Organspendeausstellung: Eine Frage von Leben und Tod
Drei Patienten sterben im Schnitt jeden Tag in Rheinland-Pfalz, weil sie vergeblich auf ein Spendeorgan warten mussten. Eine Wanderausstellung will nun für das Thema im Kirchener Krankenhaus sensibilisieren. Bei der Eröffnung wurde auch der Fall Tugce aufgegriffen. Bis zum 19. Dezember ist die Ausstellung zu sehen, jeder kann sich dort informieren.
Kirchen. Organspende - bei wenigen Themen liegen Tod und Leben so nah beieinander. Wie ein roter Faden zog sich diese Lehre durch die Reden anlässlich der Eröffnung der Wanderausstellung „Herz verschenken“ im Forum des Kirchener DRK-Krankenhauses.
Dies wurde sich vor allem an den Schicksalen zweier junger Frauen verdeutlicht:
Der aufrüttelnde Tod der Offenbacher Studentin Tugce berührt momentan ganz Deutschland. Sie starb letztes Wochenende an den Folgen einer Prügelattacke. Nach ihrem Tod entnahmen Ärzte der 23jährigen Organe. Ihre Eltern stimmten dem zu, weil Tugce einen Organspendeausweis besaß.
Alexandra Winter aus Mainz ist ebenfalls Studentin. Heute führt sie ein unbeschwertes Leben – dank einer Herztransplantation. Ein geeignetes Spenderorgan konnte gefunden werden, bevor es zu spät war. Alexandra hatte an einer Herzmuskelentzündung gelitten.
Sie ist eine der zwanzig Organempfänger, Angehörige, Spender oder Ärzte deren Portraits noch bis zum 19. Dezember ausgestellt werden.
Es gehe darum, mit konkreten Beispielen das Thema aus der Anonymität zu holen, erklärte Dr. Matthias Krell, der Geschäftsführer der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz, die die Ausstellung ins Leben gerufen hat. Man packe ein „schwieriges Thema“ an. Immerhin sei das Thema Organspende auch mit negativen Schlagzeilen verknüpft, womit er wahrscheinlich auf den sogenannten „Organspendeskandal“ anspielte, der vor einiger Zeit die gesellschaftliche Debatte bestimmte. Aber vor allem, weil es um existentielle Fragen gehe, um „Leben und Tod“.
Und sicherlich, die Ausstellung solle die Bereitschaft zur Organspende stärken. Aber nicht nur. Man wolle vor allem dazu anregen, dass die Besucher sich überhaupt mit diesem schwierigen Thema auseinandersetzten: „Wichtig ist, dass man sich entscheidet.“ Denn viele Angehörige seien schlicht überfordert, auch noch zu entscheiden, ob dem gerade verstorbenen Familienmitglied Organe entnommen werden dürften.
Tatsächlich besteht hier noch erheblicher Nachholbedarf, wie Krell verdeutlichte. So befürworteten zwar laut Umfragen 70 Prozent der Deutschen Organspenden, aber lediglich 20 bis 25 Prozent besäßen einen Organspendeausweis. Auf der anderen Seite stünden in Deutschland rund 11.000 auf der Warteliste für ein Spendeorgan, in Rheinland-Pfalz seien es mehr als 500. Und viele warten vergeblich: Jeden Tag sterben im Bundesland durchschnittlich drei Patienten, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten konnten.
Umso aufrüttelnder ist vor diesem Hintergrund, dass die Bereitschaft zur Organspende eher noch sinke, wie der Geschäftsführer des Kirchener Krankenhauses, Klaus Schmidt, erinnerte. Gerade deshalb sei eine Sensibilisierung für dieses Thema so wichtig, wie sie mit der Ausstellung in seinem Haus stattfinde.
Der Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach appellierte, dass das Thema Organspende vermehrt im Schulunterricht integriert werden müsse. Er war es, der sich um die Ausstellung in Kirchen bemühte. Damit wolle er auch einen Impuls „nach draußen“ senden. Wäschenbach streifte zumindest eine polarisierende Frage: Solle nicht jeder Krankenversicherte automatisch als Organspender verpflichtet werden und dies nur umgehen können, indem explizit widersprochen werde?
Der Gesetzgeber hatte dies bereits vor einiger Zeit in einer parteiübergreifenden Debatte verneint. Der Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel gab in seinem Grußwort offen zu, dass er sich das anders gewünscht hätte und der „radikalen Lösung“ einiges abgewinnen könne.
Umso mehr muss nun der Fokus auf Aufklärungsprojekte wie der Wanderausstellung liegen. (ddp)
Infos:
Die Wanderausstellung „Herz verschenken“ wurde von der Initiative Organspende Rheinland-Pfalz unter Federführung der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) realisiert. Sie wurde ermöglicht durch die Unterstützung des Gesundheitsministeriums, verschiedener Krankenkassen, der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sowie des Paritätischen Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland e.V.
Neben der Ausstellung der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. sind auch Vertreter der Selbsthilfegruppe Siegerland-Olpe, die dem Landesverband „IG Niere NRW e.V.“ angehört, mit einem Informationsstand vor Ort. Die Selbsthilfegruppe wurde als Zusammenschluss von Dialysepatienten, Transplantierten und deren Familienangehörigen gegründet.
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