Westerwälder unterwegs auf dem Hunsrücker Windweg
Gemeinsam hatten Bündnis 90/Die Grünen und die SPD im Landkreis zur Erneuerbaren-Energie-Tour eingeladen. Es ging in den Hunsrück, besichtigt wurde die Morbacher Energielandschaft und gewandert wurde auf dem Hunsrücker Windweg.
Kreis Altenkirchen. Eine bunte Gruppe von interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Kommunalpolitikern, Mitgliedern der BI Siegtal und der Energiegenossenschaft Maxwäll machte sich am Wochenende auf den Weg zu zwei wichtigen Windkraftstandorten in den Hunsrück.
Die Tour hatten Marion Pfeiffer von Bündnis 90/Die Grünen in Betzdorf und Michael Weller, Sprecher der SPD im Verbandsgemeinderat Kirchen organisiert. Sie wollten aufzeigen, was mit erneuerbaren Energien alles möglich ist. So führte die Reise zunächst in die Morbacher Energielandschaft, die seit über 10 Jahren erfolgreich moderne Energietechnologie mit Klimaschutz und regionaler Wertschöpfung verknüpft. Das weltweit beachtete Vorzeigeprojekt (insgesamt 35.000 Besucher aus 92 Ländern) umfasst auf einem 146 Hektar großen ehemaligen Militärgelände 14 Windkraftanlagen, 20.000 Quadratmeter Fotovoltaikmodule auf Dach- und Freiflächen, eine Biogasanlage mit Holzpelletwerk, ein Holzhackschnitzel-Blockheizkraftwerk sowie einen Gewerbepark. Etliche Teilnehmer sahen hier Parallelen zum Stegskopfgelände im Westerwald.
Errichtet wurde dieses einzigartige Ensemble der Energielandschaft von der Gemeinde Morbach und dem Landkreis Bernkastel-Wittlich, der Energiefirma Juwi in Wörrstadt und dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement vom Umweltcampus in Birkenfeld, einer Nebenstelle der Hochschule Trier. In einer zweistündigen Führung erfuhren die Teilnehmer, dass die vor Ort erzeugten 50 Mio. Kilowattstunden Strom pro Jahr ins Netz eingespeist werden. Damit können durchschnittlich 13.000 Haushalte versorgt werden und rund 32.500 Tonnen CO² eingespart werden.
Die Planer legten großen Wert auf das Gesamtkonzept „Dezentraler Energiemix“. Wenn es nicht ausreichend Wind oder Sonne für die Energiegewinnung gibt, kann man auf das Blockheizkraftwerk oder die Biogasanlage zurückgreifen. Auf die Frage der Landtagsabgeordneten Anna Neuhof, ob auch Speichertechnologie erforscht würde, gab Gemeindevertreter Krickel die Auskunft, dass 2011 eine Versuchsanlage, die Power-to-Gas-Anlage erfolgreich ausprobiert wurde. In einer solchen Anlage wird überschüssige Windenergie für die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff genutzt. Wasserstoff wird mit dem CO² aus der Biogasanlage direkt zu Methan umgesetzt. Mit dem Gas entsteht ein speicherbarer Energieträger.
In der gesamten Energieanlage werden außerdem 10,5 Mio. Kilowattstunden Wärme produziert, die z.B. für die Trocknung der Holzspäne dient. Sie werden als Abfallprodukt für die Pelletherstellung von der Holzindustrie aus der Umgebung angeliefert. Die Einnahmen aus der Verpachtung des Geländes für die Gemeinde Morbach sind beachtlich. Sie bekommt z. B. für ein Windrad am Standort jährlich ca. 20.000 Euro Pacht. Die zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen aus der Energielandschaft stehen nach den Einnahmen aus der ortsansässigen Papierindustrie auf dem zweiten Rang in Morbach. Dadurch hat die Gemeinde eine niedrige Pro-Kopf-Verschuldung.
Nach so vielen Informationen gönnte sich die Wäller Reisegruppe ein Hunsrücker Mittagessen, bei dem weiter über die Art und Weise der Energiewende diskutiert wurde. Anschließend fuhr die Gruppe weiter zum Hunsrücker Windweg, einem 5 Kilometer langen Wanderlehrpfad rund um die Windparks Berglicht und Heidenburg. Die Pressesprecher der Firma ABO Wind, die sich auf Waldstandorte spezialisiert hat berichteten, dass dieser interaktiven Wanderweg seit 2012 besteht. Er macht schwierige technische Details von Windenergieanlagen mit einfachen praktischen Übungen verständlich macht, so z.B. die Messung der Windhöffigkeit oder wie viel Energie man braucht um ein Rotorblatt zu bewegen. Die elf zu erwandernden Stationen stehen zum Teil auf ehemaligem Waldgelände. Die neueren Anlagen haben eine Nabenhöhe von 100 Meter und Rotoren die z.T. getriebelos und damit relativ geräuschlos die Bewegungsenergie an den Generator übermitteln, der elektrische Energie erzeugt.
Bei viel Wind und Sonnenschein bot der Hunsrücker Windweg fantastische Ausblicke ins Siebengebirge, das Moseltal und den Hunsrück mitsamt seinen Windanlagen. Dieser Anblick wurde von den Betrachtern durchaus unterschiedlich bewertet. Marion Pfeiffer verwies in diesem Zusammenhang auf die Übersichtskarte von Windenergieanlagen in RLP, die genaue Auskunft über die Anzahl der gebauten und genehmigten geplanten Windräder im Land gibt. Einmütig erfreut zeigten sich die Wäller Wanderer über zwei Rotmilane, die um den Windpark kreisten.
Nach zwei erfrischenden Wanderstunden trat die Gruppe die Heimreise an. Michael Weller dankte allen Beteiligten für den regen Austausch an Informationen und den respektvollen Umgangston miteinander, gerade wegen der unterschiedlichen Auffassungen.