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Die Globalisierung bietet auch Chancen
Dass die Globalisierung für unsere Region auch Chancen bietet, darüber waren sich die Podiumsteilnehmer beim 4. Wissener Wirtschaftstreffen einig. Und wie diese Chancen genutzt werden können, darüber wurde am Freitagabend im Podium fachkundig diskutiert. Der neue Regiobahnhof bot die Kulisse und Landrat Michael Lieber nahm dies zum Anlass, die Parole auszugeben: "Wenn man etwas will, dann geht es auch." Und er machte Mut: "Angst machen gilt schon mal gar nicht."
Wissen. Die Passage des neuen Regiobahnhofes in Wissen war voll von Menschen. Aber sie warteten nicht auf den Zug, sondern auf Lösungen, wie sich die heimische Wirtschaft der Herausforderung Globalisierung stellen kann. Patentlösungen gibt es nicht, so könnte man resümieren, aber Lösungen gibt es. Sie hören sich einfach an, sind aber schwer umzusetzen: Man muss komplexe, bessere Angebote für den Kunden bieten.
Hausherr Michael Wagener hatte neben den Podiumsgästen und den zahlreichen interessierten Bürgern zu der Veranstaltung der Wissener Zukunftsschmiede neben Moderator Henning Schröder (Gechäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises) den Arbeitskreisleiter Wirtschaft der Zukunftsschmiede, Armin Quast begrüßt. Quast hieß die Podiumsteilnehmer Markus Braun (Geschäftsführer Kautex Textron), Fritz Mayinger (Geschäftsführer Stanz Tech Treuenbrietzen und Mitgesellschafter bei Dalex), Wolfgang Wagner (Industrievertretungen) und Landrat Lieber willkommen, ebenso wie die Vertreter der mitveranstaltenden Kreissparkasse Altenkirchen und der Westerwald Bank.
Schröder verwies als Einstieg zunächst auf die negativen Auswirkungen, die Globalisierung offensichtlich mit sich bringt: Vor allem größere Unternehmen zog es wegen der günstigeren Produktionskosten gen Osten (Beispiele wie AEG/Electrolux oder Miele wurden genannt). Dies hat oft genug zur Folge, dass auch mittelständische Betriebe ihre angestammten Regionen als Zulieferer verlassen müssen und sich zumindest in Teilen auch in Osteuropa ansiedeln. Dort, so Schröder - er nannte als Beispiele unter anderem Rumänien mit der Textilproduktion und Bulgarien -, boome die Wirtschaft trotz Korruption und Verwaltungschaos.
Wolfgang Wagner schilderte, wie´s funktioniert: Was man getan habe und weiter tun müsse, sei lohnintensive Plätze zu verlagern. Dabei gehe es nicht darum, Arbeitsplätze wegzurationalisieren, sondern den Standort zu sichern. Bei Produktionsschienen, die eine hohe Arbeistintensität erfordern, sei Osteuropa eindeutig im Vorteil, zumal die Qualität der Arbeit und der Maschinen beispielsweise in Tsechien sehr gut sei.
Landrat Michael Lieber hob die Stärken der heimischen Region hervor. Die gebe es vor allem bei Dingen, die mit Metall zu tun haben. Hier gebe es etliche gut aufgestellte mittelständische Betriebe: Wenn es gelinge, sich weiterzuentwickeln, dann könne man die Globalisierung bestehen. Dazu gehöre auch die bessere Anbindung des Kreises an die großen Verkehrsachsen. Der Landrat beklagte, dass auf diesem Gebiet noch immer viel zuviel an Planungszeit vergeudet werde. Lieber: "Die Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, dann können wir bestehen." Zu diesen Rahmenbedingungen gehörten auch die Bildung und die Weiterbildung der Arbeitnehmer und die Schaffung von Netzwerken auf dem Gebiet der Bildung und Weiterbildung. Hier sei man durchaus schon auf einem guten Weg, etwa was die Zusammenarbeit mit der Universität in Siegen betreffe.
Markus Braun ist sich sicher: "Die Globalisierung ist grundsätzlich etwas Gutes." Braun sprach die Konkurrenz auch innerhalb des Konzerns an. Die müsse man zunächst einmal bestehen. Deshalb sei man bei Kautex in Wissen bemüht, ganzheitliche Lösungen für die Kunden zu präsentieren. "Wir müssen das anbieten, was man anderswo so nicht bekommen kann," sagte Braun. Und zwar mit know how, Intelligenz und einem überzeugenden Logistikkonzept. Auch müsse man in die Mitarbeiter investieren. Dies lohne sich auf jeden Fall und Braun nannte hier eine beeindruckende Zahl: Bei 300 Mitarbeitern habe es im vergangenen Jahr 10000 Verbesserungsvorschläge gegeben.
Fritz Mayinger sagte, als Zulieferer sei man gezwungen, den Trend zur Auslagerungen beispielsweise in den Ostblock mitzumachen: "Uns blieb nichts anderes übrig." Es seien schließlich die großen Auftraggeber, die den Preis machten. So werde seine Firma in der Nähe von Potsdam ein neues Werk in Polen aufbauen, nahe der deutschen Grenze. Dies müsse man aus logistischen Gründen so machen, aber auch aus Kostengründen. Mit der Zeit, ist sich Mayinger sicher, werde es aber auch hier eine Anpassung geben.
Eine große Bedeutung hat die berufliche Bildung, waren sich die Podiumsteilnehmer sicher. So meinte Markus Braun, es müsse darum gehen, aus einfachen Tätigkeiten komplexe zu machen. "Es gibt Dinge, die können wir nicht aufhalten, aber es wird Dinge geben, da sind wir mit komplexen Lösungen besser," sagte Braun. Deshalb müsse man die Chance wahrnehmen, die Firmen zu optimieren. Das heiße vor allem auch, Verschwendung auszuschalten, um in Europa wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben.
Alles in allem waren sich alle im Podium einig: Die Globalisierung schafft Probleme, aber es gibt auch für den Kreis Altenkirchen gute Chancen, sie zu bestehen, trotz der Tatsache, wie Mayinger es ausdrückte, dass "knallharter Wettbewerb" herrsche. Knallhart auch seine Antwort auf eine Frage aus dem Publikum, wo bei der ganzen Entwicklung und der Diskussion um die Globalisierung denn der Mensch bleibe: "Wir sind knallharte Manager. Wir müssen unsere Firmen voranbringen. Dafür werden wir bezahlt." Auch Markus Braun sieht das ähnlich: "Wir haben in die Menschen investiert, aber wir haben nur ein Ziel, Geld zu verdienen. Das ist das Spiel des Lebens, aber man muss fair dabei bleiben." Und schließlich: Geld zu verdienen und sichere Arbeitsplätze, das müsse kein Widerspruch sein...(rs)
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Zahlreiche Gäste waren in die Passage des Wissener Regiobahnhofs gekommen, um etwas über die Auswirkungen der Globalisierung auf den Kreis Altenkirchen zu hören. Auf dem Foto von links: Arbeitskreisleiter der Wissener Zukunftsschmiede, Armin Quast, Fritz Mayinger, Landrat Michael Lieber, Moderator Henning Schröder, Hausherr Bürgermeister Michael Wagener, Wolfgang Wagner und Markus Braun. Fotos: Reinhard Schmidt
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