Parkinson Selbsthilfegruppe informierte über Telemedizin
Wenn der Arzt per Video ins Wohnzimmer kommt – Die Parkinson Selbsthilfegruppe Altenkirchen informierte über nun über die Methoden der Telemedizin, die es Ärzten ermöglicht, Parkinson-Patient auch im häuslichen Alltag genau zu beobachten und dadurch Medikamente genauer abzustimmen.
Altenkirchen. Seit fast vier Wochen steht Werner Bloss (Name geändert) jeden Tag im Rampenlicht. Morgens um neun Uhr das erste Mal. „Über einen kleinen Sender am Handgelenk schalte ich bei mir im Wohnzimmer die Video-Kamera und den Schweinwerfer ein“, berichtet der 67-jährige aus der Nähe von Altenkirchen. Aus einem Lautsprecher an der Kamera tönt die Stimme seines behandelnden Arztes Dr. Groneick, Neurologe in Sankt Augustin: „Setzen Sie sich bitte vor der Kamera auf einen Stuhl und drehen Sie Ihre Hand, als ob Sie eine Glühbirne einschrauben würden. Erst rechts, dann links.“ Diese Aufforderung ist der erste Baustein eines rund zweiminütigen Bewegungs-Checks. Werner Bloss leidet seit acht Jahren an Parkinson. Anfangs lassen sich die Symptome noch gut mit wenigen Medikamenten lindern. „Im Spätstadium der Parkinson-Krankheit wird die Behandlung schwieriger“, erklärt Dr. Groneick, „Der Patient entwickelt oft eine starke Muskelsteifheit oder macht überschießende Bewegungen.“ Nur durch den Einsatz einer großen Bandbreite an Arzneimitteln können die Ärzte dem Kranken jetzt noch helfen. Patienten wie Werner Bloss nehmen täglich bis zu acht verschiedene Präparate ein. Doch hier beginnt das Problem: Die Feinabstimmung der diversen Wirkstoffe ist so schwierig, dass sie bislang fast nur im Rahmen eines mehrwöchigen Krankenhausaufenthalts erfolgt. „Aus unserer Sicht ist aber entscheidend, wie der Kranke im Alltag zurechtkommt. Deshalb wollen wir ihn auch dort beobachten“, argumentiert Wolfgang Spickermann, der das telemedizinische Behandlungs-konzept der Selbsthilfegruppe im Altenkirchener Mehrgenerationenhaus in der Wilhelmstraße ausführlich präsentierte. Er ist Geschäftsführer der ärztlich geführten mvb GmbH, deren Gründer die ambulante Video-Begleitung entwickelt haben. Laut Spickermann kommt ein weiterer Punkt hinzu: Die Patienten sollen aktiv demonstrieren können, wo sie Probleme haben. „Eine Patientin zeigte uns beispielsweise vor der Kamera, dass ihr das Salatschneiden Schwierigkeiten bereitet.“ Solche Sonder-Aufnahmen sind problemlos möglich, denn die Koblenzer Ärzte, die das System entwickelten, haben die Technik bewusst einfach gehalten. Der Benutzer kann die Kamera aber auch jederzeit anschalten, wenn er gerade auffällige Symptome an sich beobachtet. Während des Filmens beurteilt der Patient seinen aktuellen Zustand über ein Notensystem von eins („sehr gut“) bis fünf („schlecht“). Nach der Aufnahme werden die Bilddaten über eine spezielle Netzverbindung an Dr. Groneick geschickt. Zeitgleich können Parkinson-Experten in der Universitätsklinik Düsseldorf diese Bilder einsehen und zu Rate gezogen werden. „Sonst hat niemand Zugriff auf diese Informationen“, so Spickermann. Anhand der Filmmitschnitte werden die Wirkung der Medikamente beurteilt und gegebenenfalls Änderungen der Dosis oder des Wirkstoffs vorgenommen. Vermissen die Patienten den persönlichen Kontakt zum Arzt? „Nein“, sagt Werner Bloss, „Ich hatte eher das Gefühl, den Arzt ständig an meiner Seite zu haben.“ Der Erfolg scheint ihm Recht zu geben: Vor wenigen Wochen noch musste Werner Bloss die Beine beim Gehen nachziehen – ein typisches Parkinson-Problem. „Jetzt, nach der besseren Einstellung meiner Medikamente, kann ich deutlich besser laufen.“ Die Behandlung wird von vielen Krankenkassen zu 100 Prozent übernommen. Die regionale Selbsthilfegruppe der Deutschen Parkinsonvereinigung, die von Rudolf Heller aus Obersteinebach geleitet wird, trifft sich regelmäßig im Mehrgenerationenhaus und steht allen Interessierten für Fragen zu Verfügung (Tel. 02687/524).
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