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Nachricht vom 03.02.2016    

Stegskopf: Verantwortliche reagieren auf Kritik

Starke Kritik an der Versorgung der Flüchtlinge in der Einrichtung auf dem Stegskopf hatte Dr. Josef Brendebach öffentlich geübt. Die Verantwortlichen sahen sich nun kurzfristig in der Pflicht, Pressevertretern Rede und Antwort zu stehen und die Vorwürfe des mittlerweile zurückgetretenen ehrenamtlichen Leiters des Ärzteteams zu entkräften.

Auf dem Weg zur Kantine der Flüchtlingseinrichtung auf dem Stegskopf. Fotos: Daniel Pirker

Emmerzhausen. Die Vorwürfe wogen schwer: zu wenig, teils verschimmelte und nahezu abgelaufene Lebensmittel, keine Schonkost für darauf angewiesene Patienten, die Verweigerung von empfängnisverhütenden Mitteln oder ein nicht nachvollziehbarer bürokratischer Aufwand bei der Medikamentenverschreibung. Die aus seiner Sicht immensen Mängel bei der Versorgung der Flüchtlinge hatten Dr. Josef Brendebach dazu gebracht, seinen Dienst als Arzt in der Einrichtung auf dem Stegskopf einzustellen. Gestern hat der bisherige ehrenamtliche Leiter des Ärzteteams gekündigt. Das war eine Botschaft einer Pressekonferenz, die jetzt in der Einrichtung stattfand.

Umfangreich nahm man auch Stellung zu den Vorwürfen: So stellte der Flüchtlings-Koordinator in Rheinland-Pfalz, Detlef Placzek, klar: Es werde keinen Ärztestreik geben. Dieser sei auch nie geplant gewesen. Es handele sich allenfalls um den „Streik eines Einzelnen“. Placzek betonte: „Die Ärzteschaft am Stegskopf steht nach wie vor dazu, ihre Arbeit hier zu leisten.“ In Gesprächen mit Ärzten seien viele Kritikpunkte entkräftet worden. Der Flüchtlings-Koordinator nahm auch Stellung zu dem Umfang der Essensportionen. So sei mit dem Caterer vertraglich festgelegt, dass pro Flüchtling täglich 2200 Kalorien an Lebensmittel ausgegeben werden müssen. Hier handelt es sich um eine Durchschnittszahl. Das heißt, dass Kinder weniger bekommen, während Erwachsene mit bis zu 3000 Kalorien rechnen dürfen.

Die seit kurzem nicht mehr abgepackten, sondern vor Ort selbst zu bereiteten Essensportionen seien laut Placzek ausreichend. Einen hohen Stellenwert hatte auf der Pressekonferenz in diesem Zusammenhang die Art des Brotes, das den jeweiligen Mahlzeiten stets beiliegt. Entgegen deutscher Gewohnheiten handelt es sich dabei um Weißbrot. Der erhöhte Verzehr von eben diesem, so mutmaßt, Placzek könnte auch zu den Verstopfungsfällen geführt haben, die ebenso angeprangert wurden.

Der Catering-Dienstleister Klüh, der offenbar 13 weitere Flüchtlingsunterkünfte versorgt, passe sich grundsätzlich den Wünschen der Flüchtlingen an. Zudem gebe es seit kurzem einen Flüchtlingsrat, der auch den Essenversorger berät. Eine Erkenntnis: Kartoffeln stehen ganz weit unten auf der Wunschliste. Alexander Düring von der Catering-Firma wies Vorwürfe weit von sich: „Verschimmelte Lebensmittel werden auf keinen Fall von uns verwendet oder ausgegeben.“ Bei entsprechenden Anzeichen würden die Mitarbeiter das Essen sofort vernichten. Außerdem wies Düring darauf hin, dass die Essenversorgung wöchentlich vom Gesundheitsamt geprüft werde. Hierbei hätte es noch nie Beanstandungen gegeben. Die letzten beiden Protokolle hätten sogar ein außerordentlich gutes Zeugnis ausgestellt – ganz nach dem Motto: „Besser kann es gar nicht gehen.“

Aber was ist mit den öffentlich gemachten Fällen von Flüchtlingen, die aufgrund von Krankheit auf eine besondere Essensversorgung angewiesen sind? Auch diesbezüglich bemühte sich Placzek entsprechende Vorwürfe zu entkräften. So lebten auf dem Stegskopf zwei Flüchtlinge, die auf Schonkost angewiesen seien, darunter ein an Diabetes erkranktes Kind. In diesen Fällen stelle die Krankenstation einen sogenannten „Laufzettel“ aus, der dem Küchenpersonal vorgezeigt werde. Bei einer Person sei es laut dem Flüchtlingskoordinator „vielleicht einmal“ vorgekommen, dass auf die Vorgaben nicht Rücksicht genommen worden sei.



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Stellung nahmen die Verantwortlichen außerdem zu den Vorwürfen hinsichtlich der Empfängnisverhütung und eines Schwangerschaftsabbruchs: Letzterer sei genauso gelaufen „wie draußen“, so Placzek. Die junge Frau wurde von der Caritas beraten, daraufhin wurde in einer Praxis abgetrieben. Stellt sich die Frage, wie solche Fälle zukünftig vermieden werden können. Zumindest seit einigen Wochen gebe es eine kostenlose Verteilung von Kondomen (als Sachleistung) über die Krankenstation. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handele. „Die Pille“ werde hingegen nicht kostenfrei zu Zwecken der Empfängnisverhütung ausgegeben – „genauso wie draußen“, betonte Placzek. Frauen müssen in diesem Fall also zahlen. Anders verhält es sich, wenn „die Pille“ aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dann wird sie kostenlos ausgegeben. Auch grundsätzlich erläuterte der Flüchtlingskoordinator Regelungen zur Medikamentenvergabe. So sehe eine neue Vereinbarung mit der Aufsichtsrats- und Dienstdirektion (ADD) vor, dass Arzneimittel, die täglich gebraucht werden, auch in der Aufnahmeeinrichtung vorrätig sind. Bei Medikamenten, bei denen dies nicht der Fall ist (beispielsweise Beta-Blocker) läuft die Besorgung über Rezept aus einem Krankenhaus.
Placzek informierte desweiteren darüber, dass die Krankenstation demnächst bis 22 Uhr geöffnet sein werde unter der Woche. Dies sei bereits seit längerem geplant. Dann, so hofft er, würden Leistungen von außen, also etwa Krankenwagen, weniger in Anspruch genommen werden.
Ise Thomas, die Leiterin der Projektgruppe Flüchtlingsaufnahme im Integrationsministerium, verwies in diesem Zusammenhang auf die 24 Ärzte, die sich um die Flüchtlinge auf dem Stegskopf kümmerten. Darunter befänden sich auch Kinderärzte, bald zudem ein Gynäkologe. Die medizinische Versorgung sei grundsätzlich über das DRK sichergestellt, die Zusammenarbeit gut.
Interessant waren Aussagen eines in der Einrichtung tätigen Arztes, der der Pressekonferenz beiwohnte: Dr. Klaus Kohlhas, der Obmann der Kreisärzteschaft Altenkirchen. Der Mediziner sprach hinsichtlich der Kritikpunkte von Dr. Brendebach von „unterschiedlichen Standpunkten“ und, dass sein Kollege „weitgehend alleine mit seiner Meinung“ war. Während der Pressekonferenz wurde auch ein Protokoll über ein Treffen der Ärzte auf dem Stegskopf debattiert.

Flüchtlingskoordinator Placzek konnte hierzu keine Auskunft dazu geben, weil er das Schriftstück nicht kenne. Dafür betonte Dr. Kohlhas , dass er sofort Einspruch einlegte, nachdem er die Niederschrift über die Zusammenkunft von letzten Freitag gestern einsehen hatte können. Gleichwohl lobte der anwesende Kollege die immense Aufbauarbeit, die Dr. Brendebach für die Einrichtung leistete. Auch Placzek hob das Engagement des nun ehemaligen ehrenamtlichen Leiters des Ärzteteams hervor. (ddp)



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