„Und wenn sie nicht gerostet sind, dann leben sie noch heute“
Für ein besonderes Projekt taten sich Schüler der Berufsschule Betzdorf-Kirchen und der Martin-Luther-Grundschule Betzdorf zusammen. Sie schrieben und gestalteten ein Buch über Roboter auf Reisen. Die darin enthaltenen Geschichten sagen auch etwas über die Werte und Bedürfnisse der heutigen Kinder aus.
Betzdorf. Gruppenarbeiten gehören mittlerweile zum Alltag in der heutigen Grundschul-Welt. Aber an diesem Vormittag ist alles dann doch ein bisschen anders. Denn an den Tischgruppen im Mehrzweckraum der Martin-Luther-Schule sitzen eben nicht nur Kinder. Auch junge Erwachsene haben sich zu ihnen gesellt. Keine Praktikanten, wie man auf den ersten Blick erwarten würde, sondern Schüler eines Deutsch-Leistungskurses der Berufsbildenden Schule Betzdorf-Kirchen (BBS).
Seit Januar hatten die angehenden Abiturienten zusammen mit den Kindern der 3c hier regelmäßig an einem Projekt gearbeitet. Und heute wird das Ergebnis Schülern aus den Parallelklassen stolz vorgestellt. In elf Gruppen war ein 240 Seiten starkes Buch entstanden in Zusammenarbeit über Generationen hinweg. Jedes Team steuerte letztlich je eine abgeschlossene Geschichte hinzu. Das Thema lautete „Der kleine Roboter“.
Anfangs war mal angedacht gewesen, gemeinsam eine große Erzählung mit elf Kapiteln zu erstellen. Aber schnell habe sich herausgestellt, dass die Schüler viele verschiedene Perspektiven einbringen und deswegen einzelne Kurzgeschichten eher Sinn ergäben, erklärt Silke Groß, die Lehrerin des Deutsch-Leistungskurses. Sie hatte auch das Projekt initiiert und stieß bei der Klassenlehrerin der 3c, Christiane Goerke, auf offene Ohren.
Groß zieht ein positives Fazit: „Jetzt wollen alle Schriftsteller werden.“ So sieht die BBS-Lehrerin das Projekt auch als Teil der Schreiberziehung. Zudem hatten die „Kleinen“ und „Großen“ auch Gelegenheit, ganz konkrete Handlungsabläufe mit den Geschichten zu verbinden.
Tatsächlich waren die älteren und jüngeren Schüler nicht nur schriftstellerisch tätig. Sie bastelten außerdem noch bunte Roboter-Figuren und illustrierten das Buch mit selbst gemalten Bildern.
Der Arbeitsprozess sei laut Groß auf Augenhöhe zwischen den Leistungskurslern und den Grundschülern abgelaufen. Deutlich wird dies etwa in der Gruppe, die die Geschichte „Max auf Reisen“ schrieb. Die beiden BBS-Schüler Aaron und Sebastian halfen die Ideen der Grundschüler Metehan und Eva auf Papier zu bringen. Die Kleinen führten dabei mehr oder weniger Regie und gaben die Reisestationen und Erlebnisse des Roboters Max vor. Für Aaron und Sebastian hatte das Projekt unterm Strich auch einen ganz konkreten Nutzen – abseits vom Leistungskurs Deutsch. Sicher, manchmal hätten sie sich durchaus in Geduld üben müssen. Aber durch die Zusammenarbeit mit Metehan und Eva hätten sie eben auch den Umgang mit jüngeren Kindern gelernt.
Die Geschichte steht stellvertretend für die meisten anderen Kapitel – und sagt gleichzeitig viel aus über die Gefühlswelt und Bedürfnisse der Grundschüler. In „Max geht auf Reisen“ geht es zum Beispiel um einen Roboter, der auf dem Mars lebt. Aber Max fühlt sich einsam, trotz bester Aussicht auf die Galaxie. Deswegen begibt er sich auf eine Reise zur Erde, um dort Freunde zu finden. Und ohne zu viel zu verraten… Das Ende hält eine Lehre bereit, wie Sebastian und Aaron erklären: „Jeder hat einen Freund. Man muss nur danach suchen.“
Tatsächlich findet sich das Wort „Freund“ in all seinen Facetten rund 90 Mal in den elf Geschichten wieder. Freundschaft ist der eigentliche rote Faden, der sich durch die Erzählungen zieht. Dazu müssen die Roboter aber oft Hürden und Grenzen überwinden. Nicht selten ist die Suche nach einem Freund auch der Anlass, sich auf einen Reise zu begeben. In einer Geschichte bricht außerdem ein Roboter auf, um sich auf die Suche nach seiner Herkunft zu begeben. Ein bis dahin unbewusster Freund ermutigt ihn: „Du musst nur fest daran glauben, dann schaffst du es!“ Familie, Freunde und Veränderungsbereitschaft – man kann sich schlimmere Sinnbilder vorstellen für die Werte und Bedürfnisse der heutigen Kinder. Und dazu scheint auch die Sehnsucht nach einem Happy End zu gehören. Der letzte Satz einer Geschichte lautet beispielsweise:„Und wenn sie nicht gerostet sind, dann leben sie noch heute.“ (ddp)
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