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Nachricht vom 10.08.2014    

"Silla" bleibt verschwunden - Der Hund Opfer eines "Rosenkrieges?"

Ein Suchaufruf nach einem Hund aus Kirchen löst überraschend eine riesige Welle der Anteilnahme auf Facebook aus. Regionale sowie überregionale Medien berichten darüber. Der Fall scheint sofort klar und ist simpel erfassbar – auf den ersten Blick. Bei näherer Betrachtung kommen doch einige Fragen auf, deren Beantwortung komplexer ist als es scheint. Und dabei geht es nicht nur darum, wo Silla, der Hund, sich befindet. Das Tier wurde scheinbar instrumentalisiert.

Noch keine Spur von Hund "Silla", dessen skurrile Geschichte nachdenklich macht. Foto: pr

Kirchen/Wallmenroth. Der Suchaufruf nach Silla, dem kleinen Husky-Mischling, im sogenannten sozialen Netzwerk beschäftigt die Nutzer, die Silla damit zum meist gesuchtesten Hund der Republik machen. Bislang ohne Erfolg.

Damit hatte die Wallmenrotherin Tierschützerin Petra Schneider nicht gerechnet: „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Beitrag auf Facebook mehr als zwei oder dreimal geteilt wurde.“ Und nun zählt ihr Suchaufruf im Sozialen Netzwerk vom 31. Juli bereits über 140.000 geteilte Inhalte – die damit zusammenhängenden Beiträge, die teilweise ebenfalls mehrere tausende Male geteilt wurden, nicht mitgerechnet. Tatsächlich könnte man den Aufruf als letzte Waffe in einer Situation der gefühlten Ohnmacht begreifen. Dann wenn persönliche Aufforderungen nichts mehr helfen, wenn anwaltliche Schreiben längst ignoriert wurden und gerichtliche Anordnungen ins Leere zu laufen drohen.

Aber wie kam es zu dieser verworrenen Lage? Letztlich geht es um einen Hund, der von einer Seite instrumentalisiert wurde. Bereits seine Reise von Bulgarien beginnt mysteriös, wie Petra Schneider erklärt: Ein englischer Transporteur von Katzen und Hunden, ansässig im bulgarischen Varna, befördert sechs Welpen nach Deutschland. Ursprünglich sollten die Hunde vom Tierheim Siegen aufgenommen werden, das musste aber abwinken aufgrund mangelnder Kapazitäten, wie Petra Schneider erklärt.

Stattdessen landen die sechs Border-Husky-Mix-Welpen bei Angela P. (abgekürzte Namen von der Redaktion geändert) in Kirchen. Angela P. kennt laut Schneider den englischen Transporteur, der seit einiger Zeit in Bulgarien geschäftlich tätig ist, aus früheren Zeiten, als dieser noch in Deutschland lebte. Angela P. bietet die sechs kleinen Hunde bei Ebay-Kleinanzeigen an.

Bernd H. aus Kirchen und seine Freundin Jenny R. zeigen Interesse und kaufen schließlich einen der Mischlinge: Silla. Der Kauf wird in einem Vertrag dokumentiert, der dem AK-Kurier vorliegt. Anscheinend war er ursprünglich für den Verkauf von Katzen bestimmt: das Wort „Katze“ ist nur durchgestrichen und handschriftlich durch „Hund“ ersetzt worden. Trotzdem geht der Kauf am 22. April über die Bühne. Für 180 Euro Vermittlungsgebühr gehört Silla samt EU-Tierausweis nun Bernd H.
Kurios: Im vorgefertigten Teil des Vertrags ist eine Inga R. angegeben, unterschrieben hat aber Angela P. In der Folgezeit halten Bernd H. und seine Freundin den Kontakt zu Angela P. Aus der Bekanntschaft entwickeln sich gemeinsame Gassigänge und Hundeschulbesuche, erzählt Schneider.

Auch am Morgen des 17. Juli steht Angela P. vor der Haustür. Sie hat sich mit Jenny R. zum Gassigehen tags zuvor verabredet. Bernd H. ist seit dem 16. Juli selbst nicht daheim, er liegt für einen Eingriff im Krankenhaus. Was sich nun an der Haustür abspielt, ist Dreh- und Angelpunkt des Falles – und je nach dem, wen man fragt, komplett anders abgelaufen:
Laut Bernd H., mit dem der AK-Kurier telefonisch sprach, reißt Angela P. seiner Lebensgefährtin Jenny R. die Leine aus der Hand uns zieht Silla in ihr Auto, um schließlich mit ihr zu verschwinden und vorher Jenny R. zuzurufen, dass sie und Bernd H. den Hund nie wieder sähen.

Angela P. schildert im Telefonat mit dem Kurier den Vorfall anders: Danach nahm sie Silla nach dem gemeinsamen Gassigang in ihrem Auto mit. Sie und Jenny R. waren mit dem PKW gemeinsam nach dem Spaziergang zum Haus von Bernd H. gefahren. Laut Angela P. überließ Jenny R. ihr Silla – danach fuhr der Hund im Einvernehmen mit zu Angela P..

Aber was hat sie zu dieser Handlung motiviert? Hier kommt eine weitere Protagonistin ins Spiel: nennen wir sie Frau X. Aus dem Kontext der Gespräche mit Bernd H., Petra Schneider und Angela P. lässt sich relativ konkret schließen: Frau X scheint die Noch-Ehefrau von Bernd H. zu sein, seit rund acht Jahren leben die beiden getrennt. Vor dem Vorfall hat Bernd H. seiner Noch-Frau, wie er erklärt, den Unterhalt gekürzt und die Scheidung eingeleitet. Er vermutet eine „Racheaktion“ seiner zukünftigen Exfrau, durchgeführt von Angela P., die anscheinend mit ihr bekannt ist.

Ebenso geht Petra Schneider davon aus, dass Angela P. von der zukünftigen Exfrau von Bernd H. aufgehetzt worden sei. Auch in Angela P.s Version kommt Frau X vor, allerdings etwas anders dargestellt. Danach stand sie tatsächlich mit der Noch-Ehefrau in Kontakt per SMS. Die Kurznachrichten hätten sie schließlich dazu veranlasst, Silla mitzunehmen – oder aus ihrer Sicht in ihre Obhut zu nehmen. Denn die Handynachrichten ließen sie darauf schließen, dass Frau X Silla „wegschaffen“ will. Damit zusammenhängend unterstellt sie Bernd H., dass ihm der Hund „egal gewesen sei“.
Für Bernd H. schlicht nicht nachvollziehbar: „Wenn dem so wäre, würden wir nicht so einen Zirkus veranstalten.“ Petra Schneider ergänzt, dass sich vor der Tat ein Streit zwischen der Freundin von Bernd H. und seiner Noch-Ehefrau entwickelt hatte, in dem es auch um Silla ging.

Oder wird Silla von Angela P. „zurückgestohlen“? Immerhin sei dies in Deutschland kein Einzelfall, wie die Tierschützerin Schneider sagt. Angela P. weist allein die Behauptung, sie sei Hundehändlerin von sich.
Fakt ist auf jeden Fall: Silla ist nicht mehr bei ihren Besitzern. Klar, dass Bernd H. schnell versucht Kontakt zu Angela P. aufzunehmen – bald steht er vor ihrer Haustür und fordert seinen Hund zurück. Angela P. stellt aber auf Stur und verweigert ihm das. Nachträglich betrachtet sie dies als Fehler, wie sie sagt.



Immerhin kann Bernd H. Freundin Inga R. telefonisch erreichen, die im Vertragsvordruck als Übereignerin angegeben war, aber nicht unterschrieb. Allerdings will sie nichts zu tun haben mit dem Vorfall. Später geht sie nicht mehr ans Telefon.
Schließlich schaltet Bernd H. einen Anwalt ein, wie Petra Schneider erklärt. Der verfasst ein Schreiben. Darin wird Angela P. dazu aufgefordert, den Hund herauszugeben. Wenn dies nicht geschehe, so kündigt der Jurist an, werde man eine einstweilige Verfügung beantragen und Anzeige wegen Diebstahls erstatten. Damit das Schreiben auch seinen Adressaten erreicht, übermittelt es Bernd H. persönlich, und hat Glück – zumindest je nachdem wie man es sieht. Zwar kann er Angela P. antreffen, aber die winkt ab: Das Schreiben interessiere sie nicht, rekonstruiert Schneider das Aufeinandertreffen. Ein Anruf bei Bernd H.s Noch-Ehefrau bringt auch nichts: Sie habe mit der Sache nichts zu tun, erklärt sie laut Schneider.

Die Tierschützerin Schneider wird erst zu diesem Zeitpunkt eingespannt. Bernd H. ist mit Petra Müller bekannt, die wiederum mit Petra Schneider befreundet ist. Die beiden teilen die Leidenschaft für den Tierschutz. Petra Müller und Petra Schneider nehmen sich des Falls an und fangen am 18. Juli Angela P. ab und stellen sie zur Rede. Angela P. wiederum dreht den Spieß um und ruft die Polizei. Ihr Vorwurf: Sie würde von den beiden festgehalten – was Petra Schneider vehement bestreitet. Sie erhoffen sich von den Polizeibeamten, dass sie dabei helfen, den Fall aufzuklären. Immerhin lässt sich Angela P. nach deren Eintreffen darauf ein, Stellung zu nehmen. Sie habe den Hund geholt, weil er schlecht behandelt worden sei und in deswegen an eine Pflegestelle gegeben.

Später wird ein Gutachten einer Tierärztin vom 10. Juni diese Unterstellung widerlegen. Laut Angela P. sei das Gutachten aber nicht aussagekräftig, erklärt sie dem Kurier. Denn eine Tierärztin könne ja nicht direkt feststellen, ob ein Hund schlecht behandelt worden sei, sondern nur, ob er nicht verdurstet oder verhungert sei.

Auf jeden Fall werden Petra Schneider und Petra Müller von den Beamten aufgefordert zu gehen. Am 20. Juli, an einem Montag, erstattet Bernd H. Anzeige. Donnerstag, den 24. Juli, findet eine gerichtliche Anhörung statt. Geladen sind er, Angela P. und Inga R. Am 30. Juli scheint die Lösung endlich greifbar.

Das Gericht urteilt:
Angela P.s Behauptung sie wolle Silla nur schützen, weil sie bei Bernd H. und seiner Freundin schlecht behandelt worden sei, rechtfertige in keinster Weise ihr Vorgehen.
Die Richterin veranlasst eine einstweilige Verfügung. Angela P. muss den Hund herausgeben. Ihre Aussage, sie wisse nicht, wo sich der Hund befinde, hält das Gericht für eine Schutzbehauptung.
Sie selbst erklärt dem Kurier, sie wollte den Aufenthaltsort von Silla nicht nennen, weil schließlich Bernd H. in dem Gerichtssaal anwesend gewesen sei und sie vermeiden wollte, dass er erfahre, wo der Hund ist.
Tatsächlich läuft die Gerichtsentscheidung ins Leere. Denn am 27. Juli, einem Sonntag und damit wenige Tage nach der Anhörung, erfährt sie von der Pflegestelle, wo sie Silla angeblich abgab: Der Hund sei entlaufen. Am 30. Juli wird ihr schließlich die einstweilige Verfügung vorbeigebracht – von Bernd H. persönlich. Der muss dann erfahren, dass sein eigentlicher Sieg vor Gericht erst mal nichts mehr wert ist. Ist Silla tatsächlich entlaufen, wie Angela P. behauptet?

Petra Schneider geht auch hier wieder von einer Schutzbehauptung aus. Zurzeit laufen wieder die juristischen Mühlen. Angela P. hat mittlerweile eine Eidesstattliche Erklärung abgegeben, wie sie dem Kurier mitteilt. Zumindest offiziell bleibt Silla damit weiterhin verschwunden.

Petra Schneider hat die Hoffnung noch längst nicht aufgegeben. Sie vermutet, dass Silla innerhalb eines Umkreises von 50 Kilometern festgehalten werde.

Und Bernd H. würde gerne selbst auf Suche nach seinem Hund gehen. Aber ihm fehlt ein Anhaltspunkt. Dazu wäre nötig zu wissen, in welcher Pflegestelle Silla tatsächlich von Angela P. hingebracht worden sei, damit er dort selbst „im Wald“ nach ihr suchen könne, wie er sagt. Aber auf diese Frage gibt es keine Antwort – noch nicht?

Bernd H. will jedenfalls unbedingt seinen Hund wiederhaben. „Wir wollen kein Geld, wir wollen nicht ins Rampenlicht treten, wir wollen nur unser Recht auf die Herausgabe des Hundes.“ (ddp)

Hier der original


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