Stadthalle Altenkirchen: Neue Lüftungsanlage und Wiedereröffnung in Teilbereichen
Im zweiten Anlauf geschafft: Der Altenkirchener Stadtrat hat sich mehrheitlich entschieden, der Asbestbelastung in der Lüftungsanlage der Stadthalle den Garaus zu machen und die gute Stube in Teilbereichen wieder zu öffnen. Sie war aufgrund des gesundheitsgefährdenden Umstandes am 31. Juli 2021 komplett geschlossen worden.

Altenkirchen. Aufatmen in Altenkirchen und Umgebung: Der Altenkirchener Stadtrat gab in einer außerplanmäßigen Zusammenkunft am späten Montagnachmittag (28. April) mehrheitlich mit 13 Ja- und zwei Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen grünes Licht für die Wiedereröffnung der Stadthalle in Teilbereichen. Voraussetzung ist die Installation einer neuen Lüftungsanlage, um die Asbestbelastung in der alten, die zum kompletten Aus am 31. Juli 2021 geführt hatte, zu verbannen. Einher damit gehen Kosten in Höhe von rund 220.000 Euro, hinzu gesellen sich in diesem Jahr weitere Ausgaben in Höhe von rund 18.000 Euro (Personalkosten Hausmeister, Heizkosten, Strom, etc.). Bei den insgesamt 238.000 Euro handelt es sich um eine überplanmäßige Ausgabe, dem das Gremium ebenfalls seinen Segen ohne Widerspruch erteilte. Die Finanzierung erfolgt aus liquiden Mitteln. Die Stadt hatte laut der Kämmerin der Verbandsgemeindeverwaltung Altenkirchen-Flammersfeld, Annette Stinner, beispielsweise im Jahr 2024 rund 60.000 Euro an laufenden Kosten (ohne Hausmeister) für das Objekt stemmen müssen. Nach Abschluss der Arbeiten können genutzt werden: Saal (groß und klein mit geöffneter Trennwand), Bühne, Künstlergarderobe, Saalfoyer ohne Thekenbereich (wenn möglich wird der Ausschank auch noch mit frischer Luft versorgt), Eingangsfoyer, Garderoben- und Toilettenbereich. Der Einbau eines nachhaltigen Lüftungsgerätes mit separater Steuerung inklusive Wärmepumpeneinheit erfolgt auf dem Dach. Eine Prüfung der Tragfähigkeit durch ein Ingenieurbüro liegt vor und ergab keinen Einwand. Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz wurde ermächtigt, die Aufträge zu vergeben. In den zurückliegenden Jahren hatte sich gezeigt, dass es in Altenkirchen kaum Räumlichkeiten gibt, um größere Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern auszurichten. Der Beschluss (der erste Versuch war am 3. April wegen zusätzlichen Beratungsbedarfs in den Fraktionen nach der Vorlage neuer Investitionszahlen vertagt worden) erfreut gewiss auch Helmut Nöllgen, den Hauptorganisator der kulturellen Veranstaltungen in und rund um Altenkirchen, der somit seine über Jahrzehnte genutzte „alte Spielstätte“ wieder mit Beschlag belegen kann. Die Realisierung des Projektes kann voraussichtlich von Juli diesen Jahres an erfolgen, so dass die Nutzung voraussichtlich von August oder September 2025 an möglich ist. Die in Auftrag gegebene Wirtschaftlichkeitsberechnung (Komplettsanierung der bestehenden Stadthalle/Neubau am gleichen Standort/Neubau an einem anderen Standort) bleibt von der avisierten Teilöffnung unberührt, wobei mit dem Start der präferierten Variante nicht vor 2028/2029 zu rechnen ist.
Teil der kulturellen Daseinsvorsorge
„Der Bedarf für einen großen Veranstaltungsort in Altenkirchen ist gegeben“, erklärte Lindenpütz nicht nur mit Blickrichtung Kultur, sondern auch auf Zusammenkünfte von Vereinen, Schulabschluss- oder Familienfeiern. Er kündigte für das zweite Quartal noch die Vorlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung an, betonte jedoch auch, dass eine neue oder eine sanierte Stadthalle nicht nächstes oder übernächstes Jahr zur Verfügung stehe werde. „Ich weiß, das ist eine Menge Geld“, fügte Lindenpütz an, wertete die Stadthalle aber auch als „Teil der kulturellen Daseinsfürsorge, als Teil der Identifizierung mit der Stadt Altenkirchen“. Gleichfalls verwies er darauf, dass der Betrieb einer Stadthalle nicht kostendeckend erfolgen könne. Lindenpütz sah das reine „Lüftungsgerät“ (Kosten rund 77.400 Euro) als nachhaltig an, es könne, wenn die Variante Sanierung greife, als Teil dieser funktionieren oder im Falle eines Neubaus verkauft werden. Dr. Kristianna Becker (CDU) blickte auf die zurückliegenden Monate zurück, „in denen sich sehr, sehr intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt wurde. Die Nutzung des Festsaals wird ein erheblicher Gewinn für unsere Stadt“. Für eine Kreisstadt sei es ganz schön bitter, keinen großen Versammlungsraum zu haben. Viele Bürger sähen eine Reaktivierung positiv, „wir geben ein starkes Signal nach außen“.
Stadt der Kultur, die „atmet und lebt“
Jürgen Kugelmeier (FWG) malte ein düsteres Bild von Altenkirchen im Jahr 2030 für den Fall, dass es keine geeignete Stätte für kulturelle Veranstaltungen oder für die von Vereinen gebe. Deswegen gehe es darum, Altenkirchen lebendig zu halten als Stadt der Kultur, die „atmet und lebt. Wir stehen ein für die Zukunft unserer Stadt“. Als sehr wichtig und notwendig klassifizierte Daniela Hillmer-Spahr (SPD) die Diskussionen rund um das Thema. „Je tiefer wir in die Materie eingetaucht sind, umso höher wurden die Kosten“, berichtete sie und nannte die Reaktivierung eine freiwillige Leistung. Es könne sein, dass das Geld womöglich an anderer Stelle fehle. „Man muss auch deutlich machen, dass die Anmietung des Festsaals Geld kostet“, stellte sie heraus. Die Stadt Altenkirchen bar jeder Kultur erkannte Claudia Leibrock (Bündnisgrüne) nicht. Es gebe so viele Kleinode in diesem Bereich („die ich nicht missen möchte“), es sei erstaunlich, welche Veranstaltungsorte nutzbar gemacht worden seien. Aber auch sie plädierte für die Investition, zumal das Kulturbüro, von dem der Anstoß zu dieser Maßnahme wohl gekommen sei, Altenkirchen in der Kulturszene überregional bekannt gemacht habe. „Altenkirchen hat es verdient, einen Veranstaltungsort in der Stadt zu bekommen“, meinte Thomas Roos (FDP), ein bestehender Veranstaltungsort sei Gold wert. Die Bevölkerung habe es verdient, einen Veranstaltungsort in Gang zu setzen. So ganz ohne Kritik ließ Roos die gute Stube aber nicht davonkommen: „Die Stadthalle ist seit ihrer Eröffnung nicht besser geworden. Ich habe sie von Anfang als nicht gelungen erachtet. Sie ist nicht behindertengerecht. Es gibt kaum Parkmöglichkeiten. Ich finde die Stadthalle in diesem Konzept nicht gut.“
Die Geschichte der Stadthalle
Die Geschichte einer Stadthalle am jetzigen Standort reicht bis in den Anfang der 1920er-Jahre mit dem Baubeginn der ersten Variante zurück, die 1924 eingeweiht wurde und den Bombenterror der Alliierten Luftstreitkräfte im Frühjahr 1945 so gut wie unbeschadet überstand. Die Umsetzung des neuen Verkehrskonzeptes mit der Innerortsumgehung und der Fußgängerzone bedingte den Abriss des alten Gebäudes, an dessen Stelle nach rund zweieinhalbjähriger Bauzeit das Folgemodell mit der Eröffnung am 14. April 1984 trat. Über Jahre hinweg war der Komplex mit den Sälen, Restaurant, Union-Kino-Center und Kegelbahnen gut ausgelastet, ehe im Frühjahr 2011 die ersten dunklen Wolken am Himmel über dem Treffpunkt aufzogen. Zum 31. Mai schlossen die beiden Lichtspieltheater. Nur ein knappes Jahr später, im Februar 2012, prangerte der Landesrechnungshof das Defizit aus dem Betrieb der Stadthalle an, das sich pro Jahr auf rund 250.000 Euro belief. Parallel wurde dem Pächter des Restaurants zum 30. Juni gekündigt, so dass auch die Kegelbahnen und die Bierstube im Untergeschoss dicht gemacht werden mussten. Versuche, neue Betreiber für die Gaststätte zu verpflichten, scheiterten. Veranstaltungen mit im Laufe der Jahre unterschiedlichen Caterern waren bis zur Schließung möglich. (vh)
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