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Neue Wege bei der Betreuung
Die ARGE im Kreis Altenkirchen geht neue Wege bei der Betreuung von sogenannten "Bedarfsgemeinschaften" (Langzeitarbeitslosen): Das "Zauberwort" heißt "Familiencoaching". Start ist am 1. Juli. Ziel ist, einen Beitrag zu leisten zur Armutsbekämpfung im Kreis Altenkirchen. Ausführender ist die Caritas, die den Zuschlag erhielt. Macher sind zwei Sozialpädagoginnen, je eine für den Ober- und Unterkreis.
Kreis Altenkirchen. "Für mich ist das ein richtig schöner Tag", sagte der Vorsitzende der ARGE-Trägerversammlung, Altenkirchens Bürgermeister Heijo Höfer am Donnerstag Nachmittag im Altenkirchener Rathaus. Der Sozialdemokrat will gemeinsam mit seinen Mitstreitern von Arbeitsagentur und Kommunen die Armut im Kreis Altenkirchen wirksam bekämpfen. Das bedeutet, möglichst viele der Lanzeitarbeitslosen in den 1. Artbeitsmarkt zu bringen, Jugendlichen aus sozial instabilen Familien einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Dazu hat man jetzt das "Familiencoaching" erfunden(?). Gemanaged werden soll das von der Caritas, die die Ausschreibung gewann. Ziel des "Familiencoachings": Den Menschen in seiner gesamten Situation analysieren und ihm entsprechend seines Lebensumfeldes zu helfen.
Geschäftsführer Heiner Kölzer sah das bei der Präsentation des Projektes so: "Familiencoaching" sei in großem Maße klassische Sozialarbeit . Aber nicht nur. Kölzer: "Das ist ein neuer Baustein unserer Arbeit." Oft sei es so, dass prekäre soziale Bedingungen vererbt würden. Deshalb müsse der Ansatz die Familie sein, um den Teufelskreis der "Milieuprägung" zu durchbrechen. Das wird nicht einfach werden, weiß auch Kölzer, gilt es doch zunächst, das Misstrauen der Betroffenen zu überwinden. Kölzer wie auch Rudolf Düber von der Caritas unterstreichen: Wir wollen keine Kontrolle ausüben, sondern den Betroffenen helfen, ihre Situation zu verbessern. Das, so sind sich alle Beteiligten einig, muss der Ansatz sein.
Dass das gelingt, dafür sind zwei Fachkräfte angestellt worden, die in Betzdorf und in Altenkirchen ihren Standort haben. Sie werden in die Familien "hineingehen", - wenn die sie denn lassen - um vor allem den Kindern und Heranswachsenden zu helfen. Ansatzpunkte sind dabei Themen wie Gesundheit, Schule, ein geordneter Tagesablauf allemal. Und das ist eben, das weiß Heiner Kölzer, "in hohem Maße klassische Sozialarbeit". Oberstes Ziel aber ist, die Jugendlichen - und wenn möglich auch natürlich die Erwachsenen - ins Arbeitsleben zu führen, ihr Umfeld zu beachten - Familie, Freunde etc. - und hier Verbesserungen beziehungsweise, wenn nötig, Lösungsprozesse zu initiieren.
"Familienmanagement" sei heute eine der anspruchsvollsten Formen sozialer Arbeit, weiß Rdolf Düber von der Caritas, gehe es doch um das individuelle Eingehen auf Personen. Beide Systeme, Arbeistlosenhilfe und Sozialhilfe, müssteeine Symbiose eingehen. Das bedeute, dass sich die Fachkräfte intensiv mit dem familiären Umfeld der Probanten beschäftigen müssen. Düber: "Es geht aber um Hilfe, nicht um Kontrolle." Deshalb werde man auf größtmögliche Transparenz der Arbeit achten. Wichtig sei, Vertrauen zu gewinnen, zu vermitteln, dass die Teilnahme am Arbeitsmarkt auch bedeute, wieder in die "Gesellschaft" integriert zu werden, "wieder mitreden zu dürfen". Das erste Ziel sei deshalb, sich ein Bild zu machen über die familiäre Situation, deren inneren Aufbau, Stärken und Schwächen der Betreuten herauszufinden. Daraus soll im Idealfall eine gemeinsame Planung der Zukunft, eine gemeinsame Förderung entstehen.
Auf die Fachkräfte wie Diplom Pädagogin Marion Bülow, die für den Unterkreis verantwortlich ist, kommt eine Menge Arbeit zu. Insgesamt gibt es im Kreis 3800 "Bedarfsgemeinschaften", 20 von ihnen sollen parallel von Betzdorf und Altenkirchen aus pro Monat betreut werden. Besondere Zielgruppe sind Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr. Eine Bedarfsgemeinschaft besteht in der Regel aus vier Personen, erzählt die Statistik. Die Zuweisung einer "Bedarfsgemeinschaft" ist auf sechs Monate begrenzt. Dann wird die Nächste ausgewählt. Wer das jeweils ist, darüber müssen sich die "Fallmanager" zuvor Gedanken machen. Ansatz des neuen Projekts war die "Armutsdiskussion", denn "wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz", so die Erkenntnis.
Froh ist man bei allen Beteiligten, dass die Caritas- Dienst und Arbeit den Zuschlag bekommen hat. Denn, so Arnold Wertmann von der Arbeistagentur und Bodo Nöchel von der Kreisverwaltung, hier gebe es das entsprechende Netzwerk, um das Projekt zu einem Erfolg werden zu lassen. (rs)
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Familiencoaching gegen drohende Armut und gegen Langzeit- Beschäftigungslosigket. Sie stellten am Donnerstag das neue Konzept vor (von links): Der Vorsitzende der ARGE-Trägerversammlung, Bürgermeister Heijo Höfer, Sozialpädagogin Marion Bülow, Rudolf Düber (Caritas), ARGE-Geschäftsführer Heiner Kölzer, Bodo Nöchel (Kreisverwaltung) und Arnold Wertmann (Leiter Agentur für Arbeit Betzdorf). Foto: Reinhard Schmidt