Klinik-Zukunft: Zwei Ex-DRK-Hospitäler jeweils auf dem Weg unter eine neue Haube
Die Zukunft für zwei Kliniken im nördlichen Rheinland-Pfalz nach dem Rückzug des DRK als Träger nimmt Konturen an. Für die Hospitäler in Kirchen und Hachenburg zeichnen sich Lösungen ab; nur das in Altenkirchen scheint seinen Status als Medizinisches Versorgungszentrum nicht loswerden zu können.

Kreis Altenkirchen. Hatten die Landkreise Altenkirchen und Westerwald jeweils ihre Bereitschaft erklärt, den ehemaligen DRK-Krankenhäusern in Kirchen und Hachenburg finanziell unter die Arme zu greifen, um den Fortbestand unter neuen Trägern mit auf den Weg zu bringen, scheint für die Klinik in Altenkirchen das Attribut „Medizinisches Versorgungszentrum“ in Stein gemeißelt. Für das Hospital in Kirchen könnte der neue Träger „Diakonie in Südwestfalen“, für das in Hachenburg evangelische Krankenhausgesellschaft Dierdorf/Selters heißen, wobei kolportiert wird, dass sich Hachenburger Mitarbeiter vehement gegen die Möglichkeit einer neuen Verantwortlichkeit aus dem Nachbarbundesland Nordrhein-Westfalen mit Händen und Füßen gewehrt haben sollen. Informiert wurden in der „Löwenstadt“ die Bediensteten des auf dem Papier noch existenten Verbundkrankenhauses Altenkirchen-Hachenburg über den Sachstand mit Blickrichtung neuer Träger am Montag (7. April) in einer Zusammenkunft, zu der der kaufmännische Direkter eben dieses Zusammenschlusses, Jürgen Ecker, gebeten hatte. „Die Kreisverwaltung Montabaur sowie das Gesundheitsministerium in Mainz haben ihre Zustimmung zu finanziellen Fördermaßnahmen (Kreisverwaltung = Anschubfinanzierung; Ministerium = Förderung Generalsanierung) bestätigt. Diese wurden dem Insolvenzverwalter vorgelegt, so dass die Vertragsentwürfe für eine Übernahme an das ev. Krankenhaus Dierdorf/Selters versendet wurden. Hier bedarf es nun einer detaillierten Abarbeitung der Vertragsbestandteile“, hatte Ecker formuliert.
Stationäre medizinische Versorgung gesichert
Dass die Klinik in Altenkirchen in der kompletten Gemengelage derzeit keine Rolle spielt, machte der rheinland-pfälzische Minister für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), in einer Antwort auf einen an ihn gerichteten „Offenen Brief“ der Bürgerinitiative „Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“ erneut unmissverständlich deutlich: „Zunächst ist im Landkreis Altenkirchen die stationäre medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser in Kirchen und Hachenburg im unmittelbar angrenzenden Westerwaldkreis auch heute sichergestellt. Das Krankenhaus in Altenkirchen ist deshalb und solange nicht sicherstellungsrelevant, wie es die sicherstellungsrelevanten Häuser in Kirchen und Hachenburg gibt. Aktuell ist bedauerlicherweise der öffentlichen Hand aber durch das Insolvenzverfahren der unmittelbare Zugriff entzogen, d.h. zurzeit kann alleine der Insolvenzverwalter entscheiden. Ich bin den Landräten und Gremien des Landkreises Altenkirchen und Westerwaldkreis aber sehr dankbar, dass sie ihrer Pflichtaufgabe zur Sicherstellung durch die Zahlungen kurzfristig nachgekommen sind.“
Konzentration im Krankenhaus in Altenkirchen
Hoch stellte dar: „Im ersten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung war mein Vorschlag, die Leistungen im Krankenhaus in Altenkirchen zu konzentrieren, um so insbesondere eine starke Kinderklinik mit Geburtshilfe, Pädiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie zu schaffen. Dies wurde vom Träger und den Beratern leider nicht weiter verfolgt. Da die Versorgung insgesamt auch durch Kirchen gesichert ist, habe ich hier keine Zugriffsmöglichkeit. Im aktuellen Verfahren war meine eindeutige Aussage im Kreistag Altenkirchen, dass es sehr überdenkenswert sein könnte, selbst Träger zu werden und damit eine Rekommunalisierung vorzusehen. Hier haben die Gremien andere Entscheidungen getroffen. Sollte sich im Insolvenzverfahren ein anderer Träger finden und die Versorgung so sichergestellt werden, ist der aktuell gewählte Weg aber natürlich auch gangbar. Der Landkreis hat so allerdings weniger Steuerungsmöglichkeiten, als wenn er selbst Träger geworden wäre – wie es übrigens bis zum Verkauf der Fall war. Wäre der Landkreis wieder Träger geworden, hätte er auch eine Entscheidung zugunsten von Altenkirchen treffen können.“
Veränderungen in der Trägerstruktur
Durch das laufende Insolvenzverfahren wird es laut Hoch Veränderungen in der Trägerstruktur geben. „Aus planerischer Sicht wäre aber ein größeres Zentralklinikum immer noch die präferierte Lösung, weil mehr und bessere medizinische Leistungen möglich wären. Auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt und die Fachkräfteentwicklung ist ein größeres Krankenhaus besser als mehrere kleine. Dabei haben wir – auch weil dieser Wunsch aus der Region an uns herangetragen wurde – erneut die Fahrtzeiten modelliert. Dabei ist ein Standort rund um Hachenburg der am besten geeignete – dies könnte auch Müschenbach sein, muss es aber nicht (wie Sie wissen, war Müschenbach vom Träger DRK vorgesehen, durch die Insolvenz ist der Begriff allenfalls Synonym für einen zentralen Neubau) – sodann folgt Kirchen und als am wenigsten geeignet zur flächendeckenden Versorgung ist der Standort Altenkirchen“, führte Hoch weiter aus. Er sei davon überzeugt, dass ein Zentralklinikum – mit zwei Regiokliniken an den anderen Standorten – die beste stationäre medizinische Versorgung abbilden würde. Sollte dies nicht kommen können, würden auch die beiden Standorte Kirchen und Hachenburg nebeneinander funktionieren - „allerdings weder mit den besseren Leistungsangeboten, noch mit der zukunftsfähigen Aufstellung über die demografische Entwicklung der nächsten 15 Jahre hinaus. Nicht gut wäre ein ,weiter so’ wie bisher“.
Andere Lösung lieber gewesen
Hoch bedauerte, dass es zu den „Insolvenzen beim DRK gekommen ist. Es sei Ihnen versichert, dass diese keinesfalls politisch die einfachere Lösung ist. Wie Ihnen erläutert, wäre mir eine andere Lösung lieber und diese auch möglich gewesen. Vor allem die Insolvenz in Eigenverwaltung war eine alleinige Trägerentscheidung, und ich habe sie auch immer als nicht zielführend bezeichnet; leider hat sich dies bewahrheitet. Insbesondere in Ihrer Region habe ich aber immer klar die Vorstellungen der Krankenhausplanung deutlich gemacht. Die Ergebnisse, die vor Ort – auch durch das Insolvenzverfahren – gefunden wurden, haben aber bisher nie diesen Vorstellungen entsprochen. Solange die Landkreise vor Ort den gesetzlichen Auftrag durch freie oder freigemeinnützige Träger erfüllen, bleibt der Einfluss der öffentlichen Hand begrenzt. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich mich bei den Koalitionsverhandlungen sehr für mehr Steuerungsmöglichkeiten der Länder eingesetzt habe, gerade um in unserem Flächenland Rheinland-Pfalz überall eine gute stationäre medizinische Versorgung sicherzustellen“.
103 Kündigungen in Neuwied
Das Drama um die Krankenhäuser in Altenkirchen, Hachenburg, Kirchen, Neuwied und Alzey unter dem Dach der DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz hatte im August 2023 mit deren erster Insolvenz begonnen, die in Eigenverantwortung beendet wurde. Im Dezember 2024 stellte die gGmbH den zweiten Antrag auf Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens, seit 1. März greifen nach den für ein vorläufiges die Vorschriften für das eigentliche Insolvenzverfahren, das Insolvenzverwalter Dr. Rainer Eckert betreut. Gleiches gilt für die DRK gemeinnützige Gesundheitsbetriebsgesellschaft Südwest mbH, die für die Medizinischen Versorgungszentren (auch Altenkirchen) verantwortlich war. Im Februar waren zudem die Muttergesellschaft, die DRK gemeinnützige Trägergesellschaft Süd-West mbH, zusammen mit den Tochtergesellschaften DRK gemeinnützige Gesellschaft für Geriatrie und Rehabilitation mbH und DRK Klinikgesellschaft Südwest mbH ebenfalls jeweils den Schritt in ein solches Verfahren gegangen. Für diese Gesellschaften sollen bis zur Verfahrenseröffnung Anfang Mai die maßgeblichen Wegrichtungen für Fortführungen unter neuen Trägermodellen feststehen. Aufgrund der gesamten Turbulenzen um die Hospitäler zog sich der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz auch noch aus dem Betrieb von Krankenhäusern komplett zurück. Die Marienhaus-Gruppe übernahm die ehemalige DRK-Klinik in Neuwied, zeitgleich wurde 103 Menschen gekündigt. Die Gruppe ist nach SWR-Angaben einer der großen christlichen Träger sozialer Einrichtungen in Deutschland. Rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei dem Träger in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland beschäftigt. Sie betreibt Kliniken an 15 Standorten. Die Marienhaus GmbH hat ihren Sitz in Waldbreitbach. Der Plan für den Standort Alzey sieht eine komplette Rekommunalisierung vor.
Gelebter Alltag in zwei Häusern
Die Homepage des Krankenhausverbundes Dierdorf/Selters beschreibt (Auszüge): „Zwei Standorte, ein Krankenhaus: Das ist begründet in der Historie und heute gelebter Alltag in unseren beiden Häusern im Westerwald. Das evangelische Krankenhaus in Dierdorf und Selters hat sich für die Zukunft gut gerüstet. Es verfügt über wesentliche medizinische Facheinrichtungen in insgesamt sieben Hauptabteilungen und einer Belegabteilung. Über 9000 stationäre und 50.000 ambulante Patienten werden pro Jahr behandelt. Etwa 530 Menschen finden in beiden Häusern derzeit Arbeit. Die Geschichte der beiden Häuser geht bis ins Jahr 1886 mit der Eröffnung des Johanniter-Krankenhauses in Dierdorf zurück, 1894 wurde in Selters eine Schwesternstation mit einer Gemeindeschwester eingerichtet, die sich im Laufe der Jahre zu einem Krankenhaus entwickelte. 1981 fusionierten das Johanniter-Krankenhaus in Dierdorf und das Evangelische Krankenhaus Selters zum heutigen evangelischen und Johanniter-Krankenhaus Dierdorf/Selters. 2008 wurde die Generalsanierung der Betriebsstätte in Dierdorf beendet.“ (vh)
Lokales: Altenkirchen & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion