Zukunftsfähigkeit der Region steht auf dem Spiel
Bei der Kampagne "Anschluss Zukunft" geht es nicht nur um kurze Wege für Unternehmen, auch die Vermarktungsstrategie erfordert eine bessere Erreichbarkeit der Region Westerwald-Sieg. In einer Pressemitteilung macht Landrat Michael Lieber unter anderem auf die Problematik der mehr als 30.000 Pendler aufmerksam, die sich Tag für Tag auf schlechten Straßen stundenlang zum Arbeitsplatz quälen müssen.
Kreis Altenkirchen. Nicht weniger als den zügigen Ausbau der regionalen Verkehrsachsen B 8, B 414 und B 62 hat sich die Kampagne „Anschluss Zukunft“ in der Region Westerwald-Sieg zum Ziel gesetzt. Über 60 Unternehmen mit rund 7.000 Beschäftigten aus den Landkreisen Altenkirchen und Westerwald unterstützen mittlerweile die Initiative, die Bund und Land auffordert, die heimischen Hauptverkehrsadern zügig auszubauen, um den Anschluss an die überregionalen Wachstumsregionen wie Rhein-Main oder Rhein-Ruhr zu halten. Wollen die heimischen Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben, ist der mehrspurige Ausbau der heimischen Bundesstraßen essenziell. Das hat auch der Altenkirchener Kreistag in seiner Sitzung Mitte Januar bekräftigt.
Zentrale Lage muss vermarktbar sein
Für Landrat Michael Lieber geht es bei „Anschluss Zukunft“ allerdings noch um mehr als Straßenausbau: „Natürlich brauchen wir den Anschluss an die überregionalen Lebensadern, die Autobahnen A3, A 4 und A 45, um Fahrtstrecken und letztlich auch Produktionskosten der Unternehmen zu senken. Aber auch die 30.000 Pendler täglich sowie die vielen Handwerker und Dienstleister benötigen leistungsfähige Verkehrswege, um sicher, zügig und stressfrei zum Arbeitsplatz oder zur Baustelle zu kommen. Die Fahrt zum Arbeitsplatz darf nicht zum Nervenkrieg werden.“
Das gelte für diejenigen Pendler, die die Region täglich verlassen, um etwa in Köln, Bonn oder Frankfurt zu arbeiten, genauso wie für diejenigen, die aus den Ballungsgebieten in die Region kommen. Natürlich habe die Region Westerwald-Sieg hohe Qualität als Naherholungs- und Urlaubsregion, reizvolle Landschaften, regionaltypische Gastronomie, eine hochwertige Bildungslandschaft, familienfreundliche und günstige Baugebiete.
„Wer neue Mitarbeiter und ihre Familien - auch langfristig und vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels - aus den Ballungsgebieten in die Region locken will, muss etwas bieten und vor allem schnell erreichbar sein“, macht Lieber deutlich. „Was nützt es, wenn ich aus Köln oder Frankfurt komme und mit der Region Westerwald-Sieg zuerst eine langwierige Fahrt in Verbindung bringe, auf der sich eine Blech-Karawane über die B 8 bzw. B 414 quält?“
Die infrastrukturellen Notwendigkeiten dürfe man aber nicht isoliert betrachten, sie seien Wohlstandsgarant für rund 200.000 Menschen in der Region und eine Voraussetzung für die Umsetzung eines erfolgreichen Regionalmarketings im Wettbewerb der Regionen. Hier fordert auch der demografische Wandel Antworten. Während die heimische Bevölkerung immer älter wird, macht sich in der jungen Generation der so genannte "brain-drain", das heißt der Verlust für die Region durch das Abwandern hoch ausgebildeter Talente, nachdrücklich bemerkbar. Immerhin hat der Kreis Altenkirchen 2011 über 1.100 Einwohner, dies bedeutet in etwa eine Gemeinde wie Flammersfeld oder Friedewald verloren.
Trotz zunehmender Digitalisierung und Vernetzung der Arbeitswelt ist die steigende Konzentration der Bevölkerung in den Metropolregionen unübersehbar. Die Entwicklung lässt sich kaum umkehren, aber möglicherweise beeinflussen: Der Kreis hat mit der Steuerungsebene Demografie, Regional- und Kreisentwicklung im Kreishaus den erkennbaren Wechselwirkungen Rechnung getragen. Und die gesamte Region hat mit ihrer zentralen Lage zwischen Köln-Bonn und Frankfurt ein Pfund, mit dem sie wuchern und sich als attraktiver Lebens- und Arbeitsort vermarkten kann. Allerdings muss dann auch die Erreichbarkeit auf adäquatem Stand sein. „Wirtschaftliche Prosperität braucht moderne Infrastruktur. Damit steht und fällt auch die Attraktivität unserer Kommunen als Lebensmittelpunkt für die Menschen“, sagt der Landrat. Erkennbar besser als andernorts im Kreis sei die Situation beispielsweise in der Verbandsgemeinde Flammersfeld, die unmittelbar an die Autobahn A 3 grenzt.
Unternehmen stellen Standort in Frage
Dass der Investitionsstau beim Straßenbau (- insbesondere eben der genannten Bundesstraßen -) langfristig auch die Investitionstätigkeiten der Unternehmen der Region hemmen kann, bestätigt Dr. Sabine Dyas, Regionalgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Altenkirchen.
„Wenn, wie es die IHK-Umfragen zeigen, nur gut ein Drittel der heimischen Unternehmer unsere Region als Standort weiter empfiehlt, ist das ein Alarmsignal“, so Dr. Dyas. Vielfach stünden in den nächsten Jahren auch Generationswechsel in den Unternehmensleitungen an, mit denen oft auch Überlegungen in Richtung Standortverlagerung einhergingen. Sofern Bund und Land nicht in einem überschaubaren Zeitrahmen für eine spürbare Verbesserung der Infrastruktur sorgen, dürfte sich das negativ auf Standortentscheidungen auswirken, wie die – allen Verantwortlichen bekannten – Unternehmensbefragungen der IHK es seit vielen Jahren anzeigen.
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