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"Ein gewisser Paul von Bettenhagen"
In der Gemeinde Windeck im benachbarten Rhein-Sieg-Kreis geht derzeit eine außergewöhnliche Freilicht-Theaterveranstaltung in die heiße Vorbereitungsphase. "Ein gewisser Paul von Bettenhagen", so der Titel des Open-Air-Spektakels, wird vor dem Besucherbergwerk Silberhardt in Öttershagen inszeniert und im Juni haben jeweils 500 Zuschauer die Möglichkeit, bei mehr als zehn Aufführungen das an eine historische Person aus Waldbröl angelehnte Historienspiel zu erleben.
Region. Hans-Gerd und Frank Steiniger vom Förderverein der Grube Silberhardt in Öttershagen waren auf die Idee gekommen, vor dem Schaubergwerk Silberhardt in Windeck-Öttershagen eine Freilichtbühne ins Leben zu rufen. Ein Theaterstück lag nahe, weil ein Paul von Bettenhagen, Romanfigur von Klas Ewer Ewerwyn, vor rund 200 Jahren in der Grube Silberhardt als Bergmann gearbeitet hatte und 1813 auf tragische Weise vor der evangelischen Kirche in Waldbröl erschossen worden war.
Der Kölner Autor Ewerwyn war von der Idee hellauf begeistert und schrieb die Geschichte prompt in eine dreiteiliges Theaterstück um. Die Theatergruppe Windeck unter der Regie von Reinhard Wagner nahm die Herausforderung an, das Stück in Szene zu setzen. Acht weitere Vereine und die Gemeinde Windeck unterstützen das Projekt.
Bei dem Theaterstück handelt es sich um die authentische Geschichte des 1793 in Bettenhagen bei Waldbröl geborenen Johann Wilhelm Pauli, nachzulesen in den Büchern von Klas Ewert Ewerwyn "Einmal Räuber, immer Räuber", "Sterben kann ich überall" und "Für fremde Kaiser und kein Vaterland". Letzteres wurde sogar mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.
Die Handlung dreht sich um das recht kurze Leben der Hauptfigur, angefangen mit seiner Suche nach einer Arbeitsstelle, die ihn auch ein halbes Jahr lang als Bergmann nach Ötterhagen in die Grube Silberhardt führte. Johann Wilhelm Pauli wurde am 9. Mai 1793 in Waldbröl Bettenhagen geboren und war Freiheitskämpfer im sogenannten "Knüppelrussenaufstand", im Oberbergischen auch "Speckrussen-" oder "Speckkosakenaufstand" genannt. Pauli war der Sohn von Johann Georg Pauli, gennat "Räuberpaul" und der Elisabeth Irsfeld. Er erlernte den Beruf des Leinenwebers, arbeitete aber auch als Bergmann auf Silberhardt. Nach dem gescheiterten Russlandfeldzug Napoleons I. kam es zu Beginn des Jahres 1813 infolge von Neurekrutierungen junger Männer in dem unter französicher Vorherrschaft stehenden Großherzugtum Berg zu Widerstand. Um Pauli scharten sich andere Rekrutierungsunwillige, die am 24. Januar 1813 aus Protest gegen das französisch verhängte Salz- und Tabakmonopol das Haus des Salz- und Tabakdebitanten Schmeiß in Waldbröl plünderten. Anschließend zogen sie, mit Knüppeln bewaffnet, in Richtung Siegen, um die dortige Unterpräfektur zu stürmen und sich gegen die Einziehung zu wehren. Dabei wurden sie am 2. Februar 1813 von einer Kompanie Gendarmen festgenommen. Pauli wurde für den Anführer gehalten, weil er bei der Gefangennahme auf einem Pferd saß und einen Säbel trug. Von einem Militärtribunal in Dillenburg (Hauptort des damaligen depatements Sieg) wurde er zum Tode verurteilt. Die Exekution erfolgte am 15. Februar 1813 vor der evangelischen Kirche in waldbröl.
In den Quellen und der späteren Beschreibung ist umstritten, ob Pauli und seine Leute Freiheitskämpfer oder kriminelle Plünderer waren. Im südlichen Oberbergischen gelangte Pauli, nicht zuletzt durch die Romane Ewerwyns, zu einer gewissen Popularität. Es entstand sogar der Plan, in Waldbröl einen Platz nach ihm zu benennen. Dies scheiterte jedoch an der uneindeutigen Beurteilung seiner Person. In Paulis Heimatort Bettenhagen findet sich allerdings ein schlichter Stein mit Gedenktafel, der von der Dorfgemeinschaft finanziert und aufgestellt wurde.
Die Theatergruppe Windeck ist zurzeit fleißig dabei, die schauspielerische Darstellung des Bühnenstücks umzusetzen. Die Hauptrolle spielt Julian Wagner. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit dem Bühnenbild, der Technik, den Kostümen und mit der Organisation. Ehemalige Mitarbeiter des WDR sind für Garderobe und Maske zuständig. Carsten Boger aus Waldbröl ist gemeinsam mit dem Komponisten Carsten Nöbel aus Bonn für die Tontechnik verantwortlich.
Vor allem muss noch der Spielort vor der Grube Silberhardt hergerichtet werden. In den Hang um das Stollenmundloch müssen die verschiedenen Bühnenbilder eingebaut werden. Sieben Kulissen sind erforderlich, darunter die Kirche zu Waldbröl, eine Schänke in Holpe, eine Hütte als Heim der Familie Pauli und ein Gerichtssaal.
Eine Spezialfirma, die unter anderem für die Konzerte der Rolling Stones, Robbie Williams´ und den Papstbesuch das Equipment lieferte, wird auf dem Vorplatz eine Tribüne aufbauen. Von jedem der 500 Plätze aus haben die Zuschauer eine gute Sicht und jeder Ton ist zu verstehen. Auch für die Bewirtung mit zeitgenössischen Speisen wie mit speziellem Haferbrot und entsprechenden Getränken wird gesorgt sein.
Aufgeführt wird das Theaterstück "Ein gewisser Paul von Bettenhagen" ab Freitag, 8. Juni, 20 Uhr, an drei aufeinander folgenden Wochenenden jeweils freitags, samstags und sonntags. Karten im Vorverkauf gibt es ab sofort im "Buchladen Lesebuch" in Morsbach (Telefon 02294/993 899), in der Buchhandlung Schlösser in Rosbach (Telefon 02292/52 17) und beim Bürgermeisteramt der Gemeinde Windeck (Telefon 02292/601 163). Weitere Infomationen gibt es auch im Internet unter www.paul-von-bettenhagen.de.
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Das Stollenmundloch der Grube Silberhardt in Öttershagen und der benachbarte Hang werden die Kulisse für das Historienspiel "Ein gewisser paul von Bettenhagen" bilden. Foto: Christoph Buchen
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