bleibt es eben nicht bei einem Tag. Das ist ja dann bestimmt eine eklatante Verbesserung der Situation, denn hier glaubt doch niemand ernsthaft, dass die, die keine Lust zum Arbeiten haben, sich dann in Zukunft nicht einfach krankschreiben lassen. Mit telefonischer Krankmeldung ist das doch alles kein Problem mehr – ein Anruf morgens aus dem warmen Bett, der "gelbe Schein" wird online an den Arbeitgeber geschickt und das war es dann.
Frust am Arbeitsplatz
Für die, die einfach immer zuverlässig ihrer Arbeit nachgehen, ist dieser Vorschlag ein Schlag ins Gesicht und wird wohl nur zu Frust führen, der dann darin endet, dass man entweder krank zur Arbeit geht und sich selbst und den Kollegen schadet oder sich künftig einfach krankschreiben lässt, statt sich einen Tag zu Hause auszukurieren. Und wo kommen diese statistisch ermittelten Krankentage pro Jahr denn nun her? Natürlich fließen in diese Statistik alle schwer- und langzeiterkrankten Menschen ein – also Leute, die wegen einer schweren Erkrankung über Wochen und Monate nicht arbeiten können, auch wenn sie gerne würden. Dazu kommt, dass in vielen Berufen – denn es gibt ja nicht ausreichend Fach- und Arbeitskräfte – die steigende Belastung für den Einzelnen und immer weniger Anerkennung zu Unzufriedenheit und Erschöpfung führen.
Keine Belohnung mehr für Leistung und Zuverlässigkeit
Da werden in der Krankenpflege und in der Industrie Weihnachtsgratifikationen gestrichen, weil angeblich kein Geld da ist, gleichzeitig wird aber an jeder Ecke Geld für unnützen Kram rausgeworfen. Liebe Politiker, ein solches Verhalten trägt nicht dazu bei, die Arbeitsmoral und Motivation zu steigern. Denn für viele Arbeitnehmer ist bei steigenden Belastungen und immer höheren Abgaben das Weihnachtsgeld schon lange kein Luxus mehr, sondern wird fürs nackte Überleben gebraucht, um die defekte Waschmaschine oder die fällige Autoreparatur zu bezahlen. Vielleicht denken die hohen Herrschaften künftig einmal ein bisschen nach, bevor sie mit irgendwelchen tollen Vorschlägen um die Ecke kommen, die wieder einmal nur denen schaden, die versuchen, den Laden hier am Laufen zu halten und ihre Leistung zu bringen. Die "Blaumacher" und "Arbeitsverweigerer" gehen wegen einer solchen Sanktion bestimmt keinen einzigen Tag mehr arbeiten.
In diesem Sinne, liebe Leser, wehren Sie sich gegen willkürliche Kollektivstrafen und fordern Sie ein, was Ihnen zusteht – nämlich Anerkennung für gezeigte Leistung. Wenn wir nicht wieder dahin kommen, dass Leistung auch belohnt wird, wird es in Zukunft nicht mehr viele Leistungsträger geben.
Ihre Nicole
Mehr dazu:
Nicole nörgelt
Feedback: Hinweise an die Redaktion