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Josef Zolk zu Mindestlöhnen
Die CDU wird sich auf Mindestlöhne festlegen. Es sei unanständig, wenn jemand nicht von seiner Arbeit leben kann, meint der Flammersfelder Bürgermeister Josef Zolk, der auch Mitglied im CDA-Bundesvorstand ist, in einem Interwiew mit mit der Tagespost, der katholischen Zeitschrift für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir veröffentlichen das Interview mit freundlicher Genehmigung des Verlages im Wortlaut.
Region. Der Mindestlohn wird zu einem zentralen Wahlkampftthema werden. Tagespost-Redakteur Johannes Seibel hat sich darüber mit Josef Zolk unterhalten. Der hauptamtliche Bürgermeister der Verbandsgemeinde Flammersfeld ist kooptiertes Mitglied des Bundesvorstandes der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), ehemaliger Vorsitzender der CDA Rheinland-Pfalz und war Mitglied der Kommission, die das CDU-Grundsatzprogramm erarbeitet hat.
Seibel: SPD-Chef Kurt Beck versucht gerade, mit dem Mindestlohn Punkte zu machen. Nehmen Sie ihm die Ernsthaftigkeit ab, mit der er das Thema vertreten will?
Zolk: Zunächst einmal nehme ich jedem Politiker die Ernsthaftigkeit ab, der sich für den Mindestlohn einsetzt. Bei Beck ist aber das taktische Moment nicht zu übersehen, die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel anzugreifen. Und Beck ist nicht der erste, der sich um das Thema kümmert. Schon seit eineinhalb Jahren hat die CDU in ihren Diskussionen zum Grundsatzprogramm und dann im Programm selbst gegen die Sittenwidrigkeit von Löhnen Position bezogen. Das sind Löhne, die dreißig und mehr Prozent unter Tariflöhnen liegen.
Seibel: Zur Einführung von Mindestlöhnen hat sich die CDU aber nicht entschließen können.
Zolk: Auf dem Bundesparteitag in Hannover ist darüber intensiv gestritten worden. Ich bin der Meinung, dass es der CDU gut getan hätte, sich damals schon ausdrücklich für Mindestlöhne irgendwo im Bereich von sieben Euro zu entscheiden. Aber ich bin überzeugt, dass es gar nicht mehr lange dauert, bis sich die Partei auf Mindestlöhne festlegt. Die CDU wird das lernen.
Seibel: Aber die CDU lehnte doch bisher das Instrument des Mindestlohnes ab.
Zolk: Man muss doch die Realität sehen. Die Tarifparteien, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, haben beide deutlich weniger Mitglieder als früher. Da sind flächendeckend vernünftige Tarifverträge schwerer auszuhandeln. Mir wäre es ja auch lieber, wenn die Tarifparteien Verträge vereinbarten, auf deren Grundlage diejenigen, die 38, 39 oder 40 Stunden arbeiten, mit ihren Familien gut leben könnten. Das muss der Maßstab sein. Schon 1891 hat der Reichstagsabgeordnete Georg Friedrich Dassbach des Zentrums im Anschluss an Papst Leo XIII. gefordert, dass, wer ordentlich arbeitet, auch seine Familie ernähren können soll. Das gehört zum christlichen Menschenbild und zur Tradition der CDU. Aber wenn das nicht funktioniert, dann muss der Staat eingreifen. Und wir sollten auch wieder darüber nachdenken, wie wir die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften stärken können.
Seibel: Auch wenn das wie beim Post-Mindestlohn Entlassungen zur Folge hat?
Zolk: Das passt hier nicht ganz rein. Der Post-Mindestlohn von 9,80 Euro dient nämlich der Absicherung der Monopolstellung der "Gelben Post" gegen neue Konkurrenten. Dass ein Mindestlohn nicht zum Arbeitsplatzabbau führt, zeigt doch vielmehr die Tatsache, dass schon in mehr als zwanzig EU-Staaten ein Mindestlohn gilt.
Seibel: Ist es aber nicht besser, wenigstens einen Arbeitsplatz zu haben, wenn auch schlechter bezahlt, anstatt von Hartz IV leben zu müssen?
Zolk: Noch einmal: Es ist unanständig, wenn jemand, der ordentlich arbeitet, nicht davon leben kann. Und es ist auch unanständig, dass jemand nur zu einem solchen Gehalt kommen kann, wenn der Staat Zuschüsse gibt. Die Sache mit dem Kombilohn ist zweischneidig. Solche Instrumente, siehe Vorruhestand, führen nur zur Versuchung, das System auszunützen.
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