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Nachricht vom 14.03.2013    

Einzelhandel der Region braucht neue Strategien für die Zukunft

Leere Ladenlokale in den Innenstädten und verwaiste Fußgängerzonen sorgen schon lange für Tristesse und deutlich veränderte Stadtbilder mit wenig Atmosphäre. Eine Informationsveranstaltung in Betzdorf sollte hier neue Wege aufzeigen, um einen weiteren Rückgang der Fachgeschäfte zu verhindern. Aufgezeigt wurde, dass das Internet auch regionalen Fachgeschäften Chancen bietet.

Veranstalter, Referenten, Moderator und Podiumsteilnehmer hatten sich das Thema Einzelhandel mit all den Problemen in den Mittelzentren vorgenommen. Fotos: anna

Betzdorf. Seit geraumer Zeit kämpft der Einzelhandel in den kleinen und mittleren Städten um seine Zukunft und dies oft auf verlorenem Posten, denn mehr und mehr kleine Geschäfte schließen.
Kaum eine Innenstadt deren leerstehende Ladenlokale nicht von diesem Problem künden. Doch dies ist kein neues Phänomen, erste kleine Läden – meist im Lebensmittelbereich – mussten schon in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schließen und sich im Preiskampf mit den großen Märkten geschlagen geben.
Doch nun drohen auch die letzten Einzelhändler aus den Städten zu verschwinden. Um dem entgegen zu wirken fand gestern in der Stadthalle Betzdorf eine Informationsveranstaltung mit Podiumsdiskussion statt. Der Titel „Einzelhandel – mit Innovationen, neuen Formaten und Strategien in die Zukunft.“

Es war eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Betzdorf, des Kreises Altenkirchen und der IHK Koblenz, mit Unterstützung der Westerwaldbank und der Kreissparkasse. Im Publikum saßen zahlreiche Einzelhändler aus der Region, Vertreter der Aktionsgemeinschaft Betzdorf und der Aktionsgemeinschaft Daaden, sowie zahlreiche Interessierte. Landrat Michael Lieber begrüßte die Gäste, darunter die Podiumsteilnehmer Bürgermeister Bernd Brato, Christian Douglas (DZ Bank Frankfurt), Andreas Görner (Büro „Wesentlich“, Erbach), Christoph Burghaus (Burghaus-Mode Betzdorf), Britta Bay (Bürohaus Hoffmann, Wissen) und Volker Hammer (Intersport Hammer, Altenkirchen). Die Leitung und Moderation der Veranstaltung führte Dr. Wolfgang Haensch (CIMA Beratung + Management GmbH, Köln) durch.
Lieber erläuterte, dass der Einzelhandel auch vom demographischen Wandel beeinflusst werde. Nur dort wo Menschen lebten, finde Handel statt. Der Kreis Altenkirchen habe derzeit noch 130.000 Einwohner, etwa so viele wie vor 25 Jahren. Dann sei durch den Zuzug aus den neuen Bundesländern die Bevölkerung angewachsen und in 2002 wohnten 140.000 Menschen im Landkreis. Prognosen sprächen davon, dass in 2050 weniger als 100.000 Menschen im Kreis Altenkirchen wohnen werden. Das Älterwerden der Menschen muss berücksichtigt werden, so Lieber.

Die Lebensqualität im ländlichen Raum und in den Ballungsgebieten müsse gleich sein, damit die Menschen hier bleiben. Dabei gehe es um Altersgerechtes Wohnen und die Anbindung an das Internet, denn auch viele Ältere nutzten die Angebote der Online-Händler. Wichtig sei auch die Vermarktung regionaler Produkte, denn gerade im Bereich der Lebensmittel achteten mehr und mehr Menschen darauf.

Hänsch kündigte an, im Rahmen der Veranstaltungen Ideen vorzustellen, was der Einzelhandel und die Städte diesbezüglich tun könnten.
Ein erstes Referat hielt der Dipl. Kaufmann Christian Douglas und berichtete, dass der Einzelhandel noch 56 Prozent des Bruttoinlandproduktes in Deutschland erwirtschafte. Der Einzelhandel ist der größte Arbeitgeber im Land, allerdings mit weit mehr als 50 Prozent an Teilzeitbeschäftigten.
Douglas hat sieben Trends im Wandel des Handels ausgemacht. Erstens: der Online-Handel macht jetzt schon 8,3 Prozent des Gesamtumsatzes und nimmt weiter zu. Zweitens: Factory Outlet Center – große Einkaufszentren wo mehrere namhafte Marken angeboten werden verbreiten sich mehr und mehr. Drittens: Flagship Stores – Kaufhäuser eines bestimmten Markenherstellers, welche auf die Markenbindung der Kunden zielen. Viertens: Nachhaltigkeit – hier geht es um Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte, die Kunden machen Druck durch ihr Kaufverhalten wie zum Beispiel bei Bio-Lebensmitteln. Auch der faire Handel nimmt zu und die Verbraucher achten auf regionale Produkte. Fünftens: die Marktkonzentration – möglichst viel an einem Platz anbieten. Sechstens: die steigenden Rohstoffe – die sowohl den Einzelhandel wie auch den Konsumenten treffen. Und siebtens: eine verstärkte Ausrichtung auf Handelsmarken der einzelnen Kaufhausketten und Discounter, wobei diese Handelsmarken oftmals sogar von Premiumanbietern stammen.



Im Trend von Morgen sieht Douglas mehr und mehr den Handel durch mobiles Internet und mobiles Bezahlen geprägt.

Andreas Görner referierte über Andernach – die Mutter aller "essbaren Städte". Was es mit der "essbaren Stadt" auf sich hat, wurde in einem kurzen Film erklärt. In Andernach sind auf einem Teil der öffentlichen Flächen Gemüse angebaut worden, die dort von Jedermann geerntet werden können. Ein Projekt, das seit vier Jahren läuft und sich großer Beliebtheit erfreut. Neben dem Gemüse wurden auch regionale Wildpflanzen angebaut, die wenig Pflege benötigen aber das Stadtbild verschönern.

Am Beispiel von Betzdorf schlug Görner eine Bepflanzung mit eisenliebenden Pflanzen vor, im Hinblick auf die hiesige Bergbautradition und Metallindustrie. Die lokale Tradition solle bei einem solchen Projekt berücksichtigt werden. In der hiesigen Region seien daher auch Äpfel unbedingt mit ins Programm zu nehmen. Görner schlug vor, entsprechende Gewächse in Töpfen in den Innenstädten und vor den Läden zu postieren.

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion berichtete Britta Bay von der Umstellung des Wissener Bürohauses als reines Ladenlokal in einen Fachhandel für Unternehmen, der mittlerweile Kunden im gesamten Bundesgebiet habe.

Demgegenüber hat sich Burghaus-Mode ganz auf das Ladengeschäft konzentriert, gerade erst groß investiert und bietet seiner Kundschaft eine Café-Bar und eine Spielecke für die Kinder. Doch auch bei Burghaus gibt es Überlegungen in den Internethandel einzusteigen.

Volker Hammer, von Intersport Hammer in Altenkirchen erklärte, dass gerade Intersport in diesen Tagen seinen Internethandel starte, mit dem Service, dass die Kunden über Internet bestellen, die Waren im Laden abholen und auch im Laden umtauschen könnten.

Bürgermeister Brato meinte, viele Leute seien heute nicht mehr bereit, eine viertel Stunde Fußweg in Kauf zu nehmen um von einem Laden zum anderen zu kommen. Er berichtete von den Veränderungen in der Stadt Betzdorf, der mittlerweile abgeschlossenen Innenstadtentwicklung, den Planungen zur Steigerung des Wohlfühlfaktors in der Stadt und den Bestrebungen zur Schaffung neuer industrieller Arbeitsplätze, sowie der Tatsache, dass ab August alle Haushalte ans schnelle DSL angebunden werden könnten.

Jochen Monjau, einer der Besucher der Veranstaltung, meldete sich zu Wort und kritisierte, dass man den kleinen Fachhändlern in den Städten kaum noch Platz lasse. Zudem findet er, dass solche langfristigen Entwicklungsstrategien wie der Masterplan 2020 von Betzdorf dem Einzelhandel nicht helfen werden. Bis 2020 habe der Einzelhandel keine Zeit mehr.
Brato erwiderte darauf, dass für eine schnellere Umsetzung der Planungen entsprechend Geld benötigt werden, was die Kommunen aber nicht haben.

Ernst Rohde, ein anderer Besucher meinte, es höre sich alles so an als ob man den Status Quo erhalten wolle. Er schlug eine bessere Nutzung des Gewerbegebietes Dauersberg vor sowie eine Anbindung an die Autobahn.
Landrat Lieber gab dem Gast Recht und sprach von der Aktion „Anschluss Zukunft“ die eine Anbindung an die großen Verkehrsachsen vorsehe. Mehr Mobilität sei wichtig für die Region.
Douglas meinte, er finde die Erhaltung des Status Quo schon erst einmal gut. Deutschland sei kein Wachstumsland, die Kaufkraft ließe sich nicht mehr steigern. Man müsse lernen mit den gegebenen Mitteln auszukommen, es werde eher noch weniger werden.
In einem Fazit fasste Dr. Haensch die wichtigsten Aussagen noch einmal zusammen und schloss dann die Veranstaltung.
Bei einem Imbiss im Foyer der Stadthalle hatten alle Interessierten dann noch Gelegenheit zum weiteren Gedankenaustausch. (anna)


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