Warnstreik bei Elco: Das sagt die Geschäftsführung
Am Montag hatte ein Warnstreik bei Elco stattgefunden. Die Mitarbeiter wollen unter anderem mehr Lohn und perspektivisch eine Tarifbindung des Automobilzulieferers. Wie schätzt die Geschäftsführerin die Auseinandersetzung und die Forderungen ein? Der Kurier fragte nach.
Betzdorf. Die Beschäftigten von Elco traten am Montag für eine höhere Bezahlung, verschiedene Schutzbestimmungen und perspektivisch für einen Eintritt in die Tarifbindung ein. Der Kurier hatte hier darüber berichtet, ebenso hier über einen Streik im März. Hintergrund sind Verhandlungen mit der Geschäftsleitung. Am Mittwoch, 3. Juni, kommen Vertreter der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers wieder zusammen. Bisher lag der Fokus auf den Aussagen der Gewerkschaft. Auf Anfrage des Kuriers nahm nun die Geschäftsführerin des über 200 Mitarbeiter starken Unternehmens Stellung.
Birgit Neufurth-Krah zeigte sich besorgt über die Streikbemühungen und den damit verbundenen Forderungen. Aufgrund der Kundenstruktur, Stichwort, „Just-in-time“-Lieferungen in der Automobilbranche und damit verbundener geringer Lagerhaltung, hat sie Angst, dass es zu wesentlichen Beeinträchtigungen der Liefersituation komme, was auch den Standort und die Arbeitsplätze insgesamt gefährden könne.
Bislang sei der Betzdorfer Automobolzulieferer zwar ein solides Unternehmen. Allerdings sei es sehr von den Kunden abhängig. Und anscheinend ist der Wettbewerbsdruck hoch, folgt man der Einschätzung von Neufurth-Krah: „Es gibt mehrere Anbieter wie uns.“
Die Geschäftsführerin sagte außerdem, dass es für sie schwer zu beurteilen sei, wieso die Verhandlungen von der Arbeitnehmerseite abgebrochen worden seien. Klar ist: Die IG Metall hatte im Rahmen des Warnstreiks immer wieder die Lohnlücke von bis zu 18 Prozent im Vergleich zu den Mitarbeitern, die in tarifgebundenen Betrieben arbeiten, kritisiert. Der Bevollmächtigte der IG Metall hatte hier gegenüber der Presse denn auch verdeutlicht, dass eine Schließung dieser Lücke „nicht über Nacht“ vorgenommen werden könne. Aber der aktuelle Vorschlag der Geschäftsleitung? „Unterirdisch“.
Neufurth-Krah hingegen lenkte gegenüber dem Kurier den Blick auf den aktuellen Flächentarifvertrag, der ab April eine Erhöhung von 3,4 Prozent vorsieht. Der Arbeitnehmerseite sei genau diese Gehaltsanhebung zugesagt worden. Zusätzlich sicherte man laut ihr Einmalzahlungen für den April und Mai zu, die auf das Jahr umgerechnet eine Steigerung von 0,7 Prozent bedeutet hätten. Sie betonte ausdrücklich, dass dies auf die zugesagten 3,4 Prozent on top ausgezahlt worden wäre. Daneben hätte die Geschäftsführung eine Erhöhung über einen Zeitraum von drei Jahren um insgesamt 1,5 Prozent zugesagt. Über eine zeitliche Aufteilung sei nicht im Detail gesprochen worden („Nicht zwingend linear.“)
Zumindest in großen Teilen entsprechen damit die Aussagen von Neufurth-Krah dem, was von der IG Metall während des Warnstreiks wiedergegeben worden war. Ein Widerspruch wird allerdings bezüglich der Übernahme von Schutzbestimmungen offensichtlich. Die IG Metall will nämlich auch, andere Bereiche des gesamten Tarifsvertrags, der für die Branche gilt, für die Elco-Mitarbeiter realisieren, beispielsweise Regelungen zur Altersteilzeit oder zur Übernahme von Auszubildenden. Laut Wallbrecher hatte sich die Geschäftsführung lediglich bereit erklärt, diese Punkte frühestens in zwei Jahren verhandeln zu wollen – unakzeptabel für die Gewerkschaft. Geschäftsführerin Neufurth-Krah hält dagegen: Schon im April hätte die Arbeitgeberseite klar benannt, was ohne Probleme machbar sei, wo man verhandlungsbereit sei und was keinesfalls umsetzbar sei.
Und auch die von der Gewerkschaft in den Raum gestellte 18-Prozent-Entgeltlücke versieht sie mit klaren Fragezeichen: „Da wissen Sie mehr als ich“, sagte sie dem Kurier-Reporter. Nach den bisherigen Berechnungen des Unternehmens sei die Lücke auf jeden Fall sehr viel geringer. Generell könne man die Unterschiede aber nicht an einer Prozentzahl festmachen – dafür sei ein Tarifvertrag ein viel zu „komplexes Gebilde“.
Grundsätzlich könnten die Löhne in der Region nicht mit denen anderer, beispielsweise Baden-Württemberg, „über einen Kamm geschert werden“. Schließlich handele es sich hier um ein etwas strukturschwächeres Gebiet.
Und was das Handeln der Gewerkschaft grundsätzlich betrifft: „Ich bin sehr besorgt über die Machtprobe der IG Metall und den Streik als Druckmittel.“ Stattdessen hätte sie sich gewünscht, dass überhaupt ein konstruktives Angebot der Gegenseite offeriert würde. Auf jeden Fall wolle die Geschäftsführerin die Auseinandersetzung zu einem „guten Ende“ führen.
Man darf gespannt sein, was die weiteren Verhandlungsrunden ergeben. Dass Elco in absehbarer Zeit ein tarifgebundener Betrieb wird, darf zumindest in Zweifel gestellt werden. Diese Ausrichtung werde nämlich auch perspektivisch Bestand haben, gab sich die Geschäftsführerin sicher. (ddp)
Im Detail:
Die ELCO Europe GmbH gehört als Tochter zum AVX Konzern, einem Hersteller und Lieferanten von elektronischen Komponenten mit Zentrale in den USA. 1964 erfolgte die Gründung des Unternehmens in Pinneberg, welches später nach Niederdreisbach übersiedelte und seit 1988 am Standort Betzdorf ansässig ist. Heute beschäftigt ELCO in einem ca. 10.000 Quadratmeter großen Produktionsbetrieb mehr als 200 Mitarbeiter, darunter auch zehn Auszubildende. Seit 1990 ist das Unternehmen sehr erfolgreich als Automobilzulieferer tätig und erwirtschaftet inzwischen 95 Prozent des Umsatzes in diesem Bereich. Eine der besonderen Stärken von ELCO liegt dabei auf hochkomplexen, kundenspezifischen Steckverbindungen.
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