Appell: Lebendige Dörfer braucht das Land
Beim Stiftungsfest des Evangelischen Kirchenkreises in Daaden macht Gastredner Dr. Ulf Häbel Mut im Dorf zu leben. Lebendige Dörfer brauche das Land und da könne jeder mitmachen und sich einbringen. Der Theologe und Landwirt forderte die Menschen auf, sich einzumischen und Vielfalt zu leben statt zu ertragen. Sieben Projekte wurden unterstützt.
Daaden/Kreisgebiet. „Es gibt eine richtig gute Chance auf dem Lande daheim zu sein und die heißt ‚sich beteiligen’“. Für den Landwirt und Ruhestands-Pfarrer Dr. Ulf Häbel aus Oberhessen haben es die Menschen selbst in der Hand, gegen das „Dörfersterben“ anzugehen.
Der Gastredner beim Stiftungsfest des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen im Daadener Gemeindehaus skizzierte pointiert, bar jeder Jammerei, was Reformen – ob auf landwirtschaftlicher, schulischer oder kommunalpolitischer Basis, in der Vergangenheit in den Dörfern angerichtet haben und dass trotzdem die heutige Dorfbevölkerung gute Chancen auf ein gelingendes Miteinander hat: wenn – so Häbel – es ihnen gelingt, die von ihm charakterisierten vier „Bewohnertypen“ (Alt-Dörfler, Neu-Dörfler, emanzipierte Dörfler und Rand-Dörfler) zu verstehen und „Vielfalt zu leben“ statt nur „Vielfalt zu ertragen“.
Die Kirche sei ein wichtiger Moderator (Kulturlotse) im Prozess der Entwicklung lebendiger Dörfer, hob der Theologe hervor, der sich in seiner oberhessischen Heimat auch kräftig in kommunalpolitische Prozesse einmischt. Mit „seiner Kirche“ im Rücken hat er es geschafft, dass die „Zwergschule“ im Dorf verblieb, junge Familien das Dorfleben bewusst vorzogen und viele neue Kinder gar die Raummöglichkeiten des Kindergartens „sprengten“. Da keine Mittel zur Vergrößerung des Kindergartens da waren, entschloss man sich zum Angebot des „Waldkindergartens“ und hatte wieder Lösungen parat.
Dass es sich lohnt, manchmal unkonventionelle Wege zu gehen, auch Risiken in Kauf zu nehmen, genau zuzuhören und sich „neugierig“ auf Erkundungstour zu begeben, legte der Referent des Stiftungsfestes den Gästen aus vielen Gemeinden, aus Landes- und Kommunalpolitik und vor allem aus dem kirchlichen Raum ans Herz.
Besonders der demographische Wandel und das Bedürfnis der älteren Menschen, möglichst bis zu ihrem Tod selbstbestimmt an vertrautem Ort leben zu können, stelle die Menschen im Dorf vor neue Herausforderungen. Auf den Dörfern stehe die Bevölkerungspyramide meist noch mehr auf dem Kopf als im städtischen Raum. „Und wenn dann noch die ‚Abstammungsfamilie’ nicht greifbar ist, hilft es nur, mit einer „Nachbarschaftsfamilie“ zu leben“. Von dieser, so Häbel, profitierten letztlich Dorfbewohner jeglichen Alters.
Die mitreißenden und Mut machenden Appelle des Referenten passten gut in den Kontext des Stiftungsfestes, hob die Vorsitzende der Kirchenkreis-Stiftung, Superintendentin Andrea Aufderheide, in ihrer Begrüßungsrede hervor.
„Wir wollen als Evangelische Kirche für Menschen in der ländlichen Region da sein: sowohl für die Menschen in unseren ländlich geprägten Kleinstädten als auch für diejenigen, die in unseren Dörfern leben – und wir wollen das auch in der Zukunft tun!“ Die geförderten Projekte dienten letztlich alle der Verbesserung der Lebensqualität von Menschen, die in der Region lebten. Schwerpunktmäßig habe man zwar diesmal die Senioren im Blick gehabt, das Projekt „Familienbegleiter“ sei der Stiftung aber so wichtig, dass man es erneut fördere.
Zwischen der bunten Abfolge der Projektpräsentationen sorgte Kreiskantor Alexander Kuhlo mit einem Bläserensemble des Kirchenkreises und am Piano für schwungvolle Akzente und bewarb gleichzeitig den 4. Westerwälder Bläsertag am 15. September im Kulturwerk in Wissen.
Walter Ecker, Kabarettist aus Daaden, hatte in bewährter Manier allerhand „Nachdenk-Stoff“ in spitze Sätze verpackt und manches so unschuldig musikalisch harmonisiert, dass die Zuhörer „hellwach“ sein mussten. Ecker „gärtnerte“ sich tagesaktuell beim „Wort zum Mittwoch“ durch den laufenden Wahlkampf und schmiedete gemeinsam mit „Bruder Sorglos“ (Gemeindepfarrer Steffen Sorgatz), passend zum aktuellen Trend „Alles per Karte“, einen Rettungsanker für klamme Gemeindekassen. Viel Applaus gab es für die Stocheisen - gemäßen Apercus.
Sieben Projekte wurden unterstützt
Sieben Projekte förderte die Stiftung des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen bislang in diesem Jahr.
Zum zweiten Mal ist das Projekt „Familienbegleiter“ der Evangelischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene dabei. Mit einem neuen Kurs (Beginn: Oktober) sollen weitere Menschen ausgebildet werden, die Familien oder Alleinerziehenden zur Seite stehen. Der Bedarf an Begleitung ist unverändert hoch, Menschen, die etwas Zeit und ihre Lebenserfahrung mitbringen, können wertvolle Unterstützung bei den Herausforderungen im täglichen Alltag sein.
Ebenfalls als Unterstützung für Familien ist das pädagogische Nachschul-Betreuungsprojekt „Huckepack“ gedacht. Im Jugendzentrum in Altenkirchen wird diese Betreuung „weder Hort noch Ganztagsschule – sondern ganz flexibel, aber zuverlässig“ angeboten.
Seit 2003 gibt es in der Kirchengemeinde Freusburg einen Jugendtreff. U.a. mit Fördergeldern lernten die Jugendlichen dazu ein Jubiläums-Fest selbständig zu planen und durchzuführen.
Am 15. September wird es zum vierten Mal im Kirchenkreis, diesmal im Wissener Kulturwerk, einen „Westerwälder Bläsertag“ geben, auch diese Gelegenheit für „Jung und Alt“ gemeinsam zu musizieren und sich an Klängen zu erfreuen, wird von der Stiftung gefördert.
Ebenfalls für musikalische Aktionen – sowohl für Kinderchöre wie auch beim Seniorentreff – soll ein digitales Piano im Bereich der Kirchengemeinde Almersbach eingesetzt werden. Auch dafür gab es Unterstützung.
Senioren standen bei der Bewilligung der Fördergelder diesmal intensiv im Fokus des Stiftungsrates. So wurden für die evangelische öffentliche Bücherei in Altenkirchen Großdruck- und Hörbücher gesponsert. Produkte, die immer stärker nachgefragt werden.
Einen „Medienkoffer Jung und Alt“ hat das Schulreferat des Kirchenkreises erarbeitet. Mit dem Koffer, der u.a. von Gemeindegruppen ausgeliehen werden kann, lässt sich – nicht nur anhand von Bilderbüchern – generationenübergreifend ins Gespräch kommen. (pes)
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