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Nachricht vom 08.11.2015    

Bürgerinitiative Hellertal erhält regen Zuspruch

Wieder einmal regt sich im Städtchen Herdorf Widerstand, diesmal nicht gegen die ungeliebte Kommunalreform sondern gegen die befürchtete Verschandelung der Landschaft, eine Zerstörung der Natur durch Windkraftanlagen. Norbert Büdenhölzer, Torsten Kluw und Karl-Heinz Steinau vom Westerwaldverein haben daher die Gründung einer Bürgerinitiative Hellertal angestrengt. Bei einer ersten Informationsveranstaltung kamen 220 neue Mitglieder hinzu.

Dr. Julia Uwira, Dr. med. Joachim Ullrich, Dr. Ing. Detlef Ahlborn, Norbert Büdenhölzer, Torsten Kluw und Harry Neumann (Von links). Fotos: anna

Herdorf. Norbert Büdenhölzer begrüßte im vollen Knappensaal Bürgermeister Uwe Erner, sowie mehrere Stadtratsmitglieder, MdL Michael Wäschenbach und natürlich die Referenten des Abends. Dies waren Dr. Julia Uwira, Dipl. Physikerin und aktiv in der Regionalgruppe nördlicher Westerwald, Dr. Ing. Detlef Ahlborn, stellv. Vorsitzender der „Vernunftkraft“, Naturschützer Harry Neumann und Dr. med. Joachim Ullrich.

Als Mitglieder des Westerwaldvereines, so Büdenhölzer, setzten sie sich seit je her für die Pflege und Schutz der Natur ein. „Daher haben wir auch das Recht unseren Mund aufzumachen, um der Zerstörung der Natur Einhalt zu gewähren“. Der Naturschutz sei in die Hände von Technokraten gefallen. In Herdorf werde fleißig hinter den Kulissen gearbeitet und man habe auch schon Flächen für Windkraftanlagen gefunden. „Wissen die Beteiligten nicht, dass sie in diesem sensiblen Gebiet gegen Europäische Richtlinien verstoßen?“ An dieser Stelle erinnerte Büdenhölzer an das sehr seltene Haselhuhn, welches schon vor gut 30 Jahren den mehrspurigen Ausbau der L284 zwischen Herdorf und Daaden verhinderte und erklärte für die aktuelle Situation: „In der Angelegenheit können wir bis auf EU Ebene klagen“.

Hinsichtlich der Politik von Rot/Grün in Punkto Energiewende stellte Büdenhölzer die Frage: „Habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Naturschutz ist nicht verhandelbar!“ Verrat sei eine Kunst, die die Grünen meisterlich beherrschten. Er und seine Mitstreiter wollten im Vorfeld aufklären, damit der Wahnsinn noch gestoppt werden könne.

Dr. Julia Uwira informierte anschließend über mögliche Flächen geplanter Windkraftanlagen im nördlichen Westerwald und präsentierte mehrere Landkarten. Was aus den einzelnen Flächennutzungsplänen der Kommunen verwirklicht werde, sei aber noch nicht bekannt. Fest stehe aber dass in Kommunen, die keine gesonderten Flächen ausgewiesen hätten, WKAs überall errichtet werden könnten. Diese gälten dann als privilegierte Industrieanlagen und seien einzeln leichter durchsetzbar als in einem Flächennutzungsplan. Anschließend gab Kluw eine detaillierte Beschreibung der Pläne für Herdorf.

Demnach sollen sechs Windkraftanlagen errichtete werden, vier auf der Hachenburger Höhe und zwei auf dem Kahlen Berg, alle zwischen Herdorf und Biersdorf/Niederdreisbach. Geplant sind Anlagen von Vestas Typ 126 mit einer Leistung von 3,4 Mega Watt, einer Nabenhöhe von 137 Meter und einem Rotordurchmesser von 126 Metern, sowie einer Gesamthöhe von 200 Metern. Die hörbare Schallimmission direkt an der Anlage betrage 107 dB, der Lautstärke eines Rockkonzertes. Allein für eine Anlage müsste Wald in der Größe von zwei bis drei Fußballfeldern gerodet werden, die Fundamente ragten bis zu 30 Meter in die Tiefe, enthielten 3500 Tonnen Stahlbeton und eine WKA allein wiegt 7.000 Tonnen. Der Abstand zur Wohnbebauung betrage teils nur 900 Meter und alle sechs Anlagen sollten in einem Vogelschutzgebiet entstehen. Haselhuhn, Kolkrabe, Mäusebussard, Sperlingskauz und noch einige andere seltene Vogelarten wären davon betroffen.

Dr. Ing. Detlef Ahlborn ließ gleich kein gutes Haar an der gesamten Idee der Energiewende und erklärte diese für gescheitert. So mache der Anteil von Windkraftanlagen im Endenergieverbrauch Deutschlands gerade einmal zwei Prozent aus. Damit bewirke man für das Weltklima gar nichts. Windkraftanlagen seien zudem nicht verlässlich, sie erbrachten an nur 100 Tagen eine Leistung von 120 KW, also arbeiteten nur an 100 Tagen gewinnbringend. Bei über 60 Prozent des Referenzertrages verzinst sich das eingesetzte Kapital nicht. Zudem werden 25 Prozent des subventionierten EEG-Stroms ins Ausland geliefert und dass noch gegen „Entsorgungsgebühr“. Jede Nacht erfolge allein so eine Wertvernichtung von 30 Millionen Euro. Die WKAs seien eine gigantische Ressourcenverschwendung. Eine WKA entspreche dem Gesamtgewicht von acht ICE-Loks, es brauche aber allein fünf WKA um nur einen ICE anzutreiben. Ahlborn zitierte mehrmals Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der in verschiedenen Interviews selbst die Energiewende schon für gescheitert erklärt habe.



Naturschützer Harry Neumann stellte die Frage: „Werden Mensch und Natur Opfer einer falschen Energiepolitik“? Allein das Wort Windpark nennt Neumann eine Verharmlosung und Verdummung der Menschen. Mit einem Park verbinde er Ruhe, Erholung und Natur, ein Windpark sei genau das Gegenteil. Achtzig Prozent aller Menschen wollten keine Industrieanlage im Wald. Doch die Abhängigkeit vom Strom werde immer größer. Daher seien mittlerweile alle Dämme gebrochen, alles sei möglich, sei vereinbar, könne ausgeglichen und kompensiert werden. So laute es in der Politik. Neumann sprach gar von krimineller Energie, was da so an Genehmigungen und Fälschungen von Gutachten von statten gehe. Es sei ein neuer Sumpf entstanden.

„Die Grünen sind spätkapitalistische Wölfe in Tarnfarbe“, meinte Neumann. Diese Auswüchse der Zerstörung dürfe man nicht zulassen. Der Kommune Daaden warf Neumann vor, völlig versagt und keine Flächen ausgewiesen zu haben. Dort könne nun jeder bauen. Die gesamte Energiewende ob WKA, Photovoltaik auf Freiflächen, oder Bioenergie mit den Folgen riesiger Monokulturen, habe dramatische Auswirkungen auf die Natur. Die Verantwortlichen der Energiewende nennt Neumann die Totengräber des Naturschutzes. Die CDU schiene dies kapiert zu haben und die FDP lehne WKA grundsätzlich ab. Neumann forderte nach Weihnachten zu Montagsdemonstrationen auf, bis zum 13. März 2016 und dann sollten die Wähler der Rot/Grünen Regierung die rote Karte zeigen. „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“, sagte Neumann.

Dr. med. Ullrich referierte hinsichtlich der medizinischen Folgen von Windkraftanlagen für die Menschen. Er zitierte Robert Koch: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm genauso bekämpfen müssen wie Pest und Cholera“. Zu der Frage wie Infraschall sich auf den Menschen auswirke, darüber gebe es seitens der Behörden noch keine verlässlichen Studien. Aus medizinischer Sicht könne man aber sagen dass Infraschall Gesundheitsschäden bei Menschen hervorrufe. Infraschall ist nicht hörbar, befindet sich im Bereich von Null bis 20 kHz und seine Schallwellen sind 34 Meter lang. Diese Schallwellen lassen sich durch Mauern nicht stoppen. In diesem Jahr sei es erstmals bewiesen worden, dass Infraschall vom Gleichgewichtsorgan im Ohr wahrgenommen werden kann. Er erzeugt Schlafstörungen, Herzrhythmusstörungen und noch einiges mehr bis hin zu Angstzuständen und Depressionen.

Erst kürzlich habe der Deutsche Wetterdienst eine WKA abschalten lassen weil diese die Messinstrumente beeinflusst habe und das auf 10 Kilometer Entfernung. „Gehen sie auf die Gemeinderäte zu und sagen sie, dass sie die WKA nicht wollen“! Im Anschluss bekamen die Zuhörer im Saal Gelegenheit Fragen zu stellen. Bruno Köhler aus Dermbach meinte: Er habe nun drei Stunden Negatives gehört und komme sich vor wie bei der Atomkraftlobby, was wäre denn die Alternative? Gegen den Vorwurf der Atomkraftlobby wehrten sich natürlich alle, die Antwort nach der Alternative blieben aber auch alle schuldig.

Marion Pfeifer aus Betzdorf (Bündnis 90/Die Grünen) fragte: „Ist Fukushima noch nicht genug“? Dr. med. Ullrich: „Die zunehmende Industrialisierung macht die Menschen krankt“. Enttäuscht zeigte sich letztlich Büdenhölzer darüber, dass Bürgermeister Erner sich „verpieselt“ habe. Auch er hätte ruhig mal die drei Stunden den Argumenten der Referenten zuhören können. Büdenhölzer erwartet vom Rathauschef, dass dieser sich öffentlich erklärt, ob er an dem Vorhaben zur Errichtung der Windkraftanlagen festhält. Wie es nun weiter gehe mit der BI Hellertal, darüber könnten sich alle auf der entsprechenden Internetseite informieren, gab Büdenhölzer zum Abschied bekannt. (anna)


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