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Nachricht vom 30.01.2025    

Kettenhausen: Wie Fotografin Claudia Musal und ein Baumpython groß herauskommen

Mit solch einer Resonanz hatte der Baumpython wohl nicht gerade gerechnet. Von Claudia Musal perfekt in Schwarz-Weiß aufs Speichermedium ihrer Kamera gebannt, wurde dem Duo eine hohe Ehre zuteil: Im Wettbewerb "Exposure One Awards" wurde Musal in der Kategorie "Haustiere" als "Fotografin des Jahres" ausgezeichnet.

Mit diesem Schnappschuss war Claudia Musal erfolgreich. (Foto: realationpics)

Kettenhausen. Nun, ein nicht giftiger, sondern würgender Baumpython zählt nicht gerade zu den Haustieren, die in der Zahl Hunde oder Katzen Konkurrenz machen. Gerade deshalb wohl kommt das Reptil, wie es Claudia Musal aus Kettenhausen abgelichtet hat, groß heraus. Vor total dunklem Hintergrund reckt die Schlange ihren Kopf und einen Teil ihres Körpers in die Höhe, so dass für den Betrachter die Unterseite des Kriechtiers sichtbar wird. Zusätzlich wird dank Schwarz-weiß-Aufnahme ein geradezu idealer Kontrast geschaffen. Hilfsmittel sind keine im Spiel – weder eine gläserne Platte, auf der sich der Python bewegt, noch eine Stange, an der er sich empor windet. Die angenehme „Folge“: Im Wettbewerb „Exposure One Awards“ (monochrome Fotos) wird Musal, für sie völlig überraschend, in der Kategorie „Haustiere“ als „Fotografin des Jahres“ (Perspektive oder Position) ausgezeichnet. „Ich habe ein Faible für Reptilien, ich finde sie faszinierend“, macht sie kein Hehl aus ihrer Zuneigung zu dieser Gattung, die jedoch von ihr in diesem speziellen Fall viel Geduld abverlangt hat: „Diese Tiere schlafen 22 Stunden am Tag, und ich hatte großes Glück, dass sich das Warten bei einem Züchter und die vorsichtige Herangehensweise letztendlich ausgezahlt haben. Es gibt nämlich einfachere Kandidaten. Maximal habe ich so eine Schlange fünf Minuten außerhalb des Terrariums.“ Zunächst solle sich die Schlange akklimatisieren, sie müsse ganz genau beobachtet werden, „ich muss mich langsam bewegen, muss meine Atmung anpassen. Das ist für mich immer wieder eine Herausforderung, aber das mache ich gerne“. Musal versucht, nicht unendlich viele Fotos zu schießen, sondern nur wenige zu machen. Dabei verlässt sie sich auf ihre Intuition. Sie schaue sich das Tier an, warte ab, „was sich zwischen uns entwickelt, beachte die Stimmung“. Gerade bei Baumpythons, die eine „unfassbare Strahlkraft durch ihre neonfarbenen Schuppen haben, wird man bei einem Farbfoto geblendet durch die Brillanz, die ja auch schön ist. In dem Moment, wo man das Ganze in Schwarz-weiß reproduziert, ist man sehr konzentriert auf das Tier an sich“. Das nur minimalst retuschierte Foto („Ich freue mich über das Hochformat, weil sonst oft querformatige gewinnen“) erkläre dennoch nicht, dass es sich um einen Baumpython handele, „man tappt sozusagen im Dunkeln“. Unter dem Strich steht aber nicht der ganz große Geldsegen, den Gewinner in anderen Wettbewerben einheimsen können. Vielmehr sind es eine Urkunde und die Möglichkeiten, sich mit anderen Fotografen weltweit austauschen zu können. Sie habe darüber hinaus Zugang zum Netzwerk des Veranstalters, könne kostenfrei an Workshops teilnehmen und gleichfalls verbilligt Drucke bestellen.

Tiere nicht stressen
Zurück zum Objekt der Begierde: Eine Schlange reagiere auf Infrarot, „das heißt, alles, was irgendwie hektisch ist“, blickt Musal, ein wenig ins Detail gehend, auf das Shooting zurück, „man muss immer wieder abbrechen, man möchte die Tiere nicht stressen und muss aufpassen", dass deren natürliche Zeit nicht gestört werde. „Ein Tier fragt mich nicht, ob ich ein Foto von ihm mache, es ist ihm völlig egal, was ich mache“, fügt die 36-Jährige an. Wenn sie eines vor die Kamera hole, „möchte ich, dass es die Dynamik bestimmt. Dafür muss man sich natürlich auch mit der einzelnen Tierart auseinandersetzen. Das ist das Faszinierende. Ganz selten habe ich gestellte Aufnahmen.“ Sie gehe in die Umgebung der Tiere und nehme sich die Zeit, um zu erfahren, wie ihre Gegenüber sich bewegten. „Wenn das nicht geschieht, ist das auch okay. So kann es auch sein, dass ich ohne Fotos wieder weggehe“, erklärt sie ihre auf keinen Fall hundertprozentige Erfolgsquote. Grundsätzlich mache sie einen Vorab-Besuch, damit das erste Aufeinandertreffen nicht am eigentlichen Shooting-Tag stattfinde. So könne sie die Kommunikation zwischen Tier und Mensch sehen. „Das ist ungeheuer wichtig, denn letztendlich ist es das, was das Gefühl bei einem Foto ausmacht. Dann machen wir oft einfach einen Spaziergang“, berichtet Musal über einen Großteil ihrer Aufträge, die sie vor allen Dingen fürs Ablichten von Tieren in der Landwirtschaft erhält, „zudem ist mir außerordentlich wichtig, dass ich weiß, dass es den Tieren gutgeht. Ich möchte nicht, da ich viel mit Züchtern zusammenarbeite, dass meine Fotos irgendwo kursieren und es Schwierigkeiten gibt, oder dass meine Fotos für irgendwelche Ausbeutungen benutzt werden. Deshalb schaue ich mir auch Betriebe immer vorher an. Ich habe einen tollen Kundenkreis mit tollen Menschen“.

Ein einziger Termin pro Tag
Pro Tag arbeitet Musal nur einen einzigen Termin ab, weil „ich mich voll darauf einlassen muss“. Wenn sie zum Beispiel Katzen („die haben immer keine Lust, wie wir alle wissen“) ablichten muss, fahre sie mit einem Kofferraum voller Ideen zum Ort des Geschehens, setze sich hin und lasse die Tiere an sich schnuppern, ehe „ich schaue, womit sie am besten interagieren. Umso spontaner ich bin, um so weniger frustriert fahre ich nach Hause“. In den ersten drei, vier Jahren ihrer Tätigkeit habe sie sich hin und wieder auf den Heimweg gemacht mit dem Gedanken, dass gar nichts geklappt, sie aber im Nachhinein festgestellt habe, dass dennoch „gute Fotos entstanden sind. Heute bin ich ein bisschen gelassener wegen der Erfahrung. Ich bin heute einfach sehr zufrieden, weil ich entspannter an die Sache herangehe. Je höher die Erwartungshaltung ist, desto schlechter sind oft die Resultate“. Berechenbarer und nicht so intuitiv gehe sie vor, wenn sie Fotos für Fotoromane wie beispielsweise „Pferd &. Co.“ mache. Da gebe es ein klares Script, das werde Monate im voraus geplant. „Das ist sehr, sehr aufwendig“, ergänzt Musal, „insgesamt ist das ungefähr ein Monat an Arbeit, wobei eine meiner besten Freundinnen, Steffi Wollgarten, die Texte schreibt. Dieses Jahr machen wir zwei dieser Storys, eine soll im Schnee spielen, bei der zweiten wird es ums Voltigieren gehen. Da suchen wir noch einen Verein. Ich bin gerade aktiv in der Recherche.“



Phobie vor Fischen
Die Beantwortung der Frage, ob sie einen solchen Erfolg auch mit der Technik von anno dazumal mit Entwickeln des Films und der Belichtung von Abzügen auf Papier erzielt hätte, lässt Musal ein wenig zögern. „Was ich sehr, sehr schätze, ist, dass wir fast ein Endresultat auf unseren digitalen Kameras haben. Das macht das Arbeiten natürlich weniger kostspielig und ein Stück auch weniger zeitintensiv, weil ich direkt Verbesserungen machen kann und ich die Möglichkeit habe, direkt meine Arbeit zu reflektieren und sie anzupassen. Dennoch ist manchmal die Tendenz vorhanden, es kostet ja nichts – außer Zeit, wenn ich mehr knipse“, meint sie. Aber: Die Auswahl hinterher sei viel schwieriger, viel energieraubender als das Shooting oder die Bildbearbeitung an sich. Sie glaube, dass man sich damals mit der analogen Fotografie viel stärker auf den Moment eingelassen habe, und gehe davon aus, „dass viel stärker überlegt werden musste, wie ich das Foto schon von vorneherein konstruiere, weil es doch viel wertvoller war. Der Entstehungsprozess von einem guten Foto war viel, viel länger als heute“. Dennoch: Musal ist sich fast sicher, dass ihr das ausgezeichnete Foto mit dem Baumpython auch früher gelungen wäre, weil „es keine aufwendige Konstruktion war. Das Set-up wäre auch vor 40 oder 50 Jahren möglich gewesen“. Grundsätzlich freut sie sich, dass auch mal eine Schlange in den Fokus rückte, weil doch viele Menschen Aversionen gegen diese Lebewesen hätten. Sie fotografiere so gut wie jedes Tier bis auf die „Aquaristik, ich habe eine Phobie vor Fischen“, aber Angst sei eben irrational. Was immer hängen bleibt, ist eine Geschichte, die Musal so gut wie von jedem abgelichteten Tier erzählen kann. Natürlich würde sie gerne während eines Urlaubs auf anderen Kontinenten einmal auf Fotopirsch gehen, „aber einem Tier hinterher zu reisen, kommt auf keinen Fall in Frage. Ich kann in jedem Tier etwas Faszinierendes finden. Mein Herz schlägt für die Landwirtschaft, da gibt es so viele schöne Motivstrecken. Das kann natürlich auch außerhalb von Deutschland sein“. Dass ihre Arbeit in diesem Sektor hoch angesehen ist, verdeutlicht Pascal Specht (Amönau), dessen Highland-Cattle-Herde auf einem Speicherchip verewigt worden ist: „Die Bilder, die Claudia gemacht hat, sind einfach atemberaubend. Sie hat die Charakterzüge meiner Tiere auf eine Weise eingefangen, die ich so noch nie gesehen habe. Die Fotos strahlen eine besondere Wärme und Authentizität aus, die die tiefe Verbindung zwischen den Tieren und ihrer Umgebung perfekt widerspiegeln.“

Schon als Kind viel fotografiert
Eher auf Umwegen ist Musal, die in Wiesbaden geboren wurde und inzwischen schon in einigen Gemeinden der Region lebte, zur Tierfotografie gekommen. Sie habe als Kind ganz viel fotografiert, „meinen ersten Fotokurs in der Grundschule Weyerbusch gemacht, als ich in den vierten Klasse war. Damals konnte ich einen Nachmittag pro Woche in der Schule bleiben, um daran teilzunehmen. Und dann sind wir in diese kleine Dunkelkammer gegangen, in der es so gestunken hat. Als plötzlich auf dem Papier bei Rotlicht die Blätter der Bäume mit ihren Adern nach und nach entstanden, war ich fasziniert“. Danach bekommt sie ihre eigene Kamera und fotografiert immens viel. Nach der Schulzeit habe sich ihre Sozialpädagogik-Ausbildung angeschlossen und parallel viel mit Tieren im Tierschutzverein Altenkirchen gearbeitet. Sie besitzt den Tierschutzberaterschein, „hatte ganz viel mit Hunden zu tun, was sich heute natürlich auszahlt, weil es ein super Training war“. Fünf Jahre lang war eine regionale weiterführende Schule ihr Arbeitgeber („eine sehr schöne Zeit“). Als Musal damals als pädagogische Fachkraft gefragt wurde, ob sie das „längerfristig“ machen wolle, habe sie dieses Ansinnen entschieden abgelehnt. Nach einer Zwischenstation in der Kinderklinik St. Augustin als Leiterin eines Bereiches, in dem schwerkranke Kinder betreut wurden, „bemerkte ich so ganz nebenbei, dass mir meine Kreativität und all die Tiere doch sehr fehlen“. So schließt sie 2019 ihr Fotodesignstudium ab, „ein Jahr zuvor hatte ich ein Foto einer Katze ins Internet hochgeladen, um einmal ein neutrales Feedback von wildfremden Menschen zu erhalten. Und die Aufnahme wurde sogar auf einem Ableger des ,Stern’ gedruckt. Und heute bin ich hier, hat Spaß gemacht“. Auf ihren aktuellen Wohnort Kettenhausen lässt sie gar nichts kommen. „Ich fühle mich total wohl“, tut sie voller Überzeugung kund, ihr gefalle ihre Wohnung im ersten Stock einer um- und ausgebauten Scheune und möchte diese derzeit auf keinen Fall missen. Inwieweit sich Musal beruflich nach bislang all den Richtungsänderungen noch einmal umzuorientieren gedenkt, steht in den Sternen: „Ich glaube, dass jetzt die Schnittmenge am größten ist. Alles, was ich aus den sozialpädagogischen Jahren dabei habe, hilft mir ungemein bei der Arbeit mit den Tieren.“ (vh)

Informationen zu Claudia Musal unter www.realationpics.de


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