Mitfahrerbänke im Kreis Altenkirchen: Gut gedacht, aber kaum genutzt
Von Regina Morkramer
Mitten in der Coronazeit waren sie plötzlich aufgetaucht: Der Kreis Altenkirchen hatte im Jahr 2020 das Projekt "Mitfahrerbänke" umgesetzt. In Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr sollten sie die Möglichkeit bieten, in der ländlichen Region von A nach B mitgenommen zu werden. Nur leider wird diese Möglichkeit kaum genutzt.

Kreis Altenkirchen. Mitfahrerbänke sind öffentlich zugängliche Sitzbänke, meist an Hauptstraßen gelegen. Wer fernab vom Bahnverkehr und abseits des Busfahrplans eine Mitfahrgelegenheit sucht, setzt sich dort hin, stellt seinen Zielort beziehungsweise Fahrtenwunsch durch entsprechende Richtungsschilder an der Anzeigentafel ein und wird alsbald kostenlos von einem freundlichen Autofahrer mitgenommen - so die Theorie. Doch in der Praxis hat sich das Projekt zumindest im Kreis Altenkirchen nicht wirklich durchsetzen können. Selbst der freundlichste und bestgewillteste Autofahrer sieht selten (man möchte sagen: nie) einen potenziellen Mitfahrer auf den Bänken sitzen. Auch die fehlenden Angaben an der Anzeigentafel lassen vermuten, dass diese schon lange nicht mehr (noch nie?) genutzt wurden.
Dabei ist der Gedanke dahinter durchaus nachvollziehbar: Menschen fahren im Sinne des Klimaschutzes zusammen statt alleine, es ergeben sich soziale Kontakte und die Möglichkeiten der Mobilität erweitern sich. 65 Westerwälder Mitfahrerbänke stehen im Kreis Altenkirchen auf 60 Ortsgemeinden verteilt. Rund 134.000 Euro kostete das Projekt der "LEADER Region Westerwald-Sieg" insgesamt, etwa 100.000 Euro davon wurde durch das LEADER-Förderprogramm übernommen.
Doch zum einen war der Zeitpunkt der offiziellen Eröffnung am Anfang der Corona-Pandemie denkbar schlecht gewählt. Schließlich durfte man Menschen aus anderen Haushalten gar nicht erst im Auto mitnehmen. Wer die Bänke im Frühjahr 2020 also gleich einmal ausprobieren wollte, hatte gar keine Chance dazu. Das wiederum konnte man zu Beginn des Projekts aber nicht ahnen: Erste Pläne gab es bereits im Jahr 2017, im Sommer 2018 wurde der Förderantrag bei der ADD Trier eingereicht. Doch auch im weiteren Verlauf der Jahre, als Corona im Alltag kaum noch eine Rolle spielte, fanden die Mitfahrerbänke kaum Akzeptanz in der Bevölkerung.
Verantwortliche sehen weiterhin Potenzial in Mitfahrerbänken
Ein Projekt also, das in den Sand gesetzt wurde? So würde das Lars Kober, damaliger Projektverantwortlicher der Altenkirchener Kreisverwaltung, nicht sehen. "Die Einführung der Mitfahrerbänke war ein innovativer Ansatz, um die Mobilität im ländlichen Raum zu verbessern. Subjektiv betrachtet scheinen die Mitfahrerbänke nicht flächendeckend und regelmäßig genutzt zu werden. Dennoch sehe ich weiterhin Potenzial in dem Konzept." Denn die Mitfahrerbänke bieten "eine einfache, kostengünstige und umweltfreundliche Möglichkeit für Menschen, insbesondere in Regionen mit eingeschränktem ÖPNV-Angebot, flexibler unterwegs zu sein", führt Kober aus. Aber: "Der Nutzen für die Menschen im Kreis Altenkirchen hängt letztlich davon ab, wie gut das System angenommen wird." In anderen ländlichen Regionen gebe es durchaus positive Erfahrungen mit dem Konzept. Entscheidend sei, dass das Angebot auch aktiv genutzt werde.
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Genau das ist im Kreis Altenkirchen kaum bis gar nicht der Fall. Über die Gründe kann man - abgesehen von den Startschwierigkeiten während der Corona-Pandemie - nur spekulieren. In Anbetracht dessen, dass es gerade auf dem Land oft Beschwerden über fehlende Mobilitätsangebote gibt, können Mitfahrerbänke durchaus Sinn machen. Welchen Mehrwert sie bieten, wird aber gar nicht erst herausgefunden. Dabei könne es sein, dass sich durch die aktive Nutzung und damit "durch positive Erfahrungen ein Nutzen bildet", so Kober.
Kaum Instandhaltungskosten
Erweitert werden soll das Projekt aber offenbar nicht, heißt es vonseiten der Kreisverwaltung; "grundsätzlich wäre eine Erweiterung des bestehenden Netzes jedoch ohne größeren Aufwand möglich." Die gute Nachricht: Weitere Kosten verursachen die 65 kaum genutzten Mitfahrerbänke nicht. Eine Instandhaltung der Bänke sei in der Regel nicht erforderlich, da sie wartungsarm konzipiert wurden. "Im Falle von kleineren Schäden (Vandalismus), die gerade zu Projektbeginn auftraten, konnten wir diese mit den Verbandsgemeindeverwaltungen unbürokratisch beheben."
Ganz die Hoffnung aufgeben will man aber auch nicht. Auch wenn keinen größeren Maßnahmen mehr geplant seien, um die Mitfahrerbänke nach dem verpatzten Start während Corona doch noch ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, weist das LEADER-Regionalmanagement beispielsweise regelmäßig auf Veranstaltungen auf das Mobilitätsangebot hin, um die Bekanntheit zu steigern. Zudem besteht weiterhin die Website mitfahrerbank-ww.de, auf der alle Informationen zur Verfügung stehen. (rm)
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