Erwin Rüddel drängt auf Aufarbeitung der Corona-Entscheidungen
Drei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie fordert Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel eine umfassende Analyse der damaligen politischen Entscheidungen. Er kritisiert die bisherige Diskussion, die sich vor allem auf Schuldzuweisungen konzentriert habe, und sieht dringenden Handlungsbedarf.
Berlin. "Die Bundesregierung und die Ampelkoalition haben es in drei Jahren nicht geschafft, die Folgen der Corona-Pandemie aufzuarbeiten, um daraus Ratschläge für eine eventuelle neue Pandemie zu entwickeln", erklärt Erwin Rüddel, ehemaliger Vorsitzender des Gesundheitsausschusses während der Pandemiezeit. Er betont die Notwendigkeit, Szenarien zu erarbeiten, um auf globale Gesundheitskrisen besser vorbereitet zu sein. Es gehe darum, evidenzbasierte Entscheidungen in pandemischen Ausnahmezuständen treffen zu können.
Rüddel weist darauf hin, dass viele gesellschaftliche Themen ihren Ursprung in der Corona-Zeit haben. Die hohe Krankheitsrate könne darauf zurückzuführen sein, dass Menschen vorsichtiger geworden seien. Auch die Wut in Teilen der Gesellschaft sei möglicherweise auf die als übertrieben empfundenen Maßnahmen zurückzuführen. Post- und Long-COVID-Erkrankte fühlten sich bis heute alleingelassen und beklagten mangelnde Forschung und Anerkennung.
"Ich bedaure, dass wir in dieser Legislaturperiode keine Aufarbeitung der Entscheidungen in der Corona-Zeit hinbekommen haben", so Rüddel weiter. Ein unvoreingenommenes Gremium zur objektiven Bewertung der Maßnahmen sei nicht gefunden worden. Der Informationsstand über das Virus habe sich ständig verändert, was unterschiedliche Entscheidungen zu verschiedenen Zeiten erforderlich gemacht habe. Die Komplexität der Pandemie habe es oft erschwert, Maßnahmen plausibel zu erklären.
Rüddel räumt ein, dass Fehler gemacht wurden. Entscheidungen seien kontextabhängig getroffen worden, da es keine Normung für den Umgang mit einem neuartigen Virus gegeben habe. Wichtig sei jedoch, die Entscheidungen objektiv zu bewerten, um bei zukünftigen Pandemien bessere Schlüsse ziehen zu können. "Ich bin mit Armin Laschet der Meinung, dass auch in Pandemien Grundrechte und die Verfassung an oberster Stelle stehen müssen - und der Respekt vor anderen Meinungen."
Der Gesundheitspolitiker fordert, die Aufarbeitung in der kommenden Wahlperiode anzugehen. Die Union solle ein politisch neutrales und wissenschaftlich anerkanntes Gremium fordern. "Ich könnte mir eine Aufarbeitung gut im Deutschen Ethikrat vorstellen", schlägt Rüddel vor, betont jedoch, dass auch andere Formate denkbar wären. Entscheidend sei, dass die Gesellschaft die Fähigkeit zur konstruktiv-kritischen Selbsteinschätzung behalte. Red
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