Tagespflege ist Treffpunkt geworden
Das Marienhaus Altenzentrum St. Josef in Betzdorf: Das Angebot der Tagespflege ist speziell auf dementiell veränderte Menschen ausgerichtet und entlastet damit auch die Angehörigen. Für das Frühjahr ist eine Schulungsreihe für Angehörige geplant, mit dem Schwerpunkt Demenz.
Betzdorf. Die 85-jährige Paula Wäschenbach kann sich noch sehr gut daran erinnern,
wie ihr erster Tag in der Tagespflege des Marienhaus Altenzentrums St. Josef
war. „Meine jüngste Tochter hatte mich zu einem Ausflug nach Betzdorf eingeladen“,
berichtet sie. „Statt im Städtchen bummeln zu gehen, kamen wir hierher“, erzählt
sie lachend weiter. Und Paula Wäschenbach war sofort begeistert: „Alle waren
sehr zuvorkommend, die anderen Gäste waren mir sympathisch und die Aktivitäten
haben mir richtig gut gefallen“. Mittlerweile besucht sie seit fünf Jahren die Tagespflege und kommt dreimal in der Woche von 8 bis 16 Uhr hierher.
Die Tagespflege im Marienhaus Altenzentrum St. Josef besteht seit 1999 und kümmert
sich seitdem überwiegend um dementiell veränderte Menschen, die tagsüber nicht
von ihren Angehörigen versorgt werden können. „Unser Angebot soll die Angehörigen
entlasten, deswegen bieten wir für jeden Gast individuelle Betreuungsmöglichkeiten
an“, betont Pia Pfeifer-Irle, die Leiterin der Tagespflege. Manche Gäste kommen
jeden Tag, manche nur einmal die Woche. „Künftig wollen wir auch halbe Tage
anbieten“, erklärt Pfeifer-Irle, „so können wir noch flexibler auf die Bedürfnisse der Gäste und ihrer Angehörigen eingehen“.
Die Kinder von Paula Wäschenbach sind dankbar, dass ihre Mutter in der Tagespflege
so gut betreut wird. Nach dem Tod ihres Mannes 2007 verstärkte sich ihre Demenz.
„Außerdem merkten wir, dass sie wieder unter Leute musste“, denkt ihr Sohn
Michael Wäschenbach zurück. Früher war seine Mutter eine aktive Geschäftsfrau. In
der Bäckerei ihres Mannes kümmerte sie sich um Kunden, Abrechnung, Bestellung
„und alles, was eben so anfiel“, erinnert sich die 85-Jährige. „Außerdem war sie aktiv in der Gemeinde engagiert“, fügt ihr Sohn an.
Er ist das älteste von sieben Kindern. Und gemeinsam mit seiner jüngsten Schwester kümmert er sich überwiegend um seine Mutter, da seine anderen Geschwister weit verstreut leben. Paula Wäschenbach ist zudem noch so agil, dass sie sich teilweise selbst versorgen kann. „Die Tagespflege in Betzdorf ist für uns und unsere Mutter genau das Angebot, was wir gesucht haben“, berichtet Michael Wäschenbach.
Regelmäßig sprechen er und seine Geschwister mit den Mitarbeitern der Tagespflege über die Entwicklung ihrer Mutter, um so schnell auf zusätzlichen Betreuungsbedarf reagieren zu können. „Mittlerweile sind weitere ambulante Hilfen dazugekommen“, ist Wäschenbach dankbar für die Rückmeldungen und die kurzen Wege zwischen dem ambulanten Dienst und den Mitarbeitern der Tagespflege. „Ja, ich habe jetzt sogar eine Haushaltshilfe von der Sozialstation“, erzählt Paula Wäschenbach, „und so habe ich auch an den Tagen Unterstützung
und Gesellschaft, wenn ich nicht hierher komme“.
Wieder in Gesellschaft zu sein, das ist für viele Tagespflegegäste ein großer Gewinn, wenn sie ins Marienhaus Altenzentrum St. Josef kommen. „Manchmal treffen sie hier Menschen wieder, die sie von früher kennen“, weiß Pia Pfeifer-Irle aus Erfahrung. Gemeinsam verbringen sie dann den Tag.
„In unserer Tagesgestaltung achten wir auf Rituale und Struktur“, erläutert Pfeifer-Irle, denn gerade für dementiell veränderte Menschen ist dies sehr wichtig. In einer Begrüßungsrunde darf jeder berichten, was ihn gerade beschäftigt. Anschließend wird gemeinsam gefrühstückt. Wer mag, kann dann die Messe besuchen oder spazieren gehen. „Oft bereiten wir gemeinsam einen
Teil des Mittagessens zu“, erklärt Pfeifer-Irle weiter.
„Da helfe ich sehr gern, obwohl ich das früher nie gemacht habe“, erzählt Paula Wäschenbach. Und so schneidet sie auch heute fleißig Obst für den Obstsalat. „Bei uns war immer mein Vater für den Haushalt zuständig“, fügt ihr Sohn Michael Wäschenbach lachend hinzu und ist immer wieder überrascht, was seine Mutter hier alles erlebt. So wird gemeinsam gesungen, gebastelt, gelesen, Sport gemacht und „wir feiern viel zusammen“, freut sich die Seniorin.
Viele Aktivitäten, die den Tagespflegegästen angeboten werden, kennen diese von früher und vermitteln ein vertrautes Gefühl. „Oft reicht eine Überschrift
in der Zeitung oder ein altes Volkslied aus, um Brücken in die Vergangenheit
zu schlagen“, erläutert Pfeifer-Irle.
Um den Interessen und Bedürfnissen der Tagespflegegäste gerecht zu werden, „passen
wir regelmäßig unser Konzept an“, erklärt Pia Pfeifer-Irle. Für schwer dementiell
veränderte Gäste wurden zum Beispiel Nachmittage zur basalen Stimulation eingeführt. Dort werden sie dann mit allen Sinnen, durch Musik, Licht, Düfte und kleine Massagen angesprochen.
Auch um die Angehörigen kümmern sich die Mitarbeiter der Tagespflege. So bieten sie jeden zweiten Mittwoch ein Angehörigen-Gesprächskreis an. Hier können sie sich in einem geschützten Raum über ihre Erfahrungen und Probleme austauschen. „Dieser Kreis ist auch offen für Angehörige, die kein Familienmitglied in unserer Tagespflege haben“, hebt die Leiterin der Tagespflege hervor. Und im Frühjahr ist eine Schulungsreihe für pflegende Angehörige geplant.
Hier soll unter anderem das Krankheitsbild der Demenz erläutert werden.
„Denn das hilft vielen schon, ihr Familienmitglied besser zu verstehen“, ist die Erfahrung von Pfeifer-Irle. „Ich bin stolz, dass ich hierher kommen darf“, erzählt Paula Wäschenbach fröhlich. „Und für uns war es ein Glücktreffer“, fügt ihr Sohn hinzu. Er kann sicher sein, dass seine Mutter gut versorgt ist und sich wohlfühlt. Und auch ihm und seinen Geschwistern stehen die Mitarbeiter der Tagespflege bei Fragen und Problemen zur Seite. (al)
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