Wissen: Gedenkfeier für ehemalige Zwangsarbeiter
Am 24. März 1945 wurde das Zwangsarbeiterlager in Wissen, Auf der Bornscheidt, von den Alliierten befreit und aufgelöst. Die Stadt Wissen hatte zur Gedenkfeier am Mahnmal eingeladen, um an die Opfer zu erinnern die damals unter den Nationalsozialisten unsäglich litten. Vertreter aus Politik, Kirche und Bürgerinnen und Bürger aus Wissen und Schönstein fanden sich am Mahnmal ein.
Wissen/Schönstein. Schon zum 70. Mal jährt sich in diesem Jahr die Auflösung des Zwangsarbeiterlagers „Auf der Bornscheidt“ in Wissen, wo in der Zeit von 1940 bis 1945 nahezu 1500 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene unter denkbar menschenunwürdigen Bedingungen in Baracken lebten und für einen Hungerlohn arbeiten mussten.
Viele ausländische Zwangsarbeiter wurden während des 2. Weltkrieges in Fabriken, im Untertagebau oder in Privathaushalten und Bauernhöfen eingesetzt, so auch in Wissen und Umgebung. Der größte Einsatzort war das ehemalige Weißblechwalzwerk.
Bürgermeister Michael Wagener erinnerte an die Leiden der Opfer, die diesen Ort nicht lebend verlassen konnten, an die von diesem Ort in Konzentrationslager Deportierte und an das Leid der betroffenen Familien.
Wagener erinnerte aber auch an die Menschen, welche Jahre nach dem Krieg Freundschaften in der Verbandsgemeinde geflochten hatten und mit vielen gegenseitigen Besuchen, bis zu ihrem Tod, nicht nur von ihren negativen, sondern auch von den positiven Erlebnissen mit Bürgern der Gemeinde, die sich in ihrer Not beispiellos und unter großer Gefahr für sie eingesetzt hatten, berichtet haben. Er wünschte sich, dass dieser Ort immer eine Gedenkstätte an diese schreckliche Zeit bleiben werde.
Die beiden Vertreter der Kirchengemeinden Dechant Martin Kürten und Pfarrer Marcus Tesch, gedachten mit Gebeten der Opfer aus vielen europäischen Ländern. Kürten berührte es, das aus „gesätem Hass“ in dieser schrecklichen Zeit erfreulicherweise Freundschaften gewachsen seien.
Eine bewegende Rede zur Gedenkfeier hielt Bruno Wagner, der sich seit vielen Jahren mit der Aufarbeitung dieser Geschichte beschäftigt und die Kontakte zu ehemaligen Zwangsarbeitern pflegt. Er gedachte des französischen Zwangsarbeiters Octave Fort, Autor des Buches „Du bist noch mehr mein Sohn“, der leider im November im Alter von 92 Jahren verstorben ist, indem er eine Passage aus dessen Buch vorlas. Fort schildert darin den schrecklichen Bombenangriff der Alliierten vom 11. Februar 1945 auf Wissen und Umgebung, bei dem auch im Lager zahlreiche Tote zu beklagen waren. Auch die guten Beziehungen zur Familie Brück aus Schönstein, die er bis zuletzt mit Briefen und Besuchen pflegte sind Inhalt seines Buches.
Des Weiteren berichtete Wagner von einem weiteren französischen Zwangsarbeiter Guy Bellet, der mit fast 93 Jahren noch einer der wenigen lebenden Zeitzeugen des Lagers ist, aber wegen seines hohen Alters und seiner körperlichen Verfassung nicht mehr reisefähig ist.
Am 24. März 1945 waren der Tag der Auflösung des Lagers und der Abmarsch der noch übriggebliebenen inhaftierten Zwangsarbeiter, teils noch ein Weg ins Ungewisse, aber für die meisten ein Weg in die endgültige Freiheit. Zurück blieben körperliche und seelische Narben, Spuren in ihren Köpfen und Herzen, Gedanken an ihr Leid, ihre Not und ihre Ängste an die Zeit in dem Lager in Wissen.
Aber aus der einstigen deutsch-französischen „Erbfeindschaft“ entstanden zahlreiche persönliche Freundschaften. „Dieser Gedenkstein, die Gedenktafel und die heutige Gedenkfeier sollen erinnern und mahnen, aber auch eine moralische Anklage gegen Hass, Gewalt und Menschenverachtung sein“, sagte Bruno Wagner in seiner Rede. Musikalisch untermalt wurde die Gedenkfeier von Johannes Wagner auf seiner Trompete. (phw)
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