Pfingsttreffen deutsch-französischer Partnergemeinden
Die seit 32 Jahren zwischen Roissy-en-France und Hamm bestehende Freundschaft wurde an den Pfingsttagen erneut bekräftigt und weiter vertieft. 85 Hämmscher weilten im Vorort der französischen Hauptstadt. Die jährlich abwechselnd in den beiden Orten stattfindende „Jumelage“ gestaltete sich auch dieses Mal wieder zu einem großen Familientreffen und wird sicherlich als ein weiterer Meilenstein in die deutsch-französische Freundschaft eingehen.
Hamm (Sieg). Die Gemeinschaft zwischen dem Standort des Charles-de-Gaulle-Flughafens und dem Raiffeisengeburtsort besteht erfreulicherweise nicht nur auf Urkunden oder auf Grund von Willensbekundungen und Absichtserklärungen. Sie wird gelebt. Dies wurde bereits beim Empfang am Pfingstsamstag deutlich, als die beiden Hammer Busse nach achtstündiger Fahrt am „Complex Sportif“ eintrafen. Erfreut zeigte man sich auf beiden Seiten, dass in den vergangenen Jahren weitere Roissyer und Hammer Familien Kontakte geknüpft haben. Wenn auch beim diesjährigen Pfingsttreffen überwiegend Regenwolken „vor Ort“ angetroffen wurden, tat dies der internationalen Veranstaltungsreihe keinen Abbruch.
Das Wiedersehen gestaltete sich wie gewohnt überaus herzlich: Küsschen rechts, Küsschen links, wie es in Frankreich so üblich ist. Den Nachmittag und den Abend verbrachten die Gäste aus dem Hammer Land in ihren französischen Gastfamilien. Auftretenden Sprachschwierigkeiten entgegnete man gestenreich oder mit dem Translator: Freunde verstehen sich, auch ohne die Sprache vollkommen zu beherrschen.
„Auf der Grundlage des Bewährten unter Hinzufügung von neuen Impulsen, Ideen und Initiativen wollen wir die Freundschaft zwischen den beiden Gemeinden vertiefen“, bekundeten der Roissyer Bürgermeister André Toulouse, der seit Beginn der Partnerschaft diese begleitet, und dessen Hammer Amtskollege Bernd Niederhausen. „Was vor 50 Jahren mit Unterzeichnung des Vertrages über die deutsch-französische Freundschaft - dem Elysée-Vertrag - begann, ist für Roissy und Hamm heute Alltag.“
Am Pfingstsonntag standen im Roissyer Sportzentrum in Anlehnung an das im vergangenen Jahr in Hamm durchgeführte und bei den Roissyern großen Eindruck hinterlassene „Spiel ohne Grenzen“ ein „Boule-Turnier“ mit „Barbecue“ auf dem Programm. Boule wird in verschiedenen Varianten als eine gesellige Mischung aus Spiel, Spaß und Geselligkeit an der „frischen Luft“ gespielt und wurde in Deutschland vor allem durch den ehemaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer populär.
Nach einer ersten kleinen Trainingseinheit begann das Turnier, in dessen Verlauf man mit verschiedenen Boule-Techniken taktierte. Parallel dazu veranstaltete der Roissyer Schützenverein ein Preis-Schießen. Abends war dann die Spannung überaus groß, als die Ergebnisse der beiden Turniere bekannt gegeben und je nach Wettbewerb Pokale und Medaillen überreicht wurden.
„Unsere Zufriedenheit ist die Freundschaft“
Beim Festakt gingen neben den beiden Bürgermeistern auch die Partnerschaftsausschuss-Vorsitzenden Tatjana Kremer (Roissy) und Heiko Grüttner (Hamm) auf die fast dreieinhalb Jahrzehnte lange Verbindung über Ländergrenzen ein. „Unsere Freundschaft steht auf einem festen Fundament und wird von Menschen getragen. Hamm und Roissy sind, wenn auch im Kleinen, Vorbilder für Europa.“ Städtepartnerschaften seien eine ständige Aufgabe für die dort lebenden Menschen. Jede Generation stehe vor der Aufgabe, diese immer wieder mit Leben zu erfüllen. André Toulouse ging kurz auf die aktuelle große Politik ein und bekundete, dass er aktuelle Meinungen einiger französischer Politiker gegenüber dem Nachbarland Deutschland nicht teile und die deutsch-französische Freundschaft eine wichtige Basis für ein vereintes Europa sei.
Als Gastgeschenk überreichte die Hammer Delegation neben zwei Fässern mit von Dieter Salterberg“ gebrautem „Hämmscher Bier“ ein vom Grafiker und Plastiker Volker Niederhöfer in den Grundfarben „blau-weiß-rot“ erstelltes Triptychon, in dem der Künstler deutsch-französische Freiheitswurzeln verbildlichte sowie neue Anstecknadeln mit den beiden Wappen. Die erstmals an einem Pfingsttreffen teilnehmende Familie Ute Anna Weber aus Au/Sieg überreichte ebenfalls ein Gastgeschenk. Für die Hammer Delegation übersetzte wie auch in den vergangenen Jahren, Sabine Vangelista.
Das Triptychon, so Niederhöfer bei der Vorstellung, sei angelehnt an das berühmte Revolutionsbild von Eugene Delacroix: „Die Freiheit führt das Volk“. Im Zentrum ist Niederhöfers verstorbene Frau als Allegorie der Freiheit zu sehen; überschrieben mit dem Motto der Französischen Revolution „Liberté, Égalité, Fraternité“. Im blauen Feld flankiert von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, dem großen Sohn aus Hamm, dem Vater der Genossenschaftsidee, die heute in der gesamten Welt verbreitet ist und immer noch weiter wächst, und im roten Feld von Karl Marx, Stammvater von Sozialismus und Kommunismus. Dieses Jahr jähre sich zum 125. Mal Raiffeisens Todestag, und der von Marx zum 130. Mal.
Beide hätten sich mit den sozialen Problemen ihrer Epoche der industriellen Revolution beschäftigt, betonte Niederhöfer weiter. Raiffeisen von der christlich-individuellen Seite mit „Einer für alle, alle für einen“ und Marx eine revolutionäre Lösung suchend, mit „Proletarier aller Länder vereinigt euch.“ Man kenne das Resultat. Aber selbst bei allen Gegensätzen hätten Beide doch gemeinsame Wurzeln. „Es ist die Idee der Aufklärung, der Menschenrechte, die Ideen von Rousseau, Voltaire, Kant, Lessing. Ideen, die in Europa erstmals in der Französischen Revolution von 1789 verwirklicht wurden, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Da liegt unsere Basis, im Zentrum des weißen Feldes, und es ist die Grundlage unserer Staaten, Frankreich und Deutschland, unserer Gemeinden, in Europa und weltweit.
Wir müssen diesen Weg weiter gehen und unsere Ideale verteidigen.“
Das von ihm geschaffene Bild sei ein kleines Andenken an die, „die den Boden bereitet haben für unser Leben in Freundschaft, in Freiheit, wo Männer und Frauen gleich sind und brüderlich zusammenleben. Und wir haben uns über Ländergrenzen vereinigt, um zusammen zu arbeiten, einer für alle und alle für einen“, so Niederhöfer abschließend.
„Les Visitables“ zum zweiten Mal am 15. und 16. Juni in Roissy
Heiko Grüttner ließ die vergangenen Jahre der Roissyer und Hammer Partnerschaft Revue passieren, in denen er fünf Jahre als Vizepräsident und die letzten zehn Jahre als Präsident im Hammer Partnerschaftsausschuss tätig war. Zum Ende des Jahres werde er das Amt niederlegen, da er das Amt des Wehrleiters übernommen habe; aber weiterhin für den Ausbau der Partnerschaft eintreten. Grüttner dankte allen Helfern für deren Mithilfe. Besonders erfreut zeigte er sich, dass es den Hämmschern in diesem ‚Jahr gelungen sei, mit einer großen Delegation in zwei Bussen nach Roissy zu fahren. „Ich hoffe, dass die Roissyer sich im nächsten Jahr revanchieren.“
Grüttners Roissyer Kollegin Tatjana Kremer sprach ihrem Team ebenfalls einen aufrichtigen Dank für die doch nicht immer einfache Vorbereitung eines solches umfangreichen Treffens aus. Sie wünschte sich ebenfalls ein weiteres Gedeihen der Freundschaft über Ländergrenzen hinweg.
Die Roissyer Freunde überreichten ein Kunstwerk von dem am 15. und 16. Juni dieses Jahres
um zweiten Mal nach 2011 stattfindenden „Les Visitables“, einem großem Stadtfest mit mittelalterlichem Charakter. Mit einer kurzen Programmvorstellung erging auch die Einladung nach Hamm, möglichst mit einer großen Delegation an diesem „Spektakel“ teilzunehmen. Weitere Auskünfte hierzu erteilt die Ortsgemeinde Hamm.
Am gestrigen Pfingstmontag tagten beide Partnerschaftsausschüsse; kurz nach Mittag hieß es dann Abschied nehmen. Im Hammer Land wartet man nun im nächsten Jahr auf die beiden Busse aus Roissy zur nächsten „Jumelage“. (rö)
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