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Verkehrsforum: Realistisch bleiben
Umwerfende neue Erkenntnisse gab es nicht beim Spitzengespräch Verkehr im Beidenbacher Hof in Betzdorf, an dem auch Verkehrsminister Hendrik Hering teilnahm. Einig waren sich aber alle: Es besteht dringender Handlungsbedarf für den Kreis Altenkirchen, denn die Lebenqualität einer Region hängt nicht zuletzt von ihrer Verkehrs-Infrastruktur ab.
Kreis Altenkirchen/Betzdorf. Schwierige Topografie und hohe Kosten - Gründe, warum der Kreis Altenkirchen bei der Verkehrs-Infrastruktur nicht gerade gut aussieht. Nicht nur die Ost-West-Anbindung zu den gar nicht so entfernten Autobahnen lässt zu wünschen übrig, auch bei den Kresstraßen hapert es ganz erheblich. So sieht denn auch Landrat Michael Lieber hier "hohen Handlungsbedarf".
Beim "Sptzengespräch Verkehr" am Montagabend in Betzdorf, veranstaltet von der IHK und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Altenkirchen, erinnerte denn Dr. Sabine Dyas (Geschäftsstellen-Leiterin) daran, dass die Unternehmen im Kreis stark überregional tätig sind und auf ein vernünftig ausgebautes Straßennetz dringend angewiesen sind. Die Verkehrs-Umfrage der IHK bei den Unternehmen hat denn auch ein eindeutiges Ergebnis: Der Kreis Altenkirchen schneidet sehr schlecht ab. So sei beispielsweise Betzdorf ein regelrechtes Nadelöhr, sagte Dyas.
Diese Einschätzung konnte Wolfgang Hild (Wissen), Obermeister der Elektroinnung, nur bestätigen. Bessere Verkehrsanbindungen seien auch für mittelständische Betriebe von großer Bedeutung. "Lange Anfahrtszeiten bedeuten mehr Kosten", sagte Hild, deshalb müsse der Ausbau der Straßen schnellstmöglich in Angriff genommen werden.
Udo Wagner, Bezirksleiter Logistik der Firma Schäfer Shop, lobte zwar, dass in der heimischen Region Fahrpersonal besser zu finden sei als in anderen Gegenden der Republik, aber bei den Personalkosten entstünden durch die schlechten Anbindung jährlich Zusatzaufwendungen in der Größenordnung von etwa 4000 Stunden, müssten durch die zusätzlichen Kilometer zum Erreichen eines Autobahnzubringers jährlich etwa 160.000 Kilometer zusätzlich gefahren werden. Auch, was die Auslieferungskosten des Versanhandels betrifft, sorgen die schlechten Anbindungen, für zusätzliche Aufwändungen: Jährlich verschickt das Unternehmen etwa 2 Millionen Pakete und diese werden ab Neuwied in das Netz der DHL eingespeist - die Transportkosten für 2500 Gliederzüge von Betzdorf und Hachenburg aus über den Westerwald schlagen sich in den Paketpreisen nieder, berichtete Wagner. Betroffen sind auch die Lieferanten: Deren Mehrkosten schlagen sich auch in der Preiskalkulation nieder.
Auch auf die Faktoren Tages- und Wochenlenkzeit ging Wagner ein und klagte: "Wir können nicht so, wie wir wollen." Wagner sagte, ein Unternehmen habe aus der Standortwahl Kreis Altenkirchen nicht unbedingt Vorteile. Es sei deshalb zu hoffen, dass sich im Bereich Verkehr etwas tue, vor allem auch beim Ausbau der Bundestraßen - "gemeinsam kommen wir ans Ziel".
Das hofft auch Ulrich Brucherseifer. Der Wissener Spediteur, der fast 100 Lkw (davon 11 in Polen) laufen hat, sprach in Betzdorf von einem "bedrückenden Wettbewerbsnachteil" im Kreis Altenkirchen. Brucherseifer sprach von "schlimmen Strecken", so von der L 278 zwischen Wissen und Morsbach. Der schlechte Zustand vieler heimischer Straßen - zu enge Kreisverkehre, zu wenige gerade Strecken, fehlende Markierungen, Lkw-feindliche Verkehrsinseln - sei ein beträchtlicher Wettbewerbsnachteil.
Moderator und Mitgeschäftsführer der WFG, Berno Neuhoff, konstatierte nach den Einlassungen der Firmenvertreter: "Die Unternehmen brauchen ein deutliches Signal." Das bemühte sich denn auch Minister Hering zu geben, indem erlobte, der Kreis Altenkirchen sei ein "guter Gewerbestandort". Durch die Nähe zu den Autobahnen habe man auch eine "gute geostrategische Lage". was fehle, seien aber die netsprechenden Anbindungen, gestand Hering. Hier müsse der Hebel angesetzt werden. sder Ausbau der B 8/B 414 sei hier von höchster Priorität wie auch der Ausbau der B 256 und der B 62 (zu den Autobahnen A 3, A 4 und A 45). Je besser die Anbindungen seien, umso besser sei auch die wirtschaftliche Situation einer Region, sagte der Minister. Hering kündigte an, dass mit dem Ausbau von B 8/B 414 im kommenden Jahr begonnen werden könne. Der Ausbau werde etwa 200 Millionen Euro kosten und sich über etwa 15 Jahre hinziehen.
Auch auf die Umgehung Betzdorf/Alsdorf ging Hering ein. Seit Ende Mai laufe hier das Planfeststellungs-Verfahren. Hier müssten insgesamt 130 (!) Einsprüche abgearbeitet werden. Einen besonderen Nachholbedarf sieht Hering auch beim Ausbau der Kreisstraßen. Er kündigte an, dass dem Kreis ein Sonderkontingent für die sanierung von freien Strecken zugeteilt wird. Hering: "Wir haben im Kreis Altenkirchen eine besondere Herausforderung." Und einen riesigen Nachholbedarf: 60 Prozent der Kreistraßen seien in schlechtem Zustand, gut seien nur 20 Prozent. Gerade in die freien Strecken wolle man verstärkt investieren, sagte Hering. So werde der Fördersatz für diese Abschnitte von 60 auf 70 Prozent erhöht. Auch auf den Radwegebau und den Zustand der Bahn-Sioegstrecke ging Hering ein. Hier sette man weiter auf den Ausbau des Rheinland-Pfalz-Taktes. Allerdings sind die dreei eingleisigen Abschnitte der Siegstrecke auf NRW-Gebiet. Und die haben dort nicht die höchste Priorität. Hering abschließend: "Die höchste Priorität hat die Anbindung an die Autobahnen." Dort werde sich das Land in den kommenden Jahren besonders engagieren, so der Minister.
Weitere Themen waren in der anschließenden Diskussion unter anderem die geplante Erhöhung der Maut, die von den anwesenden Unternehmern angesichts der höhen Energiekosten heftig kritisiert wurde. So sagte IHK-Vize Thomas Bellersheim (Spedition Bellersheim), man sei zwar grundsätzlich für die Maut, aber der Zeitpunkt der Erhöhung sei denkbar schlecht wegen des hohen Dieselpreises und wegen der Euro-5-Norm. Bellersheim sagte zum Schluss der Veranstaltung, der Kreis Altenkirchen habe europaweit eine hervorragende geografische Lage: "Wir leben mittendrin." Deshalb müsse möglichst schnell das Machbare gemacht werden. Dazu gehörten für die einheimische Unternehmerschaft "realistische Projekte" als ein positives Signal. (rs)
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Beim Spitzengespräch Verkehr in Betzdorf: Landrat Michael Lieber, Thomas Bellersheim (IHK-Vizepräsident), Verkehrsminister Hendrik Hering und Dr. Ulrich Bernhard (IHK-Beirat Kreis Altenkirchen). Fotos: Reinhard Schmidt
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