Pilotprojekt: Holzbrücke für Schwerlastverkehr eingeweiht
130.000 Euro beträgt das Investitionsvolumen für die neue Brücke aus Holz, die nun auch wieder eine Traglast von 16 Tonnen aufnehmen kann. Eichenholz, Stahl und Beton machen es möglich - die Technik des Brückenbaus wurde neu gedacht und ist deutlich kostengünstiger. Als Pilotprojekt wurde die Brücke über den Wisserbach in Wissen-Stöcken offiziell eingeweiht und übergeben.
Wissen-Stöcken. Wir schreiben das Jahr 2012 n. Chr. In ganz Rheinland-Pfalz, nicht nur im Wisserland gibt es unzählige marode Brückenbauwerke - kleine und große. Deren Sanierung verschlingt Millionen Euro. Holzbrücken sind im waldreichsten Bundesland verpönt, beim Landesbetrieb, der Regierung und so weiter. In ganz Rheinland-Pfalz? Nein! Ein unbeugsames Völkchen leistete Widerstand und baute die erste Holzbrücke für 16 Tonnen Traglast in Wissen-Stöcken, im nördlichsten Zipfel des Bundeslandes.
Das unbeugsame Völkchen: die Hatzfeldt-Wildburg´sche Forstverwaltung als Bauherr und Auftraggeber, Architekt Jörg Stausberg, Holzspezialist und Brückenbauer Ferdi Hombach, Hannsjörg Pohlmeyer vom Holzbau-Cluster RLP lieferte Unterstützung, die Verwaltung in Wissen machte mit, Anlieger Armin Böser und viele weitere, auch die beteiligten Landwirte, alle zogen an einem Strang. Denn nicht nur im "Eisenland" hat sich die Welt verändert. Holz ist mittlerweile ein Baustoff der im intelligenten Verbund von Beton und Stahl durchaus seine Stärke hat.
So kämpfte man mit den Behörden über Jahre, Holzbrücken in Bayern und der Schweiz wurde besichtigt, Expertisen gewälzt. „Die spinnen, die Rheinland-Pfälzer“, muss sich so mancher der Experten, die im In- und Ausland aufgesucht wurden, gedacht haben. Denn Holzbrücken sind in vielen Regionen die kostengünstigere, die wartungsfreundlichere und schönere landschaftsbildprägende Alternative.
Nun konnte das Pilotprojekt öffentlich vorgestellt werden. Die neue Brücke führt zum Forsthaus Stöcken über den Wisserbach. Rund 130.000 Euro Investitionsvolumen stecken in der 12 Meter langen Brücke, die nun wieder eine Traglast von 16 Tonnen aufweist. Damit ist das Anwesen, das keine andere Zufahrt besitzt, auch für Rettungs- und Versorgungsfahrzeuge, für einen Lkw-Transport, wie etwa einen Möbelwagen wieder erreichbar.
Im Jahr 2006 musste die Brücke aufgrund der erheblichen Statikprobleme auf 1,5 Tonnen herabgestuft werden. Sie gehört zum Stadtgebiet Wissen, wo weitere 28 Brückenbauwerke einen Sanierungsstau ausweisen. Nun steht ein Pilotprojekt am Eingangstor zur Stadt, einen Steinwurf von der Landesgrenze zu NRW entfernt. Während man in NRW und Hessen den Vorteil der Brückensanierungen mit Holz längst erkannt hat und dies umsetzt, wird es in Rheinland-Pfalz von den zuständigen Behörden blockiert.
„Wir hoffen jetzt auf eine Impulswirkung weit über das Wisserland hinaus, denn die intelligente Verknüpfung von Beton, Stahl und Holz mit den neuen Techniken ist zukunftsweisend“, so Hannsjörg Pohlmeyer vom rheinland-pfälzischen Holzbau-Cluster. Er zeigte sich begeistert von der neuen Brücke und ging in seinem Grußwort auch auf die politische Dimension ein. Denn bislang werden Holzbrückenkonstruktionen im waldreichsten Bundesland obligatorisch abgelehnt.
Dabei gab es ja keinen Stillstand in der Forschung und neue Techniken haben Einzug gehalten. Deshalb wurden für die Brücke auch EU-Fördergelder beantragt. Der Unterhaltungsaufwand für eine solche Brücke liegt um 50 Prozent niedriger als bei einer vergleichbaren Brücke in konventioneller Stahl-Betonbauweise. Dies stellte Architekt und Planer Jörg Stausberg deutlich heraus.
Das neue Bauwerk besteht aus rund 100 Tonnen Beton, 10 Tonnen Stahl und insgesamt rund 400 Meter Holz. Mit der intelligenten Verknüpfung der Materialien ist ein solides Bauwerk entstanden das 16 Tonnen aushält, und außerdem auch noch schön aussieht. Eine schwerlasttaugliche Holzbrücke – nun gibt es sie endlich. „Sie ist 12 Meter lang, bei etwa 15 Meter Länge würde die Konzeption an ihre Grenze stoßen, dann brauchte man Pfeiler im Flußbett“, so Stausberg.
Bürgermeister Michael Wagener erinnerte an die gute Zusammenarbeit mit den betroffenen Landwirten und dem Haus Hatzfeldt. „Die Brücke wurde an den Privateigentümer des Anwesens, das Haus Hatzfeldt übergeben, der nun als Bauherr die Brücke errichtete und auch für den Unterhalt zuständig ist“, führte Wagener aus. Sein Dank galt den Beteiligten, vor allem auch den betroffenen Landwirten, die ja eine andere Zuwegung benötigten für die gute Zusammenarbeit.
Kammerdirektor Dr. Franz Straubinger ging im Grußwort an die Gäste aus dem gesamten Land auf die Bedeutung der Holzbrücken als Ersatz- und Neubauten ein. Denn nicht überall müssen kostenintensive Stahl-Betonbrücken errichtet werden. Auch die Wertschöpfung Holz in der Region sei von enormer Bedeutung in den Regionen.
Eigentlich ganz einfach: Die Eiche wächst, hier in den hatzfeldtschen Wäldern, sie wird von einem regionalen Unternehmen gefällt, sie geht in ein Sägewerk der Region (Hamm), dann wird daraus mit der Spezialbehandlung, in diesem Fall bei Ferdi Hombach in Wisserhof, Brückenbauholz.
„Es ist wie bei Asterix und Obelix, die örtlichen Betriebe kämpfen da um Anerkennung und Aufträge seit Jahren“, sagte Pohlmeyer. Ferdi Hombach nahm den Vergleich mit dem Obelix mit viel Humor: „Ich trage aber keine Hinkelsteine, mir geht es um das Holz und den sinnvollen Einsatz“, schmunzelte Hombach. Bereits seit 12 Jahren ist seine Holzbrücke auf der Loreley, damals eine vielbeachtete Sonderanfertigung noch immer robust, und trotz aller Unkenrufe und auch der Pflegefehler begehbar und gut in Schuss. Das betrifft viele weitere Brücken, die das Unternehmen baute.
Elisabeth Emmert vom örtlichen BUND begrüßte die Maßnahme, denn es binde nicht nur die örtliche Wirtschaftskraft einer Region, sondern sei trage letztlich auch zu einer hervorragenden Ökobilanz bei.
Nun geht es ja um viele Dinge: Wirtschaftlichkeit der Sanierungen alter Brücken. Lebensdauer, Unterhaltungskosten müssen in die Waagschale geworfen werden. Die sinnlose Ausgabe von Steuergeldern ebenso. Aber da könnte man ja, falls man über den Tellerrand schauen will, auf Erfahrungen in Bayern, der Schweiz oder sogar in den spanischen Pyrenäen zurückgreifen, denn dort sind Holzbrücken historisch belegbar und haben auch im 21. Jahrhundert ihren Platz.
Die Römer setzten auf Steine und bauten Brücken und Viadukte, die man heute noch bestaunen kann. Aber auch Holzbrücken haben ihre Lebensdauer, und das haben die Bayern in ihren Staatsforsten längst erkannt, denn dort sind rund 200 Brücken aus Holz entstanden. Darüber fahren sogar Holztransporter.
Warum der Landesrechnungshof Holzbrücken als unwirtschaftlich einstuft, ist bislang sein Geheimnis. Auch das sich beide, Landesrechnungshof und der Landesbetrieb Mobilität gegen Holzbrücken ausgesprochen haben, könnte nun ja mit Pilotprojekt neu überdacht werden.
Aber vielleicht denkt ja die Politik in Mainz nun auch mit, denn im Forstministerium, im Wirtschaftsministerium vielleicht sogar im Verkehrsministerium. Unter Umständen könnten ganz unterschiedliche oder aber auch gemeinsame Interesse zum Wohle des Landes und der Steuerzahler liegen. (hws)
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