Im Fokus: Kommunalreform Rheinland-Pfalz
In einem Gastbeitrag nimmt der Flammersfelder Bürgermeister Josef Zolk detailliert Stellung zur Kommunalreform Rheinland-Pfalz. Mit den angedrohten Zwangsfusionen ist eine öffentliche Diskussion entfacht worden. Zolk wirft Fragen auf, die bislang unbeantwortet sind.
Region. Nun ist die Katze aus dem Sack. Anhand des Gutachtens von Herrn Professor Dr. Martin Junkernheinrich, TU Kaiserslautern, will die Landesregierung neben den sich abzeichnenden freiwilligen kommunalen Kooperationen und Zusammenschlüssen, die oft mit „Landesheiratsprämien“ gefördert werden, nun Zwangsheiraten per Gesetz verordnen.
Die jetzt konkret vorgesehenen - sich nur innerhalb der jeweiligen Landkreise bewegenden - Veränderungen in der kommunalen Struktur sollen bis zum 1. Juli 2014 wirksam werden, also bis zur nächsten Kommunalwahl. Danach sollen dann 2019 auch landkreisübergreifende „Lösungen“ durchgesetzt werden. Damit sich die entsprechenden Kommunen schon mal vorbereiten können, wurden sie jetzt per Schreiben des Innenministers am Tag der Pressekonferenz des Innenministers informiert.
Die Diskussionen finden nun aller Orten statt. Ob sie etwas bewirken, weiß niemand. Niemand weiß auch, ob sich die Bündnisgrünen ihres Landtagswahlprogramms von 2011 erinnern, wo es wörtlich heißt:
„Echte Teilnahme bedeutet für uns auch, dass wir die laufende Kommunal- und Verwaltungsreform gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern „von unten“ gestalten und nicht über die Köpfe hinweg entscheiden“. Und wenig später dann: „Daher darf die Gebietsreform nicht gegen den Willen der Bevölkerung von „oben“ durchgesetzt werden“.
Dass eine Verwaltungs- und Kommunalreform notwendig ist und sinnvoll sein kann, bezweifelt kein Kundiger. Aber dazu wäre dringend eine Aufgaben- und Strukturanalyse der Verwaltungsebenen im Land dringend geboten. Einige Fragen dazu:
• Haben wir nicht zu viele Verwaltungsebenen im Land?
• Welchen Sinn machen die Mittelinstanzen?
• Welche Aufgaben werden mehrfach wahrgenommen, wo also gibt es unnötige und lösungsfeindliche Doppelinstanzen?
• Welche Aufgaben könnten und müssten im Sinne der Subsidiarität von oben nach unten verlagert werden?
• Wie will die Landesregierung die katastrophale finanzielle Situation im kommunalen Bereich verbessern?
• Warum ist das „Konnexitätsprinzip“ das Wort des Jahres bei den Sonntagsreden, das „Unwort“ des Jahres aber in der politischen Realität?
Niemand weiß so richtig, was die Landesregierung eigentlich wirklich will.
• Wie sollen/ können Kreisgrenzen verändert werden?
• Sollen gar Landkreise fusionieren?
• Wo liegt die untere, wo die obere Größe zukünftiger Landkreise?
• Wohin steuern – außer in immer größere Verschuldung – die kreisfreien Städte?
• Sind die Ortsgemeinden weiterhin geschützt wie der Rotmilan und der Schwarzstorch, unabhängig von Größe und Gesundheit?
• Wie sollen Kommunen fusionieren, der innere kommunale Strukturen zum Beispiel bzgl. Der Ortsgemeinden völlig unterschiedlich sind?
• Wie und wo wird der „Bürgerwille“ berücksichtigt?
Fragen über Fragen, die zeitlich vor kleinförmigem Änderungsbestreben öffentlich und parlamentarisch diskutiert werden müssten. Aber natürlich bestünde die Gefahr, dass die intensive Beteiligung der Kommunen zu manch entscheidungsabträglicher Sachverstandsdifferenz zwischen Mainz und den betroffenen Menschen führen würde.
So versteckt sich diese Politik lieber hinter Gutachten und öffnet der Expertokratie Tür und Tor. Ob das mal gut geht. Denn die scheinbar unpolitische Einmischung der landesseits beauftragten Experten ist harsche Politik, und das durchschauen die Menschen, hoffentlich. Was jetzt vorliegt ist in wissenschaftlicher Sprache verbrämte Beliebigkeit (was spätestens dann deutlich wird, wenn man sich die Kommunen und deren politisches Umfeld genauer ansieht, die sich entgegen der ursprünglichen ministeriellen Planungen jetzt doch keiner kurzfristigen Zwangsheirat unterziehen müssen), Klarheit und Plausibilität der Argumente fehlen.
Wenn man Bürgerinnen und Bürger zur politischen Teilhabe motivieren will, was ich für dringend notwendig halte, muss man sie beteiligen und ernst nehmen. Dann muss man werben, diskutieren, streiten - nicht verordnen und zwangsverheiraten. Und ich bin sicher: Mainz wird lernen, dass es für die Menschen keinen besseren Lehrmeister gibt als persönliche Betroffenheit. Josef Zolk
Der AK-Kurier hat den Gastbeitrag wörtlich übernommen, unser Redaktionsteam freut sich über die Beiträge der Leser/Nutzer. Hier eine Anmerkung in eigener Sache: Kommentare mit beleidigenden und volksverhetzenden Inhalten sowie Werbemails werden gelöscht. (hws)
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