Kirche immer wieder neu entdecken
Die Kolpingsfamilie aus Bergneustadt war zu Gast in Wissen und gemeinsam genoss man eine Kirchenführung. Da stand die große Krippe, die Hecker-Bilder, die Sakristei und die neue St.-Nikolaus Reliquie im Zentrum des Interesses.
Wissen. Die Bergneustädter Kolpingsfamilie war der Einladung nach Wissen zahlreich und gerne gefolgt, um zu sehen, ob das stimme, was man da über die Wissener Krippe mit ihren beeindruckenden Figuren und dem Gesamtbild höre.
Was lag näher als sich gleichzeitig die Pfarrkirche Kreuzerhöhung mit ihren berühmten Heckergemälden erklären zu lassen. Die Bergneustädter waren positiv überrascht. Die Wissener Kolpingsfamilie erlebte dank der Kirchenführung durch Küster Claus Behner, der amtskorrekt vom Vorsitzenden der Wissener Kolpingfamilie Richard Walter als „unser Sakristan“ vorgestellt wurde, ihre Heimatkirche plötzlich wieder neu und die Aussagen der Heckergemälde zeitlich geradezu tagesaktuell.
Sakristan Behner stellte „seine“ Kirche ebenso sachlich-interessant wie humorig vor. Der Maler Hecker hatte von 1928 bis 1931 in Freskomalerei die weiten Flächen im Kirchenschiff sowie die Kuppel und den Chorraum beeindruckend ausgemalt. Heckers Hauptwerk, St. Mechtern in Köln-Ehrenfeld, wurde im Krieg zerstört. Heute zeigt die Wissener Kreuzerhöhungskirche am umfassendsten beeindruckend wie Hecker malte und beweist, dass Hecker zu den Großen der Kirchenmalerei nicht nur seiner Zeit gehört.
Wie aktuell die Motive Heckers sind erklärte Behner anhand eines gemalten kleinen demonstrierenden Jungen, auf dessen Schild zu lesen ist: „Nieder mit der Religion“. Die Anregung hierzu erhielt Hecker in der Nachbargemeinde Hamm, wo er Zeuge wurde, wie Hitlerjungen eine kleine Prozession von Hammer Katholiken mit Unrat bewarfen und ein kleiner Junge ein Schild mit der Aufschrift trug: „Nieder mit der Religion“. Hecker malte nicht nur aber auch gegen den damaligen atheistischen Zeitgeist des Nationalsozialismus und des Kommunismus. Eher amüsant zu hören waren die Ausführungen über Adam und Eva an der Flachdecke des Langhauses. Die zuerst sehr natürlich gemalten Adam und Eva übermalte Hecker auf Drängen 1953, verschleierte die Ureltern, weil sie einigen als nicht schicklich genug erschienen.
„Da hätten wir gerne noch länger zugehört“, werteten nicht nur die Mitglieder der Bergneustädter Kolpingsfamilie. Auch von einigen Wissenern war zu hören: „Das wusste ich so noch nicht“. Aber da war ja noch mehr, nämlich Behners Schatzkammer, die Sakristei. Mehrere alte Messgewänder, echte ehrwürdige Raritäten, mit einer so feinen Seidenstickerei, dass sie wie gemalt wirkten, ließen die Betrachter staunen.
Noch immer nicht genug der achtunggebietenden Dinge, Sakristan Behner hatte noch etwas auch für die Wissener Neues, die St.-Nikolaus-Reliquie, bestehend aus einem kleinen Knochensplitter des heiligen Nikolaus.
Ausführlich wurde hierüber in der Kölner Kirchenzeitung vom 11. Januar berichtet: Inzwischen hat die Reliquie in einem Reliquiar, gestiftet vom Sakristan Claus Behner, ihren Platz gefunden. Neben der Nikolaus-Groß-Glocke, geweiht auf den Namen des von den Nationalsozialisten ermordeten christlichen Gewerkschafters, sowie der großen Nikolaus-Statue im Längsschiff der Kirche hat mit der Reliquie der große Heilige der Kirche einmal mehr Einzug in Kreuzerhöhung gehalten. Ihren endgültigen Platz soll die Reliquie (mit zwei weiteren) in einer noch zu schaffenden Nische im Kirchenraum erhalten.
Was wäre ein so gelungenes gemeinsames und beeindruckendes Erleben, wenn man sich darüber nicht „Treu Kolping“ nachträglich noch gesellig unterhalten könnte. So geschah es denn im Café Alzen. Im Rückblick war man sich einig: „Diese Kirchenführung war eine goldrichtige Sache!“ Aber da man noch nicht alles gesehen hatte und da man ohne Fern- oder Opernglas beim Schauen recht benachteiligt war, gingen viele mit dem Gedanken nach Hause, sich allein oder mit anderen nochmals den Bilderschmuck der Wissener Pfarrkirche anzusehen. (Manfred Steinmann)
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