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In Gieleroth war der Bär los
Witz, Gesang und Tanz - das sind die Markenzeichen des Karnevals in Gieleroth. Die "Stadthalle" war restlos ausverkauft und die Närrinnen und Narren mussten ihr Kommen nicht bereuen. Als Motto der Veranstaltung hatten sich die Möhnen die anstehende 600-Jahr-Feier ausgesucht - "Gillert anno dazumal".
Gieleroth. Wenn andere Karnevalisten auf der Straße ihren Karneval feiern, dann gehen die Gielerter in die Halle und begeistern das närrische Volk mit Witz, Humor und Tanz. Die Gielerter "Stadthalle" war restlos ausverkauft, selbst Stehplätze waren nicht mehr zu haben. Niemand aus der Gemeinde und dem Umfeld schien sich diese Karnevalsveranstaltung mit ihrem ureigensten Charakter entgehen lassen zu wollen. Zum Motto hatten die Gielerother Möhnen die anstehende Gielerother 600-Jahr-Feier genommen und sie unter den Titel "Gielert anno dazumal" gestellt. Mit frenetischem Beifall geleitete die Narrengemeinde Obermöhne Carmen Neuls in den Saal des Gielerother Bürgerhauses und auf die dortige Bühne. In gewohnter Manier, mal freundlich mit lieblicher Stimme und dann wieder kratzbürstig in harscher Tonlage kam ihre Begrüßungsrede. Sie knallte ihren Frust, der sie seit Vollendung des 40. Lebensjahres beschlichen habe, unters Volk. Die Pölsterchen störten und nun wolle sie doch endlich mal den Mann finden, der sie auf Händen trage.
Den Nörglern am kulinarischen Genuss, die sich über Preis und Menge der Frikadellen beschwert hatten, sicherte sie zu, dass die diesjährigen Objekte über 60 Gramm wiegen und zum gleichen Preis zu haben sind.
Eine harmonische Nacht über Gillert, mit Sonnenuntergang und Mondaufgang, Harmonikagedudel wurde kurzerhand mit Sitzungsbesuchern besetzt. Da wurden auch nicht der Ortsbürgermeister, der Dorffotograf und Berichterstatter verschont. Sie mussten Sonne, Mond und Bürger mimen. "Bloos ma wat un bums Kapell" - das war eine Gruppe des Frauenchores, die, herrlich kostümiert, in Textilien der vorigen Jahrhundertwende gekleidet waren - kam mit ihren "häuslichen" Instrumenten und ließ die Töne nur so rauschen. Versöhnt wurden die Gehörgänge schließlich aber mit einem Lied der Sangesfrauen. Damit unterstrichen die Gillerter, dass sie nicht nur bloosen, sondern auch söngen können. Die Tanzgruppe "4 Hippen", junge Frauen der drei Ortsteile der Gemeinde, legten einen fetzigen Tanz auf die Bretter. Und dann kam was kommen musste: "Die drei Neuls" - Enkel Manuela, Oma Hilda und Schwiegertochter Carmen standen im Fitnessstress. Die jüngeren joggten locker durchs Gelände und Oma Hilde wollte nun plötzlich für den "Iron Man" auf Hawaii sich in Schuss bringen. Schwimmflossen, Taucherbrille, Fahrradhelm und Fahrradsattel, das sollte sie weiter bringen. Laufen bis Ingelbach, durch die Nister schwimmen und mit Opas Fahrrad wieder zurück, das müsse genügen. Die Jüngeren zählten mal kurz auf, was dem entgegenstand. Schließlich sei sie bereits 73, habe künstliche Hüftgelenke und sei auch sonst nicht mehr ganz neu.
Das 400- Kilo-Ballett tanzte in knallgelben Kostümen und der zierliche Hahn leuchtete mit seinen roten Kehllappen. Die dicken Eier entpuppten sich als willkommenes Getränk in Dosen. Jutta Fischer hatte als Babettchen eine "Baggerschule" eröffnet und Christina Land als Settchen war auf der falschen Fährte, suchte sie doch etwas für den Garten. Aus ihrem Gespräch wurde dann der Austausch munteren Dorftratsches.
Cornelia Messer zelebrierte die Lebensnotwendigkeit der Luftschlangen in ihren unendlich vielfältigen Formen. Der Nachwuchs beim Nachbarn - ein interessantes Thema für zwei Frauen wurde eingeleitet mit dem Besuch der drei Weisen Kasper, Melchior und Balthasar vor über 2000 Jahren. Lustig und ein wenig feucht wurde es schließlich bei der Demonstration der fünf Top-Frisöre als „"eltmeister im Synchron-Haarewaschen".
Die Endrunde läutete Carmens bestes Stück, ihr Mann Achim ein. Er entpuppte sich als ein wahrhaft genialer Büttenredner, nicht zuletzt, weil er seinen beschwerlichen Weg in der Bio-Vollwertkost und die für ihn damit verbundenen Leiden farbig schilderte. Komplikationen gab es bei örtlichen Starfotografen "Punti". Hatte er doch einen Termin gleich zweimal vergeben. So musste er das Schauspiel der höchst unterschiedlichen Kunden ertragen. Die einen aus der Glitzerszene, die anderen aus dem derben und herben dörflichen Dasein. Die Turbulenzen waren programmiert, da blieb kein Auge trocken.
Neubürgerin Kirsten Gentgen hatte sich entschlossen, erstmals live und öffentlich auf der Bühne zu singen. Für diesen Auftritt waren ihre Eltern in den Westerwald angereist und waren gemeinsam mit dem Publikum begeistert über Töchterchens gelungene Premiere.
In Matrosenkleidchen tanzten die fünf Seefahrerfrauen nach der Melodie "Heißer Sand". Natascha Schewelew und Dagmar Hoben leiteten als Sangesduett den Schlussakt, die Abschlussrede der Öbermöhne, ein. Der Gillerter Karneval zeigte ein weiteres Mal, wie harmonisch Menschen miteinander feiern können, auch wenn Carmen nicht ganz umhin kam, kleine Nadelstiche an die Kreisstädter und die Bürger der anderen Ortsteile zu verteilen. (wwa)
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Carmen Neuls – Gieleroths Obermöhne verabschiedete den Karneval für dieses Jahr. Fotos: Wachow
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