Jugendfreizeit: Leben wie die Steinzeit-Menschen
Wie kann man besser den Schulstress hinter sich lassen? In der ersten Ferienwoche bewiesen nun 25 Kinder im Freusburger Wald, dass sie sich vorbildlich im zivilisationsfernen Alltag durchschlagen können – und dabei nicht nur Spaß haben, sondern auch noch einiges lernen.
Kirchen-Freusburg. Der Druck auf Schüler nimmt immer mehr zu; die Smartphone-Generation ist kaum noch an der frischen Luft; überbehütete Kinder, die kaum noch an der frischen Luft sind und von Helikopter-Eltern umkreist werden. So lauten sinngemäß nur einige Schlagzeilen, wenn heute über den Nachwuchs geschrieben wird.
Wie eine Parallel-Welt muss einem Außenstehenden da ein Besuch des Jugendcamps im Freusburger Wald vorkommen. Die 25 Kinder toben durch die Flora und Fauna, trainieren den Kampf mit Holz-Speeren, schnitzen konzentriert am Lagerfeuer oder kümmern sich um den selbstgebauten Steinofen, in dem später eine Pizza landen wird. Die Kinder dürfen einfach Kinder sein – die in dieser Woche vielleicht mehr gelernt haben als ihnen die Schule im gleichen Zeitraum beibringen kann. Stromkabel oder einen Wasseranschluss sieht man weit und breit nirgends. Stattdessen Matsch, Zelte, ein Lagerfeuer, zwei abgehobelte Baumstämme an deren Ästen Tassen hängen aus denen Quellwasser getrunken wird, eine Campingdusche, die mit dem kalten Nass aus dem Bach betrieben wird oder auch einen Donnerbalken. Den Mädchen und Jungs zwischen acht und 13 Jahren scheint an nichts zu mangeln – trotz oder gerade wegen dem Fehlen so vieler Errungenschaften unseres modernen Lebens.
„In einem Wald vor unserer Zeit – die Natur unserer Vorfahren entdecken“ – so lautet das Motto der Freizeit. Seit fast 20 Jahren finden ähnliche Freizeiten im Freusburger Wald bereits statt. Letztes Jahr drehte sich noch alles um „Robin Hood“. Auch diesmal galt es sich, mit Regen und Matsch zu arrangieren. Die Freizeitleiterin Andrea Neureuter hält wie zum Beweis einen Klumpen feuchten Dreck entgegen. Der Klumpen war mal einer ihrer Sandalen. Den könne sie nun wegschmeißen, sagt sie fröhlich während der Fahrt runter in den Wald. Zuvor hatten sie und Jugendpfleger Felix Garcia Diaz auf dem Hof das Jugendprojekt vorgestellt. Die Waldfreizeit wird jedes Jahr unter einem anderen Motto zusammen mit den Jugendpflegen Betzdorf und Kirchen organisiert, auch dank Förderungen vom Land und Kreis. Ohne die Hilfe vom Forstamt, dem Grundstücksbesitzer und einem älteren Herren, der den Camp-Platz mäht, sei das Projekt aber ebenfalls nicht vorstellbar, betonen Garcia und Neureuter. Die erfahrene Freizeitpädagogin leitet die Ferienfreizeit bereits zum 19. Mal.
Sie und die anderen Naturpädagogen und Helfer scheinen genau zu wissen, wie sie die Kleinen begeistern können. Laut Neureuter hätten viele Teilnehmer bereits letztes Jahr am Camp teilgenommen. Neben ausreichendem Freiraum für die Mädchen und Jungs auch dieses Mal wieder an verschiedenen Angeboten teilnehmen. So wurden Steinschleudern gebastelt, Steinzeitmenschen-Gewänder geschneidert oder auch ein Waldteppich gefertigt aus Seilen, Moos, Blättern und Müll. Abendwanderungen, bei denen es galt, Tiere und die Natur zu entdecken, sowie die gemeinsame Planung im „Steinzeitrat“ standen genauso auf dem Programm wie das Grillen von Marshmallows. Und das sind nur einige der Erlebnisse, die noch lange in Erinnerung bleiben werden bei den Kindern. Und übrigens: Um die Ernährung ihres Nachwuchs mussten sich die Eltern keine Sorgen machen. Jagen stand nicht auf dem Lehrplan. Stattdessen gab es Essen von einem regionalen Bio-Hof. Und Apropos Eltern: Statt den Nachwuchs schnell einzupacken am Ende der Freizeit wurden sie selbst einbezogen. Bevor sie ihr Kind mit nach Hause nehmen durften, hatten sie erst verschiedene Prüfungen zu bestehen. Zum Beispiel mussten sie wissen, welche Eissorte ihre Tochter oder ihr Sohn am liebsten mögen. (ddp)
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