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Nachricht vom 06.09.2012    

Ruanda-AG des Kopernikus Gymnasiums lud zum Vortrag

Im Rahmen der Ruanda-Aktionswoche, die anlässlich des 30-jährigen Partnerschaftsjubiläums zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda stattfindet, folgten am Donnerstagabend zahlreiche Gäste der Einladung der Ruanda-AG ins Kopernikus Gymnasiums in Wissen, wo Michael Nieden, Leiter der Geschäftsstelle des Partnerschaftsvereins in Mainz, einen Vortrag hielt.

Sarah Faßbender (links) und Winfried Möller-Rosenbaum (rechts), Leiterin und Leiter der Ruanda-AG, freuten sich Michael Nieden (Mitte), Leiter der Geschäftsstelle des Partnerschaftsvereins in Mainz, im Kopernikus Gymnasiums begrüßen zu können. (Fotos: Bianca Klüser)

Wissen/Sieg. Die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass findet vom 3. bis 9. September eine landesweite Ruanda-Aktionswoche statt, im Rahmen derer sich auch die Ruanda-AG des Kopernikus Gymnasium Wissen, unter Leitung der Lehrkräfte Sarah Faßbender und Winfried Möller-Rosenbaum, engagierte und am Donnerstagabend zu einem Vortrag von Michael Nieden, Leiter der Geschäftsstelle des Partnerschaftsvereins in Mainz, einlud. Die Veranstaltung erfreute sich zahlreicher Gäste, darunter auch Vertreter der Politik wie die beiden Landtagsabgeordneten Michael Wäschenbach und Thorsten Wehner sowie die beiden Verbandgemeindebürgermeister Konrad Schwan (Gebhardshain) und Michael Wagener (Wissen).

Sarah Faßbender, Lehrerin und Leiterin der Ruanda-AG des Kopernikus Gymnasiums, begrüßte alle Anwesenden herzlich zu der Veranstaltung im Rahmen der Ruanda-Aktionswoche. Studiendirektorin Elisabeth Wieschollek hieß die Gäste im Namen der Schulleitung des Kopernikus Gymnasiums willkommen „Wir sind stolz, so viele Leute begrüßen zu dürfen“, so Wieschollek, wünschte allen einen angenehmen und informativen Abend und verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Engagement der Ruanda-AG und des Kopernikus Gymnasiums im Rahmen des diesjährigen Jahrmarkts in Wissen.

Dann trat Michael Nieden, Leiter der Geschäftsstelle des Partnerschaftsvereins in Mainz, ans Rednerpult. Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person verwies er auf die zweigeteilte Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und dem afrikanischen Land Ruanda, bestehend aus dem Ruandareferat innerhalb des Ministeriums sowie dem Partnerschaftsverein, der neben der Verantwortung für Projekte in Ruanda auch eine Art Bürofunktion innehabe. In seiner Präsentation wolle er, so Nieden zu Beginn, das Land Ruanda vorstellen und dabei auf die geographische Lage, die Geschichte sowie heutige Zahlen und Fakten eingehen. Ruanda erlebe gerade eine gesellschaftliche Entwicklung ohnegleichen, die sich gewissermaßen am Singapur-Modell orientiere. In diesem Jahr können man auf eine 30-jährige Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda zurückblicken.

„Wir haben in dieser Zeit sehr viele interessante Diskussionen gehabt“, so Nieden und verwies auf die aktuelle Diskussion über das außenpolitische Verhalten der Regierung Ruandas. Betrachte man die geographische Lage, so stelle Ruanda das Bindeglied zwischen Ost- und Zentralafrika dar, ein Gebiet geprägt von einem milden, subtropischen Klima, weshalb man es auch das Land des ewigen Frühlings nenne. „Ruanda leistet sich drei Nationalparks“, erläuterte Nieden weiter und wies auf deren Bedeutung als Einnahmequelle im Tourismusgeschäft hin. Mit elf Millionen Einwohnern auf einer Fläche etwa so groß wie Rheinland-Pfalz und das Saarland zusammen stelle Ruanda das am dichten besiedelte Land Afrikas dar, das gleichzeitig den weltweit höchsten Frauenanteil im Parlament (51 Prozent) aufweise.
In Ruanda werde massive Aufklärungspolitik im Sinne von Umwelt- und Ressourcenschutz betrieben. Heute betrage die Einschulungsrate über 90 Prozent, wobei lediglich vier Prozent die Auszeichnung A erzielen, die zum Studieren berechtigt. Ganz Ruanda zähle 50.000 Studenten an seinen Universitäten. Seit 2000 betrage das durchschnittliche Wirtschaftswachstum rund sieben Prozent, wobei Kaffee und Tee, neben der neuen Sparte des Tourismus, die Haupteinnahmequellen darstellen. Lediglich 300.000 Einwohner seien im Besitz eines Angestelltenfestvertrages.
50 Prozent leben unter der Armutsgrenze. Der Gini Koeffizient zeige ferner, dass sich das Einkommen zunehmend ungleich verteile, die Schere zwischen Arm und Reich also weiter auseinander klaffe.

Im Folgenden richtete Nieden den Blick auf die Jahre des Bürgerkrieges 1990 bis 1994 und die unmittelbaren Folgejahre. Der Bürgerkrieg, so Nieder, sei ausgelöst worden durch Flüchtling im Ausland, überwiegend Tutsi, die einen Antrag auf Rückkehr stellten, jedoch von der Regierung aufgrund von Überbevölkerung abgelehnt worden seien, wehalb man gewaltsam versucht habe, die Rückkehr zu erzwingen. Im Rahmen der Völkermorde seien in nur 100 Tage rund eine Millionen Menschen ums Leben gekommen. Man könne den Bürgerkrieg zwischen Hutu und Tutsi sogar als einen Nachbarschaftsvölkermord bezeichnen. „Von dem ist das Land bis heute natürlich noch geprägt“, erklärte Nieden.
Nach 1994 habe man sich in Ruanda die Wiederaufarbeitung zum Ziel gesetzt. Heute versuche man eine friedliche Koexistenz aufzubauen. „Ich denke, das ist dem Land einigermaßen gelungen“, so Nieden und wies darauf hin, dass Opfer und Täter wieder nebeneinander leben. Das Versöhnen jedoch sei eine private Angelegenheit, die sicher noch einige Jahre in Anspruch nehmen werde. Auch verwies er auf den nationalen Konsens Ruandas „Wir sind alle Ruander“ und die mittlerweile untersagte Unterscheidung zwischen Hutu und Tutsi.

Das Land verfolge zudem eine wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung um jeden Preis. Das Land sei inzwischen Mitglied im Commonwealth sowie der Ostafrikanischen Union. Zudem verfolge man die Umsetzung dezentraler Strukturen, die mit einem unglaublichen Aktionismus einhergehen. Man lege Wert auf eine größere Aufklärung bei Themen wie HIV, Verhütung, Familienplanung und häuslicher Gewalt. Bei letzterem Thema stünden betroffenen Frauen sogar Polizistinnen als Ansprechpartner zur Verfügung. Neben einer strengen Umwelt- und Ressourcenpolitik, stehe auch eine erhebliche Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität im Mittelpunkt. Obwohl es gelinge zunehmend den Grundnahrungsmittelbedarf der Bevölkerung aus der Eigenproduktion zu decken, sehe man sich – auch wegen fehlenden Düngers – zunehmend mit dem Problem des Auslaugens von Böden konfrontiert.



Weitere Probleme seien auch das Nicht-Vorhandensein von Industrie und der Frage nach einem Ersatz im Dienstleistungssektor, die schwierige Infrastruktur, ebenso wie die starke Klimaabhängigkeit sowie Erosion und Entwaldung. Dennoch, so Nieden, entwickle sich das Land nach wie vor im positiven Sinne. Das Prinzip der Graswurzelpartnerschaft sei genial, so Nieden, das es ländliche Gebiete in Rheinland-Pfalz mit Regionen in Ruanda verbinde und die Menschen dort die Unterstützung zu schätzen wüssten. Man gebe jedoch lediglich Hilfe zur Selbsthilfe, wobei die Ruander die Vorschläge selbst formulieren.

Das Kopernikus Gymnasiums stelle eine von 200 Schulen in Rheinland-Pfalz dar, die mit einer Schule in Ruanda durch die Partnerschaft verbunden seien. Den Schwerpunkt der Projekte lege der Partnerschaftsverein auf Bildung sowie soziale und Mikroprojekte, ferne auf Infrastruktur, Gesundheitswesen und Sport. Herausforderungen für die Partnerschaft seien dabei der Generationenwechsel und damit verbunden der Wandel des jugendlichen Engagements weg vom Verein hin zu Projekten, der gesellschaftliche Wandel in beiden Ländern oder adäquate, zeitgemäße Inhalte für den Begriff des „Helfen-Wollen“ zu finden. Man verfolge mehr zivilgesellschaftliche Themen ebenso wie mehr Begegnung und Austausch.

„Ich kann die Schüler hier nur ermuntern nach Ruanda zu gehen“, so Nieden abschließend und zeigte einerseits Verständnis für die Vorbehalte der Eltern vor allem in Hinblick auf die Kosten, verwies aber ebenso auf die enormen Eindrücke, die den Schülerinnen und Schülern im Rahmen dieser Reise zuteilwerden würden. „Die Welt verändert sich“, so Nieden. Die Europäer nähmen dies jedoch oftmals gar nicht wirklich war. Daher sei es sinnvoll nach dem Abitur einen Auslandsaufenthalt einzuplanen.

Im Anschluss meldeten sich einige Stimmen aus dem Publikum zu Wort. Der Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach bezeichnete den zunehmenden Wunsch der Ruader Chinesisch zu erlernen als nachvollziehbar, blicke man etwa auf das starke Agieren Chinas in der Hilfspolitik. Dem stimmte Nieden zu. Die Chinesen seien auf den Weltmärkten mit klaren Interessen vertreten. Diese offensive Präsenz fehle Deutschland noch etwas.
Bürgermeister Konrad Schwan ergänzte, dass 1986 eine von Deutschland finanzierte Straße nach Süden in Ruanda von Chinesen gebaut worden sei, die fortan als chinesische Straße bezeichnet worden sei. Auch habe man eine Vielzahl asiatischer Fahrzeuge vorgefunden. Nieden ergänzte, dass Deutschland den afrikanischen Markt längst aufgegeben habe.
Winfried Möller-Rosenbaum, Lehrer und Leiter der Ruanda-AG des Kopernikus Gymnasiums, bat um Niedens Meinung zur umstrittenen Politik der Regierung unter Staatspräsident Paul Kagame. Dem entgegnete Nieden mit dem Grundproblem der Bevölkerungsentwicklung. Seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg sei Deutschland geprägt durch den Menschenrechtskatalog, mit dem die individuelle, persönliche Verwirklichung in den Vordergrund gerückt sei. Dies gestatten den Bürgern in gewisser Weise auch ihr relativer Reichtum sowie der Zugang zu Ressourcen. In Ruanda sei es vordergründig die Gesellschaft als solche voranzubringen, wobei das Individualrecht hinter das Allgemeinrecht zurücktrete, was von den Deutschen oftmals als autoritär empfunden werde. Kagame sehe ich einem Bevölkerungsdruck entgegengesetzt, der eine wirtschaftliche Entwicklung fordere, andernfalls seien soziale Auseinandersetzung, etwa zwischen Arm und Reich, zu erwarten. Auch die Rechtsprechung sei schwer zu verstehen, da das oberste Ziel stets das weitere Zusammenleben der Menschen darstelle. Auf die Frage, ob man trotz der vorherrschenden Armut sagen könnte, dass die Ruander mehr Lebensfreude an den Tag legen, entgegnete Nieden: „Die sind einfach gut drauf.“ Die Ruander besäßen den Optimismus nach vorne zu gehen, wohingegen die Deutschen stets alles hinterfragen und in allem Probleme sehen würden. Es herrsche ein großer Mentalitätsunterschied zwischen den Einwohnern der beiden Länder.

Als Dankeschön für den Vortrag und seine weite Reise von Mainz in das "Ostsibirien" von Rheinland-Pfalz überreichte Winfried Möller Rosenbaum Michael Nieden das kleine Buch „Deutschland Reise“ von Roger Willemsen, mit dem er sich auf seinen zahlreichen Arbeitsfahrten, die Zeit vertreiben könne, sollte er einmal in einem Stau landen. Außerdem gab es für den Referenten eine Flasche Basaltfeuer als weiteres Präsent.

Die Ruanda-AG des Kopernikus-Gymnasiums plant im nächsten Jahr selbst nach Ruanda zu reisen und die dortige Partnerschule zu besuchen. „Wir wollen gerne einmal unsere Partnerschule und eine andere Kultur kennenlernen“, so die 15-jährige Louisa. Mit 1500 Euro pro Personen spielt dabei auch ein erheblicher Kostenfaktor mit. Aus diesem Grund, so verriet Lehrerin Sarah Faßbender, sei die Ruanda-AG derzeit fleißig auf der Suche nach Sponsoren, die ihr Vorhaben unterstützen.
„Ich würde gerne nach Ruanda reisen, da es ein Entwicklungsland ist und deshalb eben nicht nur Touristen dorthin fahren“, so Schüler Janine, ebenfalls 15 Jahre alt. Aktuell engagieren sich 17 Schülerinnen und Schüler im Alter von 14-17 Jahren in der Ruanda-AG des Kopernikus Gymnasiums. Auch der 16-jährige Kai würde gerne nach Ruanda reisen: „Es ist mein persönliches Interesse ins Ausland zu reisen, um dort neue Menschen und andere Kulturen kennenzulernen“. „Er ist interessant die Landschaft zu sehen und wie die Menschen dort leben“, so der 14-jährige Lukas. Auch den kommenden Monaten wollen sich die Mitglieder der Ruanda-AG im Rahmen verschiedener Projekte für ihr Partnerschaftsland engagieren und weiter Spenden sammeln, um so einen Teil der Kosten ihrer Reise finanzieren zu können. (bk)


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