Altenkirchener Frauen-Tennisturnier: Avdeeva schreibt in ihrem "Wohnzimmer" Geschichte
Für die "Ladies Open" in Altenkirchen ist ein weiteres Kapitel für deren Geschichtsbuch geschrieben worden: Bei der zwölften Auflage seit 2014 gelang es Julia Avdeeva als erster Spielerin, ihren Titel aus dem Vorjahr erfolgreich zu verteidigen. Sie schlug im Finale Daria Snigur aus der Ukraine mit 6:3, 6:3.
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Altenkirchen. Als der allerletzte Punkt des Tennis-Weltranglistenturniers für Frauen des Jahres 2025 auf dem Center Court des Burg-Wächter Matchpoints auf der Altenkirchener Glockenspitze notiert worden war, jubelte Julia Avdeeva (22) am Sonntagnachmittag (16. Februar) kaum sichtbar. Nach dem 6:3, 6:3 in 73 Minuten über die gleichaltrige Daria Snigur (Ukraine), die aufgrund des Angriffskrieges Russlands auf ihr Heimatland ihrer Gegnerin nicht gratulierte und das obligatorische gemeinsame Foto verweigerte, durfte sich die 1,85 Meter große und in Sankt Petersburg geborene Athletin über ein Preisgeld in Höhe von 9142 US-Dollar und 75 Punkten für die Weltrangliste freuen. Zudem ist sie nunmehr die erste Spielerin, die den Wettbewerb, der insgesamt mit 60.000 US-Dollar dotiert ist und erstmals unter „Rewe Petz Ladies Open“ firmierte, zweimal in Folge gewann. Vor Jahresfrist hatte Avdeeva im Endspiel Alison van Uytvanck (Belgien) mit 6:4, 6:4 bezwungen. Für Snigur, die ohne Halbfinaleinsatz weitergekommen war, blieben 4886 US-Dollar und 49 Zähler für die Weltrangliste „übrig“. Lediglich die Dänin Clara Tauson (inzwischen Nummer 39 der Weltrangliste) konnte sich bislang zweimal bei den Open behaupten - mit dem Unterschied zu Avdeeva, dass es nach 2021 zwei Jahre dauerte, ehe Tauson wieder den größten Pokal überreicht bekam. Snigurs geplante Vorschlussrundenwidersacherin Anna-Lena Friedsam, die in ihrem Viertelfinale gegen Elvina Kalieva (USA/6:4,6:3) umgeknickt war und zurückgezogen hatte, muss wahrscheinlich ein wenig pausieren, da als erste Diagnose der Verdacht auf Bänderanriss im Knöchelbereich besteht. Genaueren Aufschluss wird eine MRT-Untersuchung in den nächsten Tagen bringen.
Leben in Polens Hauptstadt
„Ich spiele sehr gerne hier und fühle mich sehr wohl. Mir ist es endlich gelungen, den Titel zu verteidigen. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr wieder hier spielen werde“, meinte eine inzwischen etwas gelöster wirkende Avdeeva, die nunmehr neben zweimal Altenkirchen, in ihrem „Wohnzimmer“ also, noch Kursumlijska Banja (Serbien/2023), Hamburg (2023) und Reims (2024) als Adressen für Erfolge bei Turnieren in ihrem Karriereablauf aufführen darf. Das Rezept Avdeevs, zumindest in der Kreisstadt Erfolg zu haben, ist ein einfaches. Sie schlägt bestens auf, die Bälle erreichen Geschwindigkeiten von bis zu gemessenen 192 km/h. Logische Konsequenz: In den fünf Partien verbuchte die Statistik 48 Asse bei zehn Doppelfehlern. Und auch die Grundschläge verleihen den Filzkugeln jeweils ein enormes Tempo, so dass sie hin und wieder nicht zu retournieren sind. Avdeeva ist zudem eine Viel-Spielerinnen. Der Auftritt im SRS-Sportpark war die 30. Teilnahme an einem Turnier seit den Ladies Open 2024. Darunter waren als Stationen unter anderem die drei Grand-Slam-Turniere in Paris, Wimbledon und New York, bei denen sie jeweils nie über die erste Qualifikationsrunde hinausgekommen war. Snigur, die vor und nach der Pokalübergabe auf „ihrer“ Bank und teils tief in Gedanken versunken saß, verwies auf ihre fünfte Teilnahme an der Veranstaltung in der Kreisstadt und erklärte, dass „es hier nicht schlecht für mich ist“. Die womöglich nicht gerade mit viel Fingerspitzengefühl gestellte Frage nach der Situation in ihrer Heimat gab ihren Tränen freien Lauf, denn ihre Familie lebt noch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, während sie und ihr Vater, der gleichzeitig ihr Trainer ist, sich in Polens Hauptstadt Warschau einquartiert haben und von dort die Turniere in aller Welt besuchen.
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Anstrengende Woche
Turnierdirektor Razvan Mihai ließ die zurückliegenden Tage noch einmal Revue passieren und sprach von „einer sehr schönen, aber auch anstrengenden Woche“. Die neuen Vorgaben – zum Beispiel die Unterbringung der Spielerinnen auf Kosten des Veranstalters – hätten einen enormen Aufwand bedeutet. Den sportlichen Aspekt beschrieb er als „wunderbar, wir haben ein sehr ausgeglichenes Feld gehabt“. Vergleiche des Niveaus zu zurückliegenden Turnieren lehnte er aber ab. Da Stillstand bekanntlich Rückschritt bedeutet, wird im kommenden Jahr an der „Preisgeldschraube“ gedreht. Wieder Anfang Februar (der genaue Termin steht noch nicht fest), klettert die Summe auf 70.000 US-Dollar, wie es bereits mit dem Tennis-Weltverband ITF besprochen ist, während die Kategorie mit W 75 (für die Weltranglistenpunkte) bleibt. Der Vorstandsvorsitzende der christlichen Non-Profit-Sportorganisation „Sportler ruft Sportler“ (SRS), Daniel Mannweiler, erklärte, dass aus seiner Sicht das Niveau des Turniers von Jahr zu Jahr steige, „das ist schön zu sehen“. Das Turnier sei einzigartig, „so etwas gibt es nicht noch mal in Deutschland“, lobte Jan Hanelt, Vizepräsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) und Präsident des Tennis-Verbandes Rheinhessen, „wir brauchen solche Turniere, damit unsere Spielerinnen einfach in der Heimat spielen können.“ Via Programmheft stufte Dietloff von Arnim als Präsident des DTB die Konkurrenz ein: „Die Rewe Petz Ladies Open sind eines der größten ITF-Damenturniere in Deutschland und damit ein absolutes Highlight im Turnierkalender und in der Region.“ Um es mit Mihais Worten auszudrücken: „Das derzeit Drittgrößte in der Welt nach Doha und Cancun.“
Avdeeva schnell 4:0 vorne
Das Finale bot nicht unbedingt Sport auf allerhöchstem Niveau. Avdeeva führte schnell mit 4:0, ehe Snigur ihr erstes Spiel gewann. Über 4:2 und 5:3 brachte die Akteurin, die seit fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen lebt, den ersten Satz nach Hause. Nach und nach kam Snigur besser in die Partie, sie glänzte teilweise durch famose Returns, die Avdeeva hin und wieder nicht erreichte. Dennoch schimpfte die Ukrainerin ab und an über Schieds- und Linienrichterentscheidungen, suchte taktische Lösungen im Zwiegespräch mit ihrem Vater. Die Entscheidung fiel im (ominösen) siebten Spiel des zweiten Durchgangs, als Snigur ihr Aufschlagspiel per Doppelfehler zum 3:4 abgab. Trotz zweier Breakbälle bei Avdeevas anschließendem Service schaffte sie nicht mehr die Wende. Snigurs Verlust des nächsten Aufschlagspiels setzte den Schlusspunkt unter die Partie vor ausverkauftem Haus.
Außenseiterinnen gewannen Doppel
Das Doppel-Finale entschieden nicht die an Nummer eins gesetzten Emily Appleton/Isabelle Haverlag (Großbritannien/Niederlande) für sich, sondern die „Underdogs“ Marie Benoit/Dalila Jakupovic (Belgien/Slowenien) mit 7:5, 7:6 (6). Appleton/Haverlag verpassten nach verlorenem ersten Satz im zweiten beim Stand von 6:3 im Tie-Break und drei Satzbällen die Chance, sich in den entscheidenden Match-Tie-Break zu retten. „Wir hatten einfach Spaß, wir fühlten uns hier pudelwohl“, nannte Benoit das Erfolgsrezept, „wir haben eine sehr schöne Woche erlebt und dass, obwohl wir das erste Mal überhaupt zusammengespielt haben.“ Ihre Partnerin sprach von einem „perfekten Turnier, der erste Sieg im jahr 2025 bedeutet mir viel.“ (vh)
Lokales: Altenkirchen & Umgebung
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