Werbung

Nachricht vom 13.01.2015    

Betzdorf setzte ein klares Zeichen für Toleranz

Über 400 Menschen unterschiedlicher Generationen und Religionen setzten vor dem Betzdorfer Rathaus ein Zeichen der Toleranz. Sie erlebten eine Kundgebung der positiven Botschaften und der Selbstvergewisserung. Die Reden der kommunalen Politiker sowie Vertreter der christlichen und muslimischen Religionsgemeinschaften regten an manchen Stellen auch zum Nachdenken über das Verhältnis zu den muslimischen Bürgern an.

Die Betzdorfer Bevölkerung setzte ein deutliches Zeichen gegen Terror, Gewalt und Intoleranz. Fotos: Daniel Pirker

Betzdorf. Als Athar Iqbal an das Mikrofon tritt, haben bereits einige Vertreter der Kommunalpolitik und der Religionsgemeinschaften gesprochen – teils bewegend, teils leidenschaftlich, immer die Anschläge in Paris mit eindeutigen Worten verurteilend, immer von den zahlreichen Menschen vor dem Rathaus mit zustimmenden Applaus gewürdigt. Aber dem jungen Beauftragten der Ahmadiyya Muslim Gemeinde Betzdorf gelingt es, der Kundgebung einen neuen Aspekt hinzuzufügen.
Er sagt: „Wir kennen uns wenig, sehr wenig. Aber wir sind uns nah, sehr nah sogar.“ Iqbal fordert deshalb einen Dialog des Kennenlernens, damit „wir uns nicht voneinander entfernen.“

Nun ist Betzdorfs Vergangenheit nicht arm an Projekten des Dialogs der Kulturen und Integration längst kein Fremdwort. Insofern kann der Abend als ein neues Kapitel des Dialogs und Kennenlernens verstanden werden. Immerhin hatte man bei der Planung mit einer solch starken Besucherresonanz nicht gerechnet, wie der Moderator der Veranstaltung, SPD-Sprecher im Stadtrat Dr. Matthias Krell, zugibt. Das mache zuversichtlich, Herausforderungen wie Integration besser bewältigen zu können.

Sicher: Die Hintergründe sind mehr als traurig. Die SPD im Betzdorfer Stadtrat initiierte mit Unterstützung der anderen Fraktionen die Kundgebung unter dem Motto „Betzdorf ist tolerant!“, um einen Kontrapunkt zu den Mordanschlägen in Paris und das Vorgehen der ISIS-Truppen im Nahen Osten zu setzen. „Diese brutalen Verbrechen stehen jedoch nicht für den Islam, wie er bei uns praktiziert wird“, hieß es in der Pressemitteilung.

Iqbal von der kleinen Ahmadiyya Muslim Gemeinde und Murat Gültekin von der größeren Gemeinde der Sultan Ahmet Moschee treten in ihren Reden den Beweis an.
„Wir verabscheuen die Gewalt und die Gewaltbringer. Wir verabscheuen Terrorismus, Intoleranz und den Rassismus“, ruft Gültekin den Besuchern zu. Der Islam gebe tatsächlich auf, friedlich und gütig mit allen Menschen umzugehen. Seine Gemeinde fühle sich als Teil der Gesellschaft. Man lasse sich die gute Einstellung zu „diesem tollen Land, Deutschland,“ nicht durch Attentate, extremistischen Gedankengut oder intoleranten Demonstrationen nehmen. Seine Gemeinde sei stolz auf die Deutschen, auch wegen Menschen, die wie in Betzdorf für Toleranz und Frieden auf die Straße gingen und sich für Minderheiten stark machten.

Für Bernd Brato stellt die Kundgebung eine Form der Nächstenliebe dar. Betzdorf sei geprägt von gelebter Integration, was er an der an dem Beispiel eines Unternehmers mit türkischem Hintergrund verdeutlicht. „Wir können gemeinsam feiern, keiner wird dem anderen gegenüber mit Ressentiments begegnen.“ Die Grundlage werde schon in den örtlichen Kindergärten und Schulen gelegt, was der Vertreter der Stadtrats-Fraktionen, Fabian Bodora, anhand eigener Erfahrungen illustriert. Der Sozialdemokrat erinnert sich an muslimische Kinder im katholischen Kindergarten, an Schulfeste, die stets auch deutsch-türkische Freundschaftsfeste gewesen seien und an „tolle“ griechische Kindergeburtstagsfeiern sowie an die Aufnahme von Spätaussiedlern in seine Schulklasse. Mit der heutigen Kundgebung werde ein Zeichen gesetzt gegen die „Mörder, die ohne menschliches Antlitz diejenigen stark machen, die sie angreifen.“



Landrat Michael Lieber wirft einen Blick auf die europäische Geschichte: Sie kenne zwar viel Hass und Kampf, aber eben auch Austausch und Versöhnung. Und Frieden sei die Sehnsucht jedes Menschen, Toleranz die „DNA aller Religionen“. Und die solle „uns heilig sein“, plädiert der katholische Pastor Georg Koch, der ebenfalls für die evangelische Seite spricht. Ein Miteinander der Kulturen und Religionen sei ein Gewinn für Betzdorf. „Wir sollten uns dies nicht vermiesen lassen.“
Koch wirbt außerdem für eine Kultur der Achtsamkeit, die würdige, was dem anderen heilig sei und es nicht „durch den Dreck“ ziehe. „Hier findet die Satire und die Karikatur und somit die Pressefreiheit ihre Begrenzung“, meinte Koch.
Terror und Gewalt entstünden letztlich aus Verletzlichkeit, die wiederum aus dem Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, resultiere. Und: „Wenn wir Arm in Arm mit unseren muslimischen Brüdern und Schwestern gehen, dann dürfen wir mit Recht sagen: Die Stadt Betzdorf ist tolerant.“ (ddp)


Lokales: Betzdorf & Umgebung

Jetzt Fan der AK-Kurier.de Lokalausgabe Betzdorf-Gebhardshain auf Facebook werden!

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
       
 


Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Mehr als nur Action und Streben nach dem Kick

Kreis Neuwied. Als aktuelles Gemeinschaftsprojekt wird ab 2025 eine neue Ausbildung zur Erlebnispädagogin/zum Erlebnispädagogen ...

Altenkirchener Schlossplatz: Erste Eckpunkte der neuen Ausgestaltung festgelegt

Altenkirchen. „Du bist keine Schönheit“ lautet einen Zeile aus Herbert Grönemeyers ewig jungem Gassenhauer „Bochum“. Ohne ...

Diakonie Klinikum Siegen setzt ein starkes Zeichen zum Weltpankreaskrebstag

Siegen. Am heutigen Weltpankreaskrebstag zeigt das Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen starke Solidarität mit den Betroffenen. ...

Landkreis Altenkirchen kooperiert mit Ruanda: Ausbildungsperspektiven für Azubis

Kreis Altenkirchen. Das Projekt „Spa(n)nende Perspektiven“ wurde von Reiner Rudolphi, Geschäftsführer der GOV GmbH + Co. ...

Weltladen Betzdorf unterstützt Projekte mit über 3.800 Euro – Vorstand gewählt

Betzdorf. Die Mitgliederversammlung des Weltladens Betzdorf brachte beeindruckende Ergebnisse: 3.849 Euro werden für verschiedene ...

Erfolgreiche Fördermittelwerkstatt in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld

Altenkirchen. Bereits im Vorfeld zeigte die enorme Resonanz, wie groß das Interesse an diesem Angebot war: Über 80 Bewerbungen ...

Weitere Artikel


Brücke über Erzengelbach erneuert

Pracht. Die Fußgängerbrücke über den Erzengelbach war in die Jahre gekommen und musste unbedingt erneuert werden. In den ...

Junge Talente zeigen ihre Kunst

Altenkirchen. Die Kreisvolkshochschule in Altenkirchen präsentiert mit Unterstützung der Jugendkunstschule von Montag, 19. ...

Energiesparmeister an Schulen in Rheinland-Pfalz gesucht

Region. Bundesweit engagieren sich Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz: Sie gründen Laufgemeinschaften für den Schulweg, ...

Betzdorf sagt Nein zu Intoleranz - Friedensgebet in Wissen

Betzdorf/Wissen. Betzdorf ist die erste Stadt im Landkreis, die mit ihren politischen Gremien Stellung bezieht und die Bürger ...

Hangrutsch Linz gestoppt – Haus Nummer 15 wieder bewohnbar

Linz. Nachdem das Haus Nummer 13 abgerissen war, nahm die Geschwindigkeit des Hangrutsches wieder zu. Seit Freitag, 9. Januar ...

Gürtelprüfungen erfolgreich

Herdorf/Betzdorf. Kürzlich fand beim Budo-Club Betzdorf eine Gürtelprüfung von zwei Vereinen statt. Dort hatten sich fünf ...

Werbung