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Nachricht vom 27.03.2025    

Priester wegen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt

Von Wolfgang Rabsch

Beim Schöffengericht in Montabaur fand am Mittwoch, 26. März eine Verhandlung statt, die nicht nur im Westerwald, auch landesweit, für großes Aufsehen sorgte. Einen solchen Auftrieb erlebt das Amtsgericht Montabaur nicht alle Tage, denn es waren TV-Sender und etliche Vertreter der schreibenden Presse vor Ort, um zu berichten. Das übergroße Interesse der Medien ist auch dadurch begründet, dass zurzeit sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche kein Tabuthema mehr ist.

Fotograf: Wolfgang Rabsch

Was war der Grund für das große mediale Interesse?
Einem 50-jährigen Priester, der jetzt seinen Wohnsitz im Westerwaldkreis hat, wird seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgeworfen, im Oktober 2019 in Ruggel (Liechtenstein), als Priester und Religionslehrer, ein damals achtjähriges Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Unter einem Vorwand soll er das Mädchen in das Pfarrhaus der Gemeinde Ruggel gelockt haben, sie aufgefordert, sich dort auf einen Tisch oder eine Couch zu legen. Dort soll er das T-Shirt des Mädchens nach oben geschoben und mit einer Massagebürste über ihre entblößte Brust gestrichen haben. Dies soll gegen den Willen des Kindes geschehen sein, da es ihr sehr unangenehm war.

Nach dem Verlesen der Anklageschrift stellte der Vorsitzende Richter Groß fest, dass keinerlei Absprachen zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden hätten.

Der Angeklagte bestreitet den sexuellen Missbrauch
Der Angeklagte, der die Öffentlichkeit im Vorfeld suchte, da er in den sozialen Medien mit Klarnamen über das Unrecht berichtete, das ihm angetan wird, bestritt den Tatvorwurf und sieht sich als Opfer einer angeblichen Verflechtung der Liechtensteiner Justiz und Kirche. Zum Tatvorwurf erklärte er, dass er mit etwa 15 Kindern eine Probestunde durchgeführt habe, weil sie in der folgenden Woche offiziell in der Kirche als Ministranten geweiht werden sollten. Jedes Kind bekam am Ende der Probestunde ein sogenanntes „Ministrantenbüchlein“, in dem nochmals alles nachzulesen war. Ein Büchlein fehlte, um es auch der Achtjährigen zu geben. Darum nahm er das Kind mit in das neben der Kirche liegende Pfarrhaus. Sie konnte sich dort umsehen, während er das besagte Büchlein holen wollte; sämtliche Türen im Pfarrhaus standen offen. Als er nach etwa zwei Minuten das Büchlein gefunden hatte, verließ er wieder das Pfarrhaus, ohne dass es nach seiner Darstellung zu sexuellen Kontakten gekommen sei. Der Angeklagte betonte, dass er keinerlei sexuelle Neigungen zu Kindern habe und keine Pornos schaue, da er streng nach den Regeln des Zölibats lebe.

Auf Vorhalt des Gerichts, dass auf seinem beschlagnahmten Handy Nacktbilder von Kindern und Pornos vorgefunden worden seien, erklärte der Angeklagte: „Mein Handy muss manipuliert oder gehackt worden sein, um mir zu schaden. Nachdem der Tatvorwurf in der kleinen Gemeinde publik wurde, konnte ich nichts mehr essen und habe innerhalb kürzester Zeit 40 Kilogramm abgenommen, auch nachdem der Gemeinderat Ruggel beschlossen hatte, dass ich nicht mehr unterrichten dürfe.“ Auf Anraten der Kirche in Liechtenstein habe er gekündigt und sei in den Westerwald zu seinen pflegebedürftigen Eltern gezogen. Das Erzbistum Limburg habe ihm untersagt, das Priesteramt weiter auszuüben. So hätte er kein Einkommen und würde von seinen Eltern und Spenden leben.

Die heute dreizehnjährige Zeugin aus Ruggel war mit ihrem Vater aus Liechtenstein bei Gericht erschienen. Während ihrer Vernehmung wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da auch schutzwürdige Interessen aus ihrer Intimsphäre erörtert wurden. Der Vater der Zeugin sagte anschließend aus, nachdem die Öffentlichkeit wiederhergestellt war. Er bekundete, dass seine Tochter noch am Tag des Vorfalls zu Hause berichtete, was im Pfarrhaus geschehen sei. Der Pfarrer habe sie an Bauch, Brust und Schulter massiert. Seine Tochter sei zwar nicht traumatisiert gewesen, trotzdem hätten sie als Eltern ihrem Kind vorsorglich psychologische Hilfe zukommen lassen. Der Fall habe auch in Liechtenstein großes mediales Interesse erzeugt, wodurch seine Tochter belastet worden sei. Nachdem der Angeklagte in Liechtenstein freigesprochen wurde, haben sie als Eltern das Verfahren weiter betrieben, weil sie überzeugt waren, dass ihrer Tochter durch den Freispruch Unrecht geschehen sei.



Als nächste Zeugin berichtete die Sachbearbeiterin von der Landespolizei Liechtenstein, dass sie die Zeugin und den Angeklagten vernommen habe. Die Aussagen der damals achtjährigen Zeugin seien glaubhaft gewesen. Dabei habe sie keinen Belastungseifer gezeigt. Der Angeklagte habe ihr gegenüber angegeben, Pornos zu konsumieren, und eingeräumt, dass die Kinderfotos von ihm stammen könnten.

Die Videoaufzeichnungen der Vernehmungen der Zeugin bei der Landespolizei und beim Ermittlungsrichter in Liechtenstein wurden über Monitor vorgeführt. Der Verteidiger des Angeklagten stellte nunmehr mehrere Beweisanträge: die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin, die Einholung eines forensischen Gutachtens im Hinblick auf DNA-Spuren, die Vernehmung weiterer Zeugen sowie die Überprüfung der Telefonrechnung des Angeklagten. Sämtliche Beweisanträge wurden nach Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Nachdem festgestellt wurde, dass im BZR keine Vorstrafe eingetragen ist, konnte die Beweisaufnahme geschlossen werden.

Die Plädoyer
Die Staatsanwaltschaft beantragte, den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten zu verurteilen, die jedoch auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Tatnachweis sei erbracht und eindeutig nachgewiesen. Die Zeugin habe in ihrer damaligen Aussage, genau wie in der heutigen vor dem Amtsgericht Montabaur, keinen übertriebenen Belastungseifer gezeigt und sei daher glaubhaft. Verwerflich sei der Vertrauensbruch durch den Angeklagten und daher strafschärfend.

Der Vertreter der Nebenklage schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an, beantragte jedoch eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten. Der Verteidiger des Angeklagten forderte Freispruch, da viele Indizien Zweifel an der Tat aufkommen ließen. Der Angeklagte verlor in seinem letzten Wort die Fassung und stellte sich als das eigentliche Opfer dar. Er bezeichnete Polizei, Justiz und Kirche in Liechtenstein als korrupt und meinte, sie hätten ihn in einem „Zwergenstaat“ zu Unrecht der Tat beschuldigt. „Mein Leben ist in den Müll geworfen worden, ich bin Priester aus Überzeugung geworden und könnte nie einem Kind etwas Schlimmes antun.“

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wird wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird.

Richter Groß begründete das Urteil mit der Feststellung, dass die Schilderung der Zeugin glaubhaft und ohne Belastungseifer gewesen sei. Es sei auch kein Motiv erkennbar gewesen, warum die Zeugin den Angeklagten hätte belasten sollen. Der Angeklagte habe eine Grenzüberschreitung begangen und sei dafür zur Rechenschaft zu ziehen gewesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da keine Erklärungen zum Urteilsspruch erfolgten.

Hinweis:
Machen Sie sich Sorgen um ein Kind oder suchen für sich selbst Hilfe und Unterstützung? - Sprechen Sie darüber. Auf dem Hilfe-Portal sexueller Missbrauch unter www.hilfe-portal-missbrauch.de finden Sie vertrauliche und professionelle Hilfe per Telefon, Online-Beratung oder im persönlichen Gespräch durch Fachkräfte, die auf das Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche spezialisiert sind.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel basiert ausschließlich auf Informationen aus öffentlichen Gerichtsverhandlungen, offiziellen Pressegesprächen und Gutachten, die im Rahmen des Prozesses veröffentlicht wurden. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der zitierten Aussagen, die direkt den offiziellen Quellen entnommen sind.


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