100 Jahre Westerwaldbahn mit Festakt gefeiert
100 Jahre Westerwaldbahn, ein Grund zum feiern. Da wurde im Festakt auf eine wechselvolle Geschichte zurückgeblickt, und auch den Blick in die Zukunft mit neuen Aufgabenfeldern gewagt. Auch Kritisches in Richtung Politik war zu hören und zur Regulierungswut in Brüssel. Geschäftsführer Horst Klein eröffnete den Festakt mit dem anschließenden Tag der offenen Tür.
Steinebach/Bindweide. Seit nunmehr 100 Jahren besteht die Westerwaldbahn, mit Sitz auf der Bindweide oberhalb von Steinebach und hat in dieser Zeit eine sehr wechselhafte Geschichte erlebt. Stecken wurden in Betrieb genommen und auch wieder stillgelegt. Zeitweise gab es Verbindung über Weitefeld hinaus bis zum Flughafen Lippe im Siegerland. In 1960 erfolgte eine Umstellung des kompletten Personenverkehrs auf die Straße. Im Jahre 1999 wurde die Westerwaldbahn GmbH gegründet und auch Reisecenter in den Bahnhöfen Betzdorf und Wissen wurden im Verlauf der Jahre eingerichtet.
100 Jahre sind natürlich ein guter Grund zum Feiern und so hatte man eine große Anzahl von Gästen aus Politik, Wirtschaft, Finanzwelt, Verbund- und Geschäftspartner, sowie Pensionäre und Mitarbeiter zum Festakt in die Omnibushalle eingeladen, die dort von Horst Klein, dem Geschäftsführer begrüßt wurden.
Als die Westerwaldbahn am 9. Januar 1913 eröffnet worden sei, habe diese als Synonym für Freiheit und Fortschritt gegolten und es sei von einem „Tag einer großen Ära“ gesprochen worden. Seit 100 Jahren befindet sich die Weba im Besitz des Kreises Altenkirchen und der Kreis habe immer zu seiner Bahn gestanden. Auch das Land habe die Westerwaldbahn immer unterstützt. Ohne die Förderung durch das Land gäbe es heute diesen modernen Betriebshof nicht, so Klein. In 100 Jahren habe die Westerwaldbahn nur vier Geschäftsführer gehabt, Landräte hätte es in derzeit wesentlich mehr gegeben.
Landrat Michael Lieber hielt in seiner Rede sowohl einen Rückblick in die Historie, als auch einen Ausblick in die Zukunft. So hätten sich das Gebhardshainer Land und die Höhengemeinden des Daadener Landes wirtschaftlich nicht entwickeln können, auf Grund der fehlenden Infrastruktur. Dies habe sich dann ab 1913 geändert. Nun habe man von dort das Siegtal schnell und bequem erreichen können. Von Anfang an sei die Westerwaldbahn finanziell nicht auf Rosen gebettet gewesen, was sich bis heute nicht geändert habe. Es stünden erneut Umstrukturierungen an.
Hellertalbahn und Vectus werde es künftig nicht mehr geben. Neue Aufgabenfelder müssten gefunden werden. Man hoffe auf eine stärkere Zusammenarbeit mit der „Hessischen Landesbahn“, Gespräche dazu seien aufgenommen worden. Zurückgehende Schülerzahlen bedeuteten Probleme für den Personennahverkehr, aber gerade der Schülerverkehr sei das Rückgrad des ÖPNV im ländlichen Raum. Auf Dauer werde es auch im Güterverkehr schwierig „ohne Verluste zu fahren“. Doch gerade dem Kreis als Eigentümer sei daran gelegen, die Zukunft des Unternehmens zu entwickeln und die Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tragen.
Dr. Lothar Kaufmann fand, dass die Weba gut aufgestellt sei. Deren Bau Anfang des 20. Jahrhunderts sei eine vorausschauende Maßnahme gewesen. Seitens des Landes Rheinland-Pfalz habe man die Weba seit der Bahnreform mit 6,7 Millionen Euro gefördert. Zudem sei es vor Ort gelungen, den regionalen Schienenverkehr aufrecht zu erhalten. Das auch der Güterverkehr noch immer funktioniere sei nicht zuletzt auch der Firma Schütz aus Siershahn zu verdanken.
Als Geschenk brachte Kaufmann aus dem Ministerium einen Bewilligungsbescheid über finanzielle Unterstützung in Höhe von 90.000 Euro mit, um weiterhin in das Schienennetz investieren zu können.
Thomas Nielsen, stellvertretender Verbandsdirektor des Zweckverbandes SPNV-Nord, Koblenz bezeichnete das Konstrukt der Westerwaldbahn als tolles Modell für die Region und wünschte dieser auch für die Zukunft alles Gute.
Stefan Pauly, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM), Koblenz meinte scherzhaft, für ihn sei Horst Klein der Mister-Westerwaldbahn und erinnerte nochmals an den Wandel der Zeit und die vielen Veränderungen, die die Weba seit der Kaiserzeit überstanden habe.
Uwe Hiltmann, Landesgruppengeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)aus Mainz sagte, dass es keineswegs selbstverständlich sei, dass ein Unternehmen wie die Westerwaldbahn 100 Jahre Bestand habe. Im Durchschnitt würden solche Unternehmen nur 50 Jahre alt, was beweise, dass man bei der Weba alles richtig gemacht habe. Einen besonderen Dank sprach Hiltmann dem Geschäftsführer für dessen Engagement in der Landesgruppe aus, wo Klein als Vizepräsident tätig ist.
Über die Herausforderungen an den ÖPNV im ländlichen Raum vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sprach Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV, Köln. Dabei hob er die Vorzüge der regionalen Verbundenheit des Unternehmens Weba hervor und kritisierte den Regulierungseifer in Brüssel. Die sollten sich um die wirklich großen Dinge kümmern und Regionales in der Region regeln lassen. An die anwesenden Politiker gerichtet erklärte Wolff, dass die Schaffung von Infrastruktur auch Schaffung von Volkswirtschaftlichem Eigentum bedeute. Derzeit werde vom Bestand gelebt, sowohl was Straßen als auch Schienennetz angehe, beides werde nicht so instand gehalten wie es notwendig sei.
Der demografische Wandel bedeute nicht nur sinkende Kundenzahlen auch Ingenieure und Fahrdienstpersonal sei immer schwieriger zu finden. Der ÖPNV lebe von den Schülern und sei anders nicht aufrecht zu erhalten. Die Politik müsse sich fragen, ob sie eine Region abhängen oder anbinden wolle? Andere Angebote müssten stärker gebündelt und kostengünstiger gestaltet werden. Der Zuwachs in den Ballungsräumen sei teils nicht mehr in den Griff zu bekommen. Gemeinsames zusammenarbeiten sei notwendig, nur so gäbe es eine Zukunft der Regionen und der Westerwaldbahn.
Mit Musik und Gesang umrahmten die Bindweider Bergkapelle und der MGV Steinebach den Festakt. Im Anschluss daran startete ein „Tag der offenen Tür“ mit Besichtigung von Fahrzeugen und Werkshallen, Dampflockfahrten zwischen Scheuerfeld und Bindweide, sowie einer Hüpfburg und einem Clown für die Kinder. Auf Schautafeln konnten alte Bilder, Pläne und Schriftstücke besichtigt werden. Natürlich war auch für die Verpflegung der Besucher bestens gesorgt. (anna)
Foto 01:
Geschäftsführer Horst Klein begrüßte die Gäste der Westerwaldbahn zum Jubiläum.
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