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Rheinländer helfen Russen
Mit der russischen Brassband Helikon, die in Altenkirchen gastiert, hat es etwas Besonderes auf sich. Sie ist Teil einer Initiative im russischen Pskow, die unter anderem von Altenkirchen aus angeschoben wurde.
Altenkirchen. Ein ganz besonderes Konzert steht am Freitag, dem 24. Oktober, 19 Uhr in der Altenkirchener Christuskirche an: Die Kinder- und Jugend-Brassband Helikon des russischen Waisenhauses Pskow gibt gemeinsam mit einer Bläserklasse der Realschule Altenkirchen ein „grenzüberschreitendes“ Konzert. Der Eintritt dazu ist frei. Es wird aber um eine Kollekte gebeten, die vollständig den Waisen und geistig behinderten Menschen in Pskow (Russland) zu Gute kommt. Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EkiR), Nikolaus Schneider, wird beim Altenkirchener Konzert dabei sein. Er begleitet die russische Musikergruppe bei ihrer „Rheinland-Tournee“.
Die Eltern der Jungen und Mädchen, die im Waisenhaus von Pskow in der Nähe von St. Petersburg leben, sind verstorben oder haben ihre Kinder verlassen. Sie haben - dank des jahrelangen Engagements von Christen in der Evangelischen Kirche im Rheinland - ein Dach über dem Kopf, haben zu essen, und können zur Schule gehen. Im Juni 1991 reiste eine Delegation rheinischer Christen - darunter aus Altenkirchen Kantorin Elisabeth Schubarth - in die russische Stadt Pskow. Anlass war der Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Gemeinsam wollte man schauen, wie man Versöhnung fördern kann. Sicher war, es sollten nicht nur Worte sein, sondern vor allem auch Taten folgen. So entstand die „Initiative Pskow“. Die Lage der geistig Behinderten, die dort in der Nähe von St. Petersburg leben, fiel der Besuchergruppe damals besonders ins Auge: die Wohnverhältnisse katastrophal, von Förderung oder gar Berufsausbildung ganz zu schweigen. Die deutschen Besucher erlebten eine Behindertenwelt, wie es sie in Deutschland schon seit Jahrzehnten nicht mehr gab: Versteckt, eingesperrt, als ohnehin chancenlos wurden behinderte Menschen missachtet.
Hier setzten die Rheinländer nun an. Sie schmiedeten den Plan, ein heilpädagogisches Zentrum einzurichten. Man baute zunächst einen Kindergarten. Langsam richtete sich dann das Interesse der russischen Öffentlichkeit auf das Projekt. Immer mehr Bedarf wächst. Viele behinderten Kinder entwachsen jetzt schon dem Kindesalter. Aber wohin mit den behinderten Erwachsenen? Ein neues Projekt, die beschützende Werkstatt, wird angepackt. Und eine Schule für Heilpädagogen entsteht, denn von Pskow aus soll ja in ganz Russland ein neuer Umgang mit geistig Behinderten beginnen.
Mittlerweile entstanden so viele Einrichtungen in Pskow: Neben dem heilpädagogischen Zentrum ist es ein „Kinderasyl, eine Werkstatt für behinderte Jugendliche, ein Frühförderzentrum, eine Suppenküche, die Brassband Helikon, der Ljubjatow-Chor und vieles mehr. Neu ist auch eine „Kerzenfabrikation aus Wachsresten“ entstanden. Die Kirchengemeinde Altenkirchen sammelt Kerzenreste dafür. Dass sich aber hier aus 24 Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren eine hinreißende Brassband gebildet hat, ist das Verdienst des Deutschrussen Alexander Rohr, des Dirigenten, der es verstanden hat, in kurzer Zeit ein vorzügliches Ensemble zu prägen, und der Werner Peter Schmitz-Stiftung, die die Instrumente sponserte. „Beim Musizieren erfahren die Kinder zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie als Einzelperson wichtig sind, einen eigenen Wert haben“, sagt Rohr. Bei dem Altenkirchener Konzert, in dem Alexander Rohr die Brassband leitet, tritt auch die Bläser-AG der Klassen 7-9 der Realschule Altenkirchen auf. Deren Leitung hat Alfred Stroh. (PES)
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Foto: Das Blechblasorchester (Brassband) Helikon aus dem Waisenhaus in Pskow (Russland) ist auf Tour in der Rheinischen Kirche und wird am 24. Oktober, gemeinsam mit jugendlichen Bläsern der Realschule Altenkirchen ein Konzert in der Altenkirchener Christuskirche geben.