Nicole nörgelt … über das Bildungsbürgertum und Ziellosigkeit
Von Nicole
GLOSSE | Bildung? Wo kann man das kaufen? So könnte die Frage lauten, die von vielen Leuten gestellt wird, wenn Begriffe wie Intellektualität, Bildung und Allgemeinwissen plötzlich wie drohende Gestalten im Raum stehen.

GLOSSE! Das mag jetzt überspitzt klingen, aber leider sind wir in unserer Gesellschaft an einem Punkt angekommen, an dem Bildung und Allgemeinwissen ganz unten auf der Liste der zu erreichenden Ziele stehen, so es denn überhaupt Ziele gibt, die sich manche Menschen noch stecken. Aber was will man denn auch in einer Gesellschaft erwarten, in der ab morgens in den Trash-TV-Sendern gezeigt wird, wie man am besten ohne Schulbildung, ohne Arbeit und ohne Leistungsbereitschaft durchs Leben kommt?
Früher war alles besser?
Das stimmt so mit Sicherheit nicht, aber es gibt schon einige Dinge, die den heutigen Jugendlichen gut zu Gesicht stehen würden. Wenn heute Torben-Iltis-Rübenkopf durch eine Prüfung fällt, heißt es nicht von Zuhause: "Jetzt wird sich für die Wiederholung mal auf den Hosenboden gesetzt und weniger gechillt." Nein, Schuld ist natürlich nicht der eigene Zögling, sondern die bösen Lehrer, das System, der Prüfungsdruck und so weiter. Wenn wir früher unsere Hausaufgaben schlampig gemacht oder nicht ausreichend gelernt hatten, gab es eine kurze Ansage vom Lehrer, dass das gefälligst bis zum nächsten Tag ordentlich zu sein hat. Und keiner wäre auf die bescheuerte Idee gekommen, sich darüber zu Hause zu beschweren, dann hätte es nämlich gerade noch eine Ansage obendrauf gegeben. Was wir daraus gelernt haben? Ganz einfach – dass man sich anstrengen muss, wenn man etwas erreichen will und dass nur Zuverlässigkeit, Fleiß und Anstand einen im Leben wirklich weiter bringen.
Gen-Z mit Z für Ziellosigkeit
Das gilt mit Sicherheit nicht für alle Jugendlichen dieser Generation. Es gibt inzwischen zwei Lager bei den Jugendlichen dieser Generation – die total Zielstrebigen, die sich ehrenamtlich engagieren und genau wissen, was sie wollen und die, die einfach ziellos vor sich hin dümpeln, den ganzen Tag TikTok-Videos schauen und "ihre Base chillen". Leider ist die zuerst erwähnte Gruppe die verschwindend geringe, was die Anzahl angeht. Die zweite Gruppe bildet die Mehrheit. Und irgendwie stehen Eltern, Lehrer und Ausbilder vor einem Rätsel, wie man dem entgegenwirken kann.
Falsche Vorbilder?
Aber warum sollen sich unsere Jugendlichen auch für irgendetwas anstrengen, wenn es ja gar nicht nötig ist? Mama und Papa werden schon alles regeln und vorgelebt wird ihnen unter anderem von der Politik ja auch, dass man ohne fundierte Ausbildung und teilweise auch ohne Allgemeinbildung in der Politik eine gut bezahlte Karriere machen kann. Und wenn es mit der Politik nicht klappt, dann wird man eben Influencer (ob hier die Namensähnlichkeit zu einer bekannten Viruserkrankung vielleicht doch etwas zu sagen hat?) oder TikTok-Star. Dafür muss man weder eine Fremdsprache noch Mathematik können, leider haben diese Leute aber auch alle kein Wissen über Sozialversicherungen, Altersvorsorge und Rente. Da wird einfach in den Tag hinein gelebt, ohne sich Gedanken zu machen, wer den ganzen Spaß finanzieren soll, wenn man dann mal krank wird oder wovon man leben will, wenn das Influencer-Leben mal vorbei ist. Etwas, das übrigens schneller passieren kann, als man denkt. Denn es gibt kaum etwas, das schnelllebiger ist als das Internet (auch wenn es kleine und große Sünden nie vergisst).
Zeit, dass sich was dreht
Es wird Zeit – Zeit, dass sich etwas ändert. Und dafür müssen alle an einem Strang ziehen – vor allem die Eltern, aber auch die Schulen und die Regierung. Es kann nicht sein, dass wir 20 Prozent Schulabgänger haben, die noch nicht einmal richtig lesen, schreiben und rechnen können. Es kann auch nicht sein, dass knapp die Hälfte aller Erstklässler sich die Schuhe nicht binden oder alleine zur Toilette gehen können. Da sind nicht die Lehrer oder die Erzieher gefragt, das ist Aufgabe der Eltern, denn wer ein Kind in diese Welt setzt, der hat nicht nur Recht auf Kindergeld, Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub, sondern auch die Pflicht, sich um dieses Kind zu kümmern und es aufs Leben vorzubereiten. Nicht den Weg für das Kind, sondern das Kind für den Weg vorbereiten – das ist die Devise. Nicht jeder muss studieren oder einen Verwaltungsposten haben, aber zur Bildung gehören auch Dinge wie Anstand, Fleiß und Ehrlichkeit. Tugenden, die dieses Land einmal zu einem der führenden Länder gemacht haben, was Wirtschaftskraft angeht. Da müssen wir wieder hin, da führt schlicht kein Weg dran vorbei, wenn wir nicht unsere Wirtschaft an die Wand fahren wollen.
In diesem Sinne, liebe Leser, nehmen Sie sich statt TikTok, YouTube und Instagram einfach mal wieder ein Buch (das sind die Dinger aus Papier, wo man Seiten nicht wischen kann, sondern umblättern muss), lesen Sie Ihren Kindern und Enkelkindern vor und schauen Sie ein wenig nach links und rechts im Alltag. Denn sonst geht unsere Gesellschaft früher oder später wirklich vor die Hunde.
Ihre Nicole
Definition einer Glosse
Als Glosse wird ein kurzer journalistischer Text bezeichnet, in dem sich der Autor mit aktuellen Nachrichten auf satirische Art und Weise auseinandersetzt. Die Themen einer Glosse können sowohl gesellschaftlich wichtig als auch witzig oder kurios sein.
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Nicole nörgelt
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