Werbung

Nachricht vom 09.07.2013    

Gerd Hermann: Ehrenamt wird mit Füßen getreten

Gerd Hermann ist seit 22 Jahren als Versichertenältester in Sachen Rentenfragen und Rentenanträgen ehrenamtlich tätig. Er erhält eine Aufwandsentschädigung von 47 Euro pro Monat, die als "Einkommen" seit 1999 versteuert werden. Nun sind neue Anforderungen des Finanzamtes bei ihm angekommen, unter anderem Einzelverbindungsnachweise für Telefonate und vieles mehr. Das empfindet er als Schikane und lässt ihn ans Aufhören denken.

Gerd Hermann (links) wandte sich als IG-Metall Mitglied an den Bevollmächtigten der Geschäftsstelle Betzdorf, Claif Schminke, und bat im Hilfe. Foto: anna

Betzdorf. „Es ist schlimm, dass man mit Bürgern im Ehrenamt so umgeht!“ ereiferte sich der IG Metall Bevollmächtigte Claif Schminke zu der Geschichte von Gerd Hermann. Ein Grund für die IG Metall Öffentlichkeit herzustellen im Rahmen einer Pressekonferenz.
Die Geschichte:
Gerd Hermann ist 69 Jahre alt und seit nunmehr 22 Jahren als Versichertenältester der Deutschen Rentenversicherung tätig. Er berät Arbeitnehmer und stellt für diese die Rentenanträge. In Widersprüche seitens der Rententräger mischt sich Hermann nicht ein, das ist nicht seine Sache. Zu seinen Klienten gehören Arbeitnehmer aus dem gesamten oberen Kreis Altenkirchen und teils dem benachbarten Westerwald Kreis.
Die meisten Ratsuchenden kommen zu Hermann nach Hause, einmal monatlich hat er aber auch einen Sprechtag im Rathaus Kirchen und im Rathaus Daaden. Dort nehmen dann bis zu elf Personen am Tag seine Beratung in Anspruch. In seinem Büro in Sassenroth erhält Hermann täglich vier bis fünf Klientenbesuche. Dies alles ehrenamtlich gegen eine pauschale Aufwandsentschädigung von 47 Euro im Monat.

Schminke berichtete, dass Hermann sich all die Jahre über bezüglich des Sozialrechtes auf Tagungen fortgebildet habe. Dazu seien Reisen nach Frankfurt, Speyer oder in andere Orte notwendig. Dies sei für jemanden, der selbst schon im Rentenalter sei auch nicht immer ganz einfach. Schminke berichtete weiter, dass die Beratungen zum Thema Rente meist so eine bis eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen und meist zwei bis drei Beratungstermine pro Klient benötigt würden, bis ein Rentenantrag gestellt werde. Für das Erstellen eines solchen Antrages erhält der Versichertenälteste dann eine weitere kleine Aufwandsentschädigung.

Seitens der IG Metall ist man besonders froh über das ehrenamtliche Engagement von Hermann, denn im Hause der IG Metall Geschäftsstelle Betzdorf, ist niemand so mit dem Thema vertraut wie Gerd Hermann. Daher schicken Schminke und seine Mitarbeiter, alle Mitglieder, die einen Antrag auf Rente stellen möchten, vorsorglich zu dem Versichertenältesten.
Umso schockierter war Schminke nun, als Hermann ihn vor einiger Zeit anrief und von seinen Schwierigkeiten berichtete, sowie seine Überlegungen, das Ehrenamt aufzugeben. „Es ist mir langsam leid“, meinte Hermann damals.

Was war geschehen? Der Versichertenälteste muss seit dem Jahr 1999 die Aufwandsentschädigungen als „Einkommen“ beim Finanzamt angeben. Dem gegenüber konnte er seine realen Aufwendungen, wie Telefonkosten, ein im Haus befindliches Büro und andere Dinge geltend machen und dies war all die Jahre auch nie ein Problem.
Nun plötzlich hat Hermann vom Finanzamt Altenkirchen-Hachenburg ein Schreiben erhalten, in dem er aufgefordert wird, alle einzelnen Telefonverbindungen nachzuweisen. Außerdem soll er die Wohnfläche seines gesamten Hauses und die seines Büros aufmessen, damit ihm dieses Arbeitszimmer auch weiterhin steuerlich anerkannt wird.



Dies sehen sowohl der Versichertenälteste als auch der IG Metall Bevollmächtigte als reine Schikane an. Da opfere jemand viele Stunden seiner Freizeit, mit Beratungen und Fortbildungen, helfe den ratsuchenden Menschen und werde dann dafür so behandelt. "Da werden unnötig Hürden aufgesetzt", so Schminke. So könne man für die Zukunft auch keine Nachfolger finden.

„Da wird sich an die kleinen Leute gehalten, während man die Großen (ob da wohl Heynkes gemeint?) laufen lässt“, so Schminke. Er selbst hat die Vermutung, dass man erfolgreiche Berater wohl nicht haben möchte, um so den Rentenkassen Gelder zu sparen. Beide hatten sich entschieden, mit diesem Thema mal an die Öffentlichkeit zu gehen.

Es könne doch wohl nicht sein, dass man den ehrenamtlich tätigen Bürgern in diesem Land auch noch zusätzlich das Leben schwer mache. Eigentlich würde Gerd Hermann diese Tätigkeit, falls er gesund bleibt, gerne noch zwei bis drei Jahre weiter machen. So an die 800 bis 1000 Beratungen führt er im Jahr durch. Diese seien früher auch längst nicht so kompliziert gewesen, da gab es keine Abschläge oder Verschiebungen. Doch seit dem Jahr 2000 werde die Angelegenheit zunehmend komplizierter, so Hermann.
Er sei zudem Versichertenältester aller drei Rententräger, der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, der Deutschen Rentenversicherung des Bundes und der Rentenkasse Knappschaft-Bahn-See. Zu ihm können also nicht nur gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer kommen, erklärte er.
Claif Schminke würde es gerne sehen, wenn Hermann noch einige Zeit weiter dieses Ehrenamt bekleiden könnte. Denn ein Nachfolger muss entsprechend eingearbeitet und geschult werden. Sowohl Schminke als auch Hermann erhoffen sich, dass diese Veröffentlichung eine Reaktion hervorruft, die dazu führt, solche Hürden der Bürokratie abzubauen, damit das Ehrenamt nicht mit Füßen getreten, sondern zukünftig gestärkt wird. (anna)


Lokales: Betzdorf & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


THW Betzdorf: Drei neue mobile Notstromaggregate ergänzen die Ausstattung

Der russische völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in weiten Teilen Europas die Alarmglocken ...

Erfolgreicher Girls' Day bei der Polizei in Betzdorf

Die Polizei Betzdorf nahm auch dieses Jahr wieder erfolgreich am bundesweiten Girls' Day teil und bot ...

Fahrrad-Exkursion rund um Altenkirchen lädt zur Entdeckung ein

Anlässlich des Internationalen Tags der Streuobstwiese lädt die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Westerwald-Sieg ...

Passionsandacht in Flammersfeld

Karsten Matthis, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Flammersfeld, lädt zur Passionsandacht ...

"Abenteuer Heimat" im Westerwald-Museum für Motorrad und Technik in Steinebach

In der Luft hängt hier nicht der Geruch, sondern der Duft von Benzin; und jedes Exponat ist eine kleine ...

Drei Tote in Weitefeld - Kriminalpsychologe erwartet schnellen Fahndungserfolg

Nach dem Fund von drei Toten in Weitefeld am Sonnntag (6. April) im Westerwald rechnet der Wiesbadener ...

Weitere Artikel


VG-Pokal ging an SG Mittelhof/Niederhövels

Der TuS Niederhövels war in diesem Jahr Ausrichter der Verbandsgemeinde-Pokalturniere für die Senioren- ...

Talente in der Region binden

Die ADG Business School auf Schloss Montabaur und die Westerwald Bank stellten im Rahmen eines Unternehmerfrühstücks ...

XXL-Belastungen im Gesundheitsdienst

Im Rahmen der Präventionskampagne „Das richtige Maß an Belastung hält den Rücken gesund!“ der Unfallkasse ...

Unterschriften in Mainz übergeben

Die Kampagne "Anschluss Zukunft" die vor mehr als einem Jahr startete und auf die desolate Verkehrsinfrastruktur ...

Kinderfreizeit im Herbst

Die Sommerferien sind in vollem Gange, aber man kann jetzt schon an den Herbst denken. Der CVJM Betzdorf ...

Gesellenbriefe überreicht

Das Damenschneiderhandwerk ist nach wie vor attraktiv. Die Prüfungen an der Berufsbildenden Schule (BBS) ...

Werbung