Milchbauern demonstrieren: Treckerkolonne nach Brüssel
Westerwald. Die Milcherzeuger sind sauer: Die Milchmarktkrise, die bei Bauern deutschlandweit nach eigenen Angaben Verluste in Höhe von mindestens vier Milliarden Euro verursacht hat, werde von der Politik als kleine „Delle“ verharmlost. Mit Blick auf die Markterholung, die man für diesen Herbst erwartete, würden die Milcherzeuger vertröstet und jede Handlung - um der Krise aktiv zu begegnen - abgelehnt.
In diesen Tagen stehen Entscheidungen in Brüssel an. Die Milchquotierung und Reglementierung der Produktionsmengen läuft 2015 aus – dann befürchten die Bauern ein unkontrolliertes Ansteigen der Produktion, einen riesigen Milchsee und einen weiteren Preisverfall.
Oliver Koch, Landwirt in Harschbach, ist Kreisteamleiter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. Er analysiert die Lage so: „Es zeichnete sich tatsächlich langsam eine Markterholung ab. Die Molkereien konnten immerhin bei den Discountern um neun Cent höhere Trinkmilchkontrakte abschließen. Um diesen Preis stiegen am 1. November die Milchpreise, zum Beispiel bei Aldi. Und doch bleibt für die Milcherzeuger viel zu wenig übrig. Arla Food beispielsweise hat angekündigt, den Bauern für den Liter Milch gerade mal einen Cent mehr als bisher zahlen zu wollen. Vielleicht werden es für den einen oder anderen Bauern auch 2 Cent mehr pro Liter. Damit können wir unsere Verluste nicht einmal annähernd ausgleichen.“
Oliver Koch weiter: „Für uns ist besonders ärgerlich, dass beim Verbraucher suggeriert wird, dass die Bauern deutlich mehr Geld erhalten, weil die Milch teurer geworden ist. Dass sich die von den Milcherzeugern erzielten Preise schon bisher auf einem skandalös niedrigen Niveau befanden und jetzt kaum höher liegen, bleibt dabei völlig unberücksichtigt.“
Die Milcherzeuger sagen, sie haben es satt, sich als „Restgeldempfänger“ mit dem begnügen zu müssen, was die Molkereien ihnen zugestehen wollen. Die Weichenstellungen dafür, wie weit die Milcherzeuger künftig am Markt teilnehmen können und aktiv den Preis ihrer Milch beeinflussen können, werden in den nächsten Wochen in Brüssel entschieden, wenn die Rahmenbedingungen für die zukünftige Agrarpolitik in Europa festgelegt werden.
Oliver Koch weiter: „Für uns geht es dabei um die grundsätzliche Frage, wie unsere Zukunft gestaltet wird. Die aktuelle Entspannung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns innerhalb kürzester Zeit schon wieder die nächste Krise treffen kann, obwohl wir noch nicht mal die aktuelle Krise bewältigt haben. Aus diesem Grund haben wir Milchbauern aus den Kreisen Neuwied, Altenkirchen und Westerwald uns entschlossen, für die große europäische Schleppersternfahrt zu mobilisieren, die am 26./27. November in Brüssel mit einer Kundgebung vor dem EU-Parlament endet.“
In ganz Deutschland und auch in den europäischen Nachbarländern starten Milchbauern mit ihren Schleppern und fahren quer durchs Land, um schließlich in Brüssel gemeinsam für ihre Zukunft zu demonstrieren. Im Kreis Altenkirchen soll am Sonntag (25.11.) um 10 Uhr gestartet werden. Dort werden sich schon am Samstag Bauern aus Hessen und Bayern gesammelt haben. Sie fahren gemeinsam nach Dierdorf, um dort die Bauern aus den Kreisen Neuwied und Westerwald einzusammeln. Die sollen sich der großen Treckerkolonne um 11 Uhr anschließen. Von Dierdorf aus geht die Fahrt weiter nach Brüssel. Oliver Koch ruft zur Teilnahme auf: „Wir laden alle Kollegen und Freunde ein, uns auf dem Weg nach Brüssel zu begleiten. Nur wenn wir uns politisch Gehör verschaffen, werden unsere Anliegen ernsthaft berücksichtigt.“
Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Altenkirchen mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.
Lokales: Altenkirchen & Umgebung
Jetzt Fan der AK-Kurier.de Lokalausgabe Altenkirchen-Flammersfeld auf Facebook werden!