Ines Eutebach will Bürgermeisterin werden
Ines Eutebach stellt sich am Sonntag zur Wahl um das Amt der Bürgermeisterin in Betzdorf. Sie nennt im Interview ihre Schwerpunkte. Arbeitsplätze mit guten Löhnen, Innenstadt lebenswerter gestalten, die Themen Demografie und Jugend wurden erläutert.
Betzdorf. Die Verbandsgemeinde Betzdorf leidet seit geraumer Zeit unter deutlichem Arbeitsplatzverlust. Wie sähe die Wirtschaftspolitik einer Bürgermeisterin Eutebach aus? Was würden Sie anders machen als der Amtsinhaber Bernd Brato?
"Es ist mir wichtig neue Investoren nach Betzdorf zu holen. Das dies nicht einfach ist, ist mir klar. Die Infrastruktur ist vorhanden. Es gilt also gemeinsam zu überlegen diese effizient zu nutzen, ohne dass es den Stadtsäckel zu sehr belastet. Ich sehe hier die Erfordernis eines weiteren Full-Time-Jobs in der Verwaltung anzustreben, um die Aufgaben hin zu einer befriedigenden Besiedlung der leerstehenden Industrieflächen intensiv betreiben zu können. Das was beim ehemaligen Lampertz-Gelände gilt, muss auf die gesamte Verbandsgemeinde ausgeweitet werden".
Wenn man sich die Wiederbelebung des ehemaligen Lampertz-Geländes oder die Einführung des schnellen Internets ansieht, dann war die Gründung der Regionalen Entwicklungsgesellschaft anscheinend ein guter Weg. Wie würden Sie darauf aufbauen?
"Sie ist auf einem gutem Weg. Mir ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Investoren neue Arbeitsplätze, und damit meine ich Voll- oder zumindest Teilzeitarbeitsplätze, zu schaffen. Es sind meistens Minijobs, die sogenannten 400-Euro-Arbeitsplätze, die da geschaffen wurden und es handelte sich oft um Umzüge innerhalb der Verbandsgemeinde. Von daher muss man schon differenzieren, wie viele neue Arbeitsplätze durch eine anzustrebende Ansiedlung respektive einen VG-internen Umzug wirklich entstanden sind. Hierauf muss die regionale Entwicklungsgesellschaft ihr Augenmerk richten. Vielleicht mehr noch als bisher".
Was ist ihr Eindruck, wie viele feste Arbeitsplätze es gebracht hat?
"Das kann ich Ihnen mangels entsprechender und fundierter Informationen nicht beantworten. Es war die Rede von 30, mal werden 50 genannt. Aber ich erinnere an meine Aussage, dass hier genau zu differenzieren ist. Für mich zählen Minijobs nicht als Errungenschaft. Damit ist den Bürgern und der Verbandsgemeinde nicht geholfen".
Auch zu einer Art Wirtschaftspolitik: Wenn man durch die Innenstadt geht, merkt man seit etlichen Jahren, dass Geschäfte sterben oder es zumindest zunehmend schwer haben, während der Onlinehandel blüht. Kann man da als Bürgermeisterin einen solchen Kampf überhaupt gewinnen? Würde es lohnen, den Kampf überhaupt aufzunehmen oder fortzuführen?
"Ich sehe das etwas anders. Bei genauer Betrachtung stellt man fest, dass sich wieder was tut in Betzdorfs Innenstadt. Natürlich ist das nicht genug. Es lohnt sich immer zu kämpfen. Und wenn es in Anführungszeichen nur um ein Geschäft geht oder um einen Leerstand weniger. Ich würde mir den demografischen Wandel zunutze machen. Das heißt, wir sind von der Aktionsgemeinschaft schon seit Jahren bestrebt, den Leerstand zu minimieren. Ich würde die Immobilieneigentümer anschreiben und Gespräche führen. In anderen Städten hat es funktioniert, die Immobilienbesitzer zu motivieren, aus ihren Geschäften senioren- und behindertengerechte Wohnungen zu machen für die es (noch) Fördermittel vom Land gibt. Der Trend ist, dass Senioren wieder vermehrt in die City, nach Betzdorf, möchten. In Betzdorf gibt es für sie alles. Das positive dabei ist, dass sie vom Bäckerladen übers Café bis hin zu Apotheken und Arztpraxen alles auch fußläufig erreichen können. Ein nicht zu verkennender Vorteil der Innenstadt. Das sollten sich die Immobilienbesitzer zunutze machen".
Apropos demografischer Wandel: Die Verbandsgemeinde hatte hier einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der nun umgewandelt werden soll in einen festen Ausschuss. Wo sehen Sie bei dem Thema demografischer Wandel persönlich Nachholbedarf?
"Jeder fordert: Dem demografischen Wandel entgegen wirken. Bereits 2002 habe ich den demografischen Wandel zu thematisieren versucht, erntete aber Unverständnis. 2007 erneut, doch auch da hieß es noch „ Dadd bruchen mä nedd.“ Den Arbeitskreis “Demografie“ finde ich von der Idee her ausgezeichnet und ich weiß auch um seine Erfordernis. Ein fester Ausschuss findet meine absolute Unterstützung.
Ein Beispiel: Geht man in Betzdorf über den Wochenmarkt, stellt man fest, dass die Zahl der Senioren weit höher ist als die der jungen Menschen. Ältere Mitbürger sind kaum mehr in der Lage ihre Einkäufe zu schleppen. Meine Antwort ist hierauf: ein Depot installieren. Im Moment bin ich im Kontakt mit einigen Markthändlern, die das als gute Idee betrachten. Es handelt sich hier um eine Art Zelt oder Pavillon, platziert in Höhe der Post und nennt sich dann Markt-Depot. Die Einkäufe an den Marktständen werden gekennzeichnet, der Kunde erhält einen Abholschein. Ein Bote bringt die Artikel zum Markt-Depot und gegen Vorlage des Bons werden die Artikel nach dem Marktbesuch ausgehändigt. Ein einfaches, aber effizientes System und auch nur ein kleines Beispiel von vielen".
Was wäre das erste konkrete Projekt, das Sie als Bürgermeisterin in Angriff nehmen würden?
"Da muss ich mir erst mal ein Bild machen, welche sogenannten Baustellen hier in der VG anzugehen und abzuarbeiten sind. Es liegt auf der Hand, dass Prioritäten gesetzt werden müssen. Dennoch kann man jedem Bürger gerecht werden. Ich persönlich habe mehrere Projekte, die mir am Herzen liegen und die ich vorantreiben möchte. Arbeitsplatzbeschaffung hat für mich erste Priorität. Ein weiteres Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, ist die Gründung eines Vereins. Einen gemeinnützigen Förderverein von Bürgern mit Bürger und für Betzdorf".
Wo ist der Unterschied zu den Stadtgesprächen?
"Die gelaufenen Stadtgespräche waren vom Ansatz her gut und haben auch manches gebracht, waren aber politisch beeinflusst, weil die Ergebnisse und zum Teil sehr gute Vorschläge teils an den Mehrheitsverhältnissen scheiterten. Zudem haben die Stadtgespräche respektive das gesamte Projekt eine nicht unerhebliche Geldsumme verschlungen. Gemeinnützige Vereine können da besser und effizienter und vor allem kostengünstiger arbeiten.
Das entspräche auch Ihrem Motto eher kleine statt große Schritte zu wagen. Aber ist es nicht so, dass eher die großen Schritte der letzten Jahre gezeigt haben, dass man mit großem Denken auch weit vorankommen kann in der Region? Stichwort Regionale Entwicklungsgesellschaft, Internet oder das Gewerbegebiet in Wallmenroth?
"Mit kleinen Schritten kommt man schneller ans Ziel. Das darf nicht verkannt werden. Man kann ja auch kleine Schritte tun und parallel große dabei mitplanen".
Können Sie Unterschiede zum Amtsinhaber nennen in der Umsetzung politischer Projekte?
"Was mir fehlt ist die Einbindung der jeweils betroffenen Klientel. Zum Beispiel wird momentan beim Gerberparkplatz für 50.000 Euro eine Anlage für Jugendliche gebaut. Ich würde hergehen und die Jugendlichen fragen: „Was möchtet ihr? Habt ihr Ideen?“ Aber hier wird errichtet, Geld investiert, ohne bei der betroffenen Klientel Ideen hinterfragt oder das Vorhaben erörtert zu haben. Am Jugendstammtisch wurde bemängelt: 50.000 Euro ist eine Menge Geld und das hätte eigentlich nicht ausgegeben werden müssen, wenn man mal gefragt hätte, was die Jugend möchte. Die Jugendlichen hätten sich gewünscht, befragt worden zu sein. Ob Planungen für Senioren, Kinder, Schulen oder andere Personen oder Einrichtungen, es ist wichtig im Vorfeld einen Bedarf zu eruieren indem man die jeweilige Klientel einbindet. Da fehlt mir momentan die Transparenz.
Ich bin eine Frau, die mitarbeitet, anpackt und sich auch als Bürgermeisterin nicht scheuen wird, mitzuarbeiten; anzupacken. Ich denke das unterscheidet den jetztigen Amtsinhaber von mir".
Der Jugendstammtisch der „Aktiven Jugend Betzdorf“ findet unter anderem in ihrem Laden „Oos Betzdorf“ statt. Würden Sie ihn aufgeben als Bürgermeisterin?
"Nein. Mein Mann wird gemeinsam mit meiner Schwägerin den zum Treffpunkt für Jung und Alt gewordenen Laden weiter führen. „Oos Betzdorf“ ist eine großartige Geschäftsidee, die in Betzdorf und der Region als einmalig gelten dürfte. Hier soll ein Wohlfühlgefühl spürbar sein. Und das ist es auch, was ich für die Betzdorfer Bürger möchte: Wohlfühlen ohne Wenn und Aber. Der Mensch steht für mich im Mittelpunkt".
Die Fragen stellte Daniel Pirker, das Interview wurde autorisiert.
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