Holocaust-Gedenkfeier in Hamm: Appell für Menschlichkeit und Frieden
Anlässlich des 70. Jahrestages zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz veranstaltete am Dienstag, den 27. Januar das "marienthaler forum" eine Feier zum Gedenken an die Opfer des Holocaust. Unter dem Motto „Haben wir etwas gelernt?“ führten Anja Sommer, Torsten Thomas und Hauptorganisator Dr. Peter Thomas nicht bloß musikalisch und lyrisch, sondern gleichermaßen auch empfindsam und rührend durch den gelungenen Abend.
Hamm (Sieg). Wohl kein anderes Verbrechen in der Geschichte der Menschheit war so skrupellos und brutal wie der Holocaust. Sich diesem Thema, insbesondere in seiner rückblickenden Aufarbeitung zu nähern, birgt daher stets eine Gefahr. Wird man ihm gerecht? Finden sich die richtigen Worte? Wie verfährt man bei der Umsetzung derer zu gedenken, die in den Konzentrationslagern der NS-Zeit in einer kaum vorstellbaren Anzahl den Schergen der NSDAP zum Opfer fielen?
Feststeht, dass die Auseinandersetzung mit der Zeit zwischen 1939 und 1945 noch lange nicht ausreicht um sie als historisiert zu bezeichnen. Zu tief sind die Wunden, die die Mordmaschinerien, allen voran jene in Auschwitz-Birkenau, hinterlassen haben.
Um gegenwärtige Gerechtigkeit im Bezug auf die Spannungen, die unser Land momentan wieder vor idiotische Fragen wie jene stellt, die die Pegida durch ihre geistesschwachen Parolen zu propagieren ersucht, gewährleisten zu können, bedarf es konstruktiver Aussprachen hinsichtlich kriegerischer und gesellschaftlicher Gräueltaten. Dies, und das steht völlig außer Frage, ist den Veranstaltern an diesem Abend beispiellos gelungen.
Nach einer kurzen Einführungsrede inklusive Danksagungen kam Dr. Peter Thomas, der an diesem Abend mit seiner Gitarre durch den Abend führte, gleich zur Sache. Sein Appell an die Gesellschaft, dass sich jeder hinterfragen müsse, wie er der Vergangenheit beizukommen habe, markiere den ersten Schritt zu einer möglichen Definition von Pazifismus. Reflexion als maßgeblicher Anhaltspunkt zur Auseinandersetzung mit dem Teil der Geschichte, mit dem sich so lange niemand auseinandersetzen wollte.
Künstlerisch kreierten er, der begnadete Saxophonist Torsten Thomas sowie Anja Sommer, die ihre tolle Stimme an diesem Abend literarischen Größen wie Heinrich Heine, Paul Celan oder Erich Kästner lieh, ein mustergültiges Mosaik aus Lyrik, Musik und allerlei Erzählungen, die mitunter nicht bloß den rührseligen Kern der rund 50 anwesenden Gäste trafen.
Nachdem im ersten Teil der Veranstaltung sämtliche Kriege künstlerisch reflektiert und chronologisch bis zum Beginn des 2. Weltkrieges thematisiert wurden, widmeten sich die Veranstalter im zweiten Teil voll und ganz den jüdischen Opfern, die unter der diktatorischen Ägide Adolf Hitlers ihr Leben ließen.
Hierbei wurde vor allen Dingen deutlich welch unvorstellbares Maß an Courage jenen innewohnte, die nahezu täglich nicht bloß um ihr Dasein, sondern auch um den Erhalt ihrer Kultur, ihrer Geschichte, gar ihrer kompletten Identität kämpfen mussten. Die Ergriffenheit der Zuschauer lag in der Luft, man konnte die ehrfürchtige Atmosphäre förmlich spüren. Gerade deshalb kollektivierte sich an diesem Abend eine Gemeinschaft des Friedens.
Besonders imposant empfand man die wunderbare Skizzierung des Wechselspiels zwischen historischer Grausamkeit und ihrer an diesem Abend sagenhaft anmutigen Reflexion künstlerischer Darbietungen, deren Dreiklang aus Gitarre, Saxophon und Gesang ein Loblied auf die Opfer zum Leben erweckte, welches ganz im Zeichen ihres Kampfes und ihres Widerstandes gegen den fürchterlichen NS-Staat stand.
Die Frage, die am Ende blieb war jene, ob wir nun wirklich etwas gelernt hatten, die vermochte selbst Peter Thomas nicht zu beantworten. Nach drei emotional aufreibenden Stunden war seiner Schlussbemerkung: „Ich trinke jetzt ernst mal einen Wein“ wahrlich nichts mehr hinzu zu fügen. (Benjamin Bender)
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